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Montag, 23. Januar 2017

Begegnung



Als politisch interessierter Mensch war ich heut schon um 5 vor 8 am Bezirksamt für den 3. Bezirk. Von heute bis 30. Jänner läuft die Eintragungsfrist für das Anti-TTIP und Anti-CETA-Volksbegehren! Gleich vorweg: Im Bezirksmuseum entfällt morgen, Dienstag, dem 24.1., wegen technischer Probleme der literarische Jour fixe, was mir aber nix ausmacht, weil ich ohnehin nicht dabei gewesen wäre.
Ich ging also mit gezücktem Führerschein zu Tür E09, die bereits offenstand. „Darf man schon rein?“
 „Nein, der Computer ist noch nicht bereit!“ sagte eine von 2 weiblichen Beamten, zu denen sich noch 2 männliche dazu gesellten. Also wartete ich. Eine ältere Dame wollte gleich rein, aber ich klärte sie über die Noch-nicht-Bereitschaft des Blechkameraden auf.
„Wichtig ist, dass viele unterschreiben kommen.“ meinte sie.
„Ja, aber die meisten sind ja stinkfaul!“ erwiderte ich abgeklärt und fühlte mich wiedermal wie Sisyphos. Oder Don Quichotte ohne Rosinante.
„Damit die nicht glauben, sie können alles mit uns machen!“ setzte sie nach.
„Ja, das ist die einzige Möglichkeit, denen da oben in die Suppe zu spucken!“ grinste ich teuflisch.
Ein Herr kam, schaute kurz pikiert, weil er offensichtlich nicht warten wollte und ging bei Tür E08 rein. Ich sah auf die Uhr, die bereits 2 nach 8 zeigte, und ging rein. Eine der Beamtinnen meinte: „Versuchen wir’s einfach!“ und nahm den Computer in Betrieb, beobachtet von ihren 3 Kollegen. Erst checkte sie meinen Ausweis, dann diskutierte sie noch kurz, welche Nummer der Kollege mit der orangen Liste aufschreiben sollte – ich war die Nummer eins, beim EU-Austritts-VB war ich die Nummer 5, soweit ich mich erinnerte – und er schrieb die mehrstellige Nummer hin, die von der Kollegin im Computer bei meinem Namen gefunden wurde. Nach dem ich mich auf der Liste verewigt hatte, ging ich raus, wo schon die nächste Mutige zum schriftlichen Aufbegehren bereitstand. Bevor ich zum Ausgang kam, erspähte ich noch die silberne Metalltafel mit den Namen der Ehrenbürger des 3. Bezirks: Joe Zawinul war dabei, ebenso Prof. Karl Hodina, Grete Laska- da riss mich eine vertraute Stimme aus der Betrachtung.
„Servas! Du lebst a no?“ fragte einer, der mir bekannt vorkam, salopp.
„Jaja, des Sterben is mir zu teuer, bei den irren Begräbniskosten!“  antwortete ich spontan und fragte mich insgeheim: wer is das? Fragen wollte ich nicht, man will schließlich nicht als Alzheimer-Kandidat dastehen, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, er müsste einer meiner zahlreichen Kommilitonen sein.
„Immer no so lustig wie früher!“ stellte er fest (war im Edelzwirn).
„Reiner Galgenhumor. Arbeitest du hier?“ erkundigte ich mich.
„NA!“ wehrte er fast beleidigt ab. „Und was machst du hier?
„Unterschreiben gegen TTIP!“
„Du schreibst doch Science-Fiction, und da bist du gegen den Fortschritt?“ fragte er ungläubig.
„DAS IST KEIN FORTSCHRITT! DIESE KONZERNKREATUREN WOLLEN UNS DEN GEN-SCHEISS-“
„Schrei nicht mit mir!“ unterbrach er mich beleidigt.
„Tschuldigen!“ würgte ich kleinlaut hervor. „Woher weißt du, dass ich Sci-Fi schreib, hast du ein Buch von mir gelesen, vielleicht TERRORMOND TITAN?“ wollte ich neugierig wissen.
„NA, sowas les i net, i hab dich gegoogelt!“ gestand er ehrlich und blickte in Richtung der Stufen hinter mir. „Tja, i muss weiter, alles Gute!“
Weg war er, ließ mich zurück im unguten Gefühl, dass ich die Möglichkeit der Wieder-Kontaktaufnahme mit einem alten vielleicht nützlichen Bekannten versemmelt hatte…

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