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Samstag, 30. März 2019

Hans-Peters Vortrag

Wieder mal Monatsende-SF-Treffen im Gasthaus Möslinger, wo ich gestern eine Waldviertler Palatschinke verspeisen und mit gebildeten Menschen Dialog führen kann. Der gute Franz Rottensteiner erklärt mir z.B., dass früher Buch-Übersetzer nur einen kleinen Pauschalbetrag für ihre Dienste erwarten konnten - typisch, denke ich, die großkotzigen Verleger wollten den Löwenanteil selber einstreifen und die armen Übersetzer mussten noch froh sein, dass sie für die Ehre im Buch genannt zu werden, nicht noch draufzahlen durften. Dann liest uns Helmuth W. Mommers noch zur Einstimmung auf den kommenden Vortrag eine seiner pfiffigen Kurzgeschichten vor, die von einem Universal Soldier handelte, der mehrere Körper zur Verfügung hat - immer, wenn ihm ein feindliches Geschoß das Lebenslicht ausbläst, erwacht er im neuen Körper zum nächsten Kampfeinsatz allzeit bereit. Und dann ist es soweit: Hans-Peter Kögler packt aus seinem reichen literarischen Erfahrungsschatz seine Erinnerung an den (mir völlig unbekannt gewesenen) deutschen SF-Autor Karl-Herbert Scheer (Angehöriger der Kriegsmarine) vulgo Handgranaten-Herbert (wegen seines cholerischen Temperamentes) aus (lt. Wikipedia *1928 Harheim, +1991 Bad Homburg). Scheer begann seine Karriere, indem er Leihbücher - das sind schmale Bücher (62 Seiten), die nach dem Krieg vom eigenen Verlag produziert wurden und für geringe Pfennig- oder Schillingbeträge im Verleih erhältlich waren und später - als sich in den 1970er-Jahren die Leute ihre Taschenbücher endlich selbst leisten konnten - als Ramsch galten. 1951 schaffte er seinen ersten Coup als Schriftsteller mit einer Fortsetzungs-Story in einer Wochenzeitschrift. 16 Folgen lang schrieb er über 'Piraten zur Erde und Mars', welche im 'grünen Blatt' dann umgekehrt hießen 'Piraten zum Mars und Erde'.1948 erschien sein erster SF-Roman STERN A FUNKT HILFE - Es folgten 1952/53 12 Romane sowie auch Joe-Brand- Krimis (BRAND GREIFT EIN) und unter einem Pseudonym eine Piraten-Roman-Serie, welche eine wüste Geschichte in 14 Büchern beschreibt (er hatte auch die Gewohnheit, seine Stories oder gewisse Teile davon immer wieder neu zu verwursten). Leider überwarf er sich mit dem Verlagschef, der ihm fixe Abgabezeiten (Deadlines) vorschrieb - er wurde säumig und nach einem Krach verabschiedet. Nach seinem Ausscheiden saß er auf der Straße, ehe er 1955 beim PFRIEM-Verlag eine neue Heimat fand. Dort veröffentlichte er unter dem Pseudonym Klaus Tannert in Ich-Erzählung 12 Bände einer Abenteurer-Geschichte, die oft einen großen Helden und einen Giftzwerg als Antagonisten aufwies, im Pabel-Verlag u.a. Unternehmen Diskus (1978) und im Iltis-Verlag unter dem russisch klingendem Namen Alexey Turbojew 1960 u.a. WELT OHNE ENDE sowie im Ballover-Verlag 26 SF-Romane. Er galt als ungemein produktiv (1950 - 1970 entstand eine beachtliche Anzahl von Romanen), aber auch aufbrausend, was ihm auch den Spitznamen Kanonen-Herbert einbrachte. Eine zweite Piratenroman-Serie HERR DER MEERE bestehend aus 9 Büchern u.a. DER SKLAVE DES KÖNIGS und die bekannten Roger Kersten-Abenteuerromane u.a. KALIBER 38 UND ICH. Dann gelang ihm 1961 mit Perry Rhodan - einem SF-Zyklus, den er zusammen mit Walter Ernsting entwarf - ein Geniestreich. Das Konzept: ein Chefredakteur liefert ein Exposé, welches diverse Autoren ausführen! Es wurde ein Erfolg, welcher bis heute anhält und schon bei Band 3000 angekommen ist! 1. Band: UNTERNEHMEN STARDUST - Ja, der unsterbliche, wagemutige Handgranaten-Herbert kann Rettung bringen, hieß es damals. Der Perry-Rhodan-Film SOS IM WELTALL floppte allerdings und wurde kürzlich auf Tele 5 unter den SCHLEFAZ (schlechtesten Filmen aller Zeiten) gezeigt - ein Machwerk zum Kopfschütteln. Nun ja, man kann eben nicht alles haben. Alles in allem ein vergnüglicher interessanter Abend mit Einblick in eine andre Epoche von SF-Literatur und deren Ablegern, apropos Literatur, an der Stelle noch der obligate Hinweis auf meine Bücher, liebe Freunde!

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