Zu Allerheiligen taucht immer wieder die Frage nach einem Leben nach dem Tod auf, die für viele untrennbar mit der Existenz Gottes verbunden ist. Glauben ist reine Privatsache, aber manche machen daraus kein Hehl. So kenne ich einen Atheisten, er gehört dem Berufsstand der Ärzte an, welcher immer, wenn er einen Laib Brot aufschneidet, zuerst mit der Messerspitze 3 Kreuze drauf zeichnet. Ein altes Ritual, das Dank an Gott für seine Gabe bedeutet. Also sprach ich ihn bei einem Besuch mal drauf an: „Du machst 3 Kreuze, obwohl du nicht an Gott glaubst? Ist das nicht ein bisschen unlogisch?“
„Reine Gewohnheit!“ redete er sich raus. „Meine Großmutter tat es und ich tu’s im Gedenken an sie.“
Hätte mich auch gewundert, wenn einer, der beim Sezieren keine Seele gefunden hat und sicher für sein Brot immer brav bezahlt, einen kleinen Glaubensbeweis zugegeben hätte. Einmal hatte er zum Thema bemerkt (Nein, nicht den alten Satz: weißt du, was beim Glauben das Höchste ist?): Ich glaube, dass 1 Kilo Leberkäse satt macht, sonst nichts! - Doch ich ließ nicht locker: „Meine Oma war auch eine gläubige Frau und sie hat mal an Marias Jungfräulichkeit gezweifelt, aber nie an Jesus‘ Auferstehung vom Tod. Findest du das nicht merkwürdig, dass jemand von zwei unglaublichen Ereignissen, jenes glaubt, das viel unmöglicher als das andere scheint?“
Wir aßen das von ihm zubereitete Wurstbrot und er schien auch geistig an der Frage zu kauen. „Nein!“ sagte er schließlich. „Denn irrationale Menschen lösen Probleme selten auf rationale Art.“
„Aber sind wir nicht alle hin und wieder irrational? Spielst du Lotto?“
Grinsend gab er zu, an die Chance eines Haupt-Gewinns zu glauben, der bei circa 1:8 Millionen lag. Das wäre so, als hätte er in der U-Bahn einer 8Millionen-Stadt seinen Schirm vergessen und würde dann blindlings eine Nummer aus dem Telefonbuch wählen, und den, der abhebt, fragen: „Tschuldigung, haben Sie vielleicht meinen Schirm gefunden?“
„Trotzdem glaube ich eher an einen Lotto-Gewinn als an Gott, der uns nach dem Tod in Gut und Böse aufteilt.“
„Wer weiß, vielleicht schickt er uns ja so oft auf diese Erde, bis er uns das Böse gründlich ausgetrieben hat. Aber du als Arzt ärgerst dich natürlich, wenn dir einer unter den Händen wegstirbt. Es wäre auch für dich ein Trost, wenn du glauben könntest, er käme ins Paradies. Denk an das weiße Licht, von dem Nah-Tod-Patienten erzählen.“
Wieder überlegte er und berichtete: „Das Licht sahen auch Testpiloten in der Human-Zentrifuge, die kurz ohnmächtig waren. Es scheint so eine Art Sterbehilfe-Programm zu sein.“
„Möglich.“ lenkte ich ein. „Trotzdem kein Beweis, dass Gott nicht existiert. Vielleicht hat er ja das Programm erfunden! Du musst es nicht zugeben, wenn du insgeheim an eine höhere Macht glaubst. Niels Bohr tat es auch nicht!“
„Niels Bohr, der Physik-Nobelpreisträger?“ fragte er interessiert.
„Genau! Einmal fragte ihn ein Besucher, der über seinem Arbeitszimmer ein Hufeisen hängen sah: Aber Herr Professor, Sie werden doch nicht an diesen Humbug glauben? Und Niels Bohr antwortete: Natürlich nicht! Aber ich habe gehört, dass es auch wirkt, wenn man nicht daran glaubt!“
Herzliches Lachen beim ungläubigen Thomas-äh-Arzt! Und ich glaube nun: er wird seine Meinung zum Glauben doch noch ein wenig revidieren!
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