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Sonntag, 1. Juli 2018

zickig

An und für sich krieg ich ja gern Besuch, auch unerwarteten, nur gestern, um 19.45 wollte ich das Fußballspiel in Ruhe gucken, tauchte eine alte Bekannte auf: "Grüß dich, lange nicht gesehen, mein Fernseher ist kaputt, kann ich mir das Spiel bei dir ansehen?"
"Ja-äh, sicher!", willigte ich überrascht ein und nahm erfreut eine Flasche Sekt als Mitbringsel entgegen. "Soll ich zur Feier der Wiedersehensfreude gleich die Flasche köpfen?"
"Hast du nicht eine Flasche Rotwein von deinem Onkel zu Weihnachten bekommen?", flötete sie und erkundigte sich gleich: "Muss ich meine neuen Schuhe ausziehen?"
 Neugierig spähte ich auf ihre Sandalen und verneinte: "Die haben sicher ein Vermögen gekostet."
"Nur 49,90!"
"Bei Deichmann hättest sie billiger bekommen." Aber sie kaufte ja immer in exklusiven Geschäften in der Innenstadt, die feine Dame, auch Rauleder-Überkniestiefel um 699 €, die ich um einen Pappenstiel in einem Außenbezirk gesehen hatte, fiel mir hämisch ein, als ich sie ins Kabinett vor das TV-Gerät führte. "Bitte, nimm Platz, meine Liebe!"
"Du hast noch immer den alten Röhrenfernseher?", fragte sie perplex.
"Ja, stell dir vor! Und der funktioniert sogar immer noch, im Gegensatz zu modernen teuren Flat-TVs!", konnte ich mir einen Seitenhieb nicht verkneifen.
Während ich also den Rotwein in Gläser goss, fläzte sie sich auf meine Couch und ich forschte: "Soll ich dir noch ein Wurstbrot machen oder bist du auf Diät?"
"Nein, ein Brot ist okay, der Meine ist beim Public Viewing, aber die brüllen dort immer so herum."
"Ja, richtig unzivilisiert!", stimmte ich zu, schnitt vom Brot, welches ich um 50 % billiger beim Spar erstanden hatte, die Rinde ab und schlichtete 5 Deka Extra und ein Essiggurkerl drauf.
"Sie singen schon die Nationalhymnen", berichtete sie mir in die Küche hinaus.
"Jaja, bei der vorigen WM hat der ORF den Text untertitelt, da trieft das Blut nur so raus. Ungefähr so: Lass uns zu den Waffen greifen und die Feinde abschlachten und ähnliche Kampflieder."
"War das nicht das ZDF?"
"Auch möglich!", murmelte ich und servierte ihr den Teller mit dem Brot und ein volles Glas. "Ich hab einen Fuffi auf die Portugiesen gewettet."
"Ob das nicht ein Fehler war!" Es war mehr eine Feststellung als eine Frage. "Der Ronaldo ist gar so eingebildet und die Urus sind sehr gut!"
Genervt setzte ich mich neben sie und zischte: "Ja, drum hab ich auf Portugal gesetzt, weil mir die Urus sympathisch sind und meistens die mir Sympathischen verlieren."
Was soll ich noch lang erzählen, als das erste Tor für die Urus fiel, brüllte ich entsetzt: "RAAHH!"
Worauf sie erschrak und mich kritisierte: "Brüllst du immer so fanatisch?"
"Nur wenn mir mein Geld zwischen den Fingern durchflutscht!"
"Ich hab dir gleich gesagt, die Urus sind sehr gut", zickte sie herum.
"Und ich hab dir gleich gesagt, dass sonst immer die Sympathischen verlieren. Aber scheinbar war mein Wetteinsatz jetzt spielentscheidend!"
Als Portugal den Ausgleich schaffte, entkam mir wieder ein Schrei, diesmal vor Freude, wieder traf mich ihr kritischer Blick, wobei sie sich gleichzeitig mit einem Finger in das mir nähere Ohr fuhr, so als könnte sie es nachträglich vor einem Hörsturz bewahren. Und als die Urus das Führungstor erzielten, hielt sie sich blitzschnell beide Ohren zu und ich brüllte wieder in nie gekanntem Schmerz.
Aber als der Ronaldo den hinkenden Torschützen noch stützend vom Spielfeld geleitete, nickten wir in seltener Einigkeit und ich sprach es aus: "Das ist eine faire Geste!"
Es blieb also beim 2:1 für die andern und ich trauerte meinem Geld nach, worauf sie unnötigerweise bemerkte: "Jetzt ärgerst du dich sicher, gell?"
"Großhirn an alle: Fertigmachen zum ÄRGERN!", äffte ich einen alten OTTO-Sketch nach. "Klar ärger ich mich, aber es gibt Leute, die sich um das gute Geld miese Galoschen kaufen und damit durch anderer Leute Wohnung trampeln!"
Kurzum, sie ging dann und ich war froh kein Auto zu besitzen, sonst hätte ich noch ihr Taxi spielen können. Nach ihrem Abgang beschloss ich, morgen - also heute auf Kroatien zu wetten. Es sieht nicht gut aus, denn beinah wäre ich am Heimweg überfahren worden, als ich ausnahmsweise eh bei GRÜN den Zebrastreifen überquerte. Der Fiaker mit den Pferden blieb noch stehen, nur der weiße Taxler wollte bei ROT drüberpreschen, worauf der Fiaker brüllte: "ROT IS!" Und nach einigen Minuten dann: "SO, JETZ KEMMA FAHREN!" - Freunde, wettet nicht, kauft lieber meine Bücher!

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