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Mittwoch, 14. November 2012

Persiflage auf DERRICK

Untertitel: Der Wagen ist weg

„Harry, hol schon mal den Wagen!“ fordert Unterinspektor Dreck seinen Assistenten Groß auf.
„Tut mir leid, Stephan, der ist beim Service. Aber unser nächster Fall spielt sowieso gleich um die Ecke zum Präsidium. Der Hausmeister liegt erschossen im Hausflur. Eine besorgte Mieterin hat vor einer halben Stunde angerufen.“
„Sonst noch ein Fall für uns? Ich meine, wir können nicht immer nur mit einem lumpigen Fall beschäftigt sein, wenn die Konkurrenz pro Folge drei löst.“ meint Dreck und lässt seine Tränensäcke kurz noch tiefer hängen.
„Jetzt, wo du es erwähnst…Vor einer ganzen Stunde hat die Sekretärin eines Großindustriellen angerufen und ihren Chef ebenfalls als erschossen gemeldet.“
„Na also, “ freut sich Dreck. „der Fall hat eindeutig Priorität. Ruf mir ein Taxi!“
Mit dem Taxi, dessen Fahrer schon ein Autogramm vom Unterinspektor bekommen hat, geht es im gesetzten Tempo zum Bürogebäude, wo der schon länger Tote noch immer malerisch herumliegt.
Die Sekretärin schnieft in ein weißes Taschentuch und schluchzt:“Ach, Herr Geisenpichler war eine Seele von einem Menschen und hatte praktisch keine Feinde, bis auf diejenigen, die er berufsmäßig ruiniert hatte.“
Groß zückt sein Notizbuch: „Wir brauchen eine Liste. Nennen Sie mir mal den Hauptverdächtigen.“
„Tja, das muss wohl Herr Lubenschmier gewesen sein, denn der hatte das meiste an Geld durch meinen toten Chef verloren. Er wohnt in der Blumengasse 6.“
Mit dem Taxi geht es weiter in die besagte Gasse, wo der Verdächtige eben das Haus verlässt und den Kragen hochschlägt. Sein Gesicht verrät Schuldbewusstsein.
„Da kommen wir ja gerade richtig, Stephan!“
Dreck steigt langsam aus und winkt den Verdächtigen zu sich.“Herr Lubenschmier, kommen Sie mal!“
Der Angesprochene stutzt:“Woher wissen Sie, wie ich heiße?“
„Nun machen Sie kein Aufsehen, wir sind schließlich schon länger Polizisten.“ erklärt ihm Harry Groß großkotzig.
Dreck ergreift theatralisch das Wort: „Ihr Konkurrent, Herr Geisenpichler ist erschossen worden.“
„Was? Erschossen sagen Sie?“
„Ja, erschossen.“
„Hm, wie tragisch. Und wer hat ihn erschossen?“
„Wir wissen noch nicht, wer ihn erschossen hat.“ mischt sich Harry kurz ein.
„Wir dachten, SIE könnten uns vielleicht sagen, wer ihn erschossen hat.“ Mit einer ebenfalls theatralischen Geste streift Dreck den Verdächtigen kurz am Ärmel. „Sie waren schließlich sein größtes Geschäfts-Opfer.“
„Was? Ich?“ tut der verdächtige Lubenschmier verwundert. „Und deshalb nehmen Sie an, ich hätte ihn gleich erschossen?“
„Ja, das tun wir.“ merkt Harry an. „Sie gingen wohl in sein Büro und haben ohne Vorwarnung auf ihn geschossen.“
„Bedaure, aber ich weiß gar nicht, wo Geisenpichler sein Büro hatte, denn ich wickle alle Geschäfte per Telefon und Internet ab.“
„Das nenne ich ein gutes Alibi. Dann können Sie ihn natürlich nicht erschossen haben, wenn Sie nicht mal wissen, wo sich der Tatort befindet.“ kombiniert Dreck. „Sie können weiter Ihres Weges gehen.“ erlaubt Gross.
„Dann muss es wohl wieder mal einer aus der Familie gewesen sein, Harry. Die meisten Opfer wurden von eigenen Angehörigen und Geliebten ermordet.“ weiß Dreck.
Bei der Gattin des Toten in einer hochherrschaftlichen Villa angekommen, gibt es wieder das gleiche verbale Ping Pong Spiel, dass er erschossen worden sei und dass man noch nicht wisse, wer ihn erschossen habe. Dann tut die Witwe so, als würde sie angestrengt nachdenken und verkündet: „Es muss jemand gewesen sein, den er kannte.“
"Da sind Sie ganz allein darauf gekommen?" wundert sich Gross.
„Wie kommen Sie auf diese Idee, gnädige Frau?“ fragt Dreck auch verwundert.
„Weil es keinen Sinn macht, einen Unbekannten einfach zu erschießen.“ folgert die feine Dame und zündet sich eine Zigarette an.
„Wohnt noch jemand bei Ihnen im Haus?“ erkundigt sich Dreck und sieht kurz im weiträumigen Salon herum, wo überall teure Skulpturen stehen.
„Ja, unsre Putzfrau, Frau Solinghammer, die etwas pingelig ist. Mein Mann war ein rechter Schmutzfink und sie beschwerte sich manchmal über ihn.“
„Das nennen wir ein Motiv!“ erkennt Harry erfreut.
„So etwas kann auch nur einem Polizisten auffallen!“ Ausatmend bläst sie dekorative Rauchringe in die Luft.
„Hat sie nicht gründlich genug geputzt?“ hakt Harry nach.
„Doch. Sie musste auch das Büro blitzsauber machen.“ ergänzt die Witwe leise.
„Hast du gehört, Stephan?“
„Ich bin zwar schon lang pensionsreif, aber ich kann noch gut hören! Nur zum Sehen brauch ich eine Brille.“
Frau Solinghammer erscheint und macht schon ein sehr schuldbewusstes Gesicht. In ihren Händen knüllt sie ein Taschentuch undefinierbarer Farbe und druckst herum. „Der arme Herr Geisenpichler, wir hatten zwar einige Differenzen, aber sonst kam ich mit ihm sehr gut aus.“
„Nun lügen Sie uns nicht so frech an, die Schuld steht Ihnen doch schon ins mit Krokodilstränen verweinte Gesicht geschrieben. Uns können Sie nichts vormachen.“ herrscht sie Harry an.
Automatisch fährt sie sich daraufhin mit dem Taschentuch über die Stirn, so als würde sie ein unsichtbares Kainsmal abwischen wollen. „Wie können Sie das nur behaupten? Mit was für Menschen habe ich es denn hier zu tun?“
„Mit der Polizei!“ klärt sie die Witwe ruhig auf.
„Deshalb brauchen die mich nicht gleich wie eine Kriminelle behandeln.“
„Aber das tun wir doch gar nicht!“ beruhigt sie Dreck.
„Doch das tun Sie wohl!“ keift sie ungehalten.
Die Witwe legt den Kopf schief. „Das tun Polizisten meistens!“
„Aber wie können die nur wissen, dass ich schuld am Tod vom Chef bin?“
„Weil wir schon mehrere Fälle dieser Art aufgeklärt hatten.“ bestätigt Dreck.
„Wie sollte ich ihn ohne Waffe erschossen haben?“ fragt sie weinerlich.
„Aha, woher wissen Sie denn, dass er erschossen wurde?“ fragt Groß.
„Sie haben es doch schon mindestens 12mal gesagt.“ verteidigt sie sich. „Achtmal hab ich es durch die Tür gehört, als Sie es Frau Geisenpichler mitteilten, und die restlichen Viermal haben Sie es mir eingetrichtert.“
„Das stimmt.“ stellt Dreck fest. „Haben Sie gewusst, dass Herr Geisenpichler eine Waffe in der Schublade seines Büro-Schreibtisches hatte?“
„Natürlich. Das wusste doch jeder, der ihn kannte.“ erzählt die Putzfrau.“Und ich musste die Pistole in periodischen Abständen auseinandernehmen und putzen. Manchmal sogar mit verbundenen Augen. Der Mensch hatte eine richtige Freude, mich zu quälen!“
„Sie sind sich schon darüber klar, dass Sie sich eben selber schwer belastet haben?“ vergewissert sich Harry.
„Mir missfällt Ihr Ton, junger Mann!“ kreischt die Gepeinigte schluchzend.
„Ach, so jung ist mein eifriger Kollege gar nicht!“
Harry sieht Dreck kurz kritisch an, fragt dann die Verdächtige:„Soll ich Ihnen Ihre Rechte vorlesen?“
„Das wird nicht nötig sein, Harry!“ glaubt Dreck und tritt an die weinende Putzfrau heran. „Sie wollen sich doch sicher von der schweren Schuld, die Sie im Affekt auf sich geladen haben, befreien?“
Weinend nickt die Putzfrau und sprudelt hervor: "Dieser Mensch war ein Dreckschwein! Immer hat er Zigarren-Asche auf den teuren Teppich fallen lassen und dann noch eingetreten. Wissen Sie, wie schwierig es ist, einen echten Perserteppich zu waschen? Nein, davon haben Sie keine Ahnung. Ich hasse alle Raucher!!! Wenn man diese Luftverpester doch nur zum Abschuss freigeben-“
„Ist ja schon gut, Frau Solinghammer!“ beruhigt sie Dreck und zwinkert Harry zu. „Harry, holst du mal den Wagen? Wir können Frau Solinghammer in der Verfassung unmöglich im Taxi fahren lassen.“
„Gut, es wird aber eine Weile dauern, bis ich den Wagen vom Service hierher gebracht habe.“ gibt Groß zu bedenken.
„Wir haben Zeit.“ stellt Dreck fest und setzt sich auf einen roten Plüsch-Fauteuil. „Und irgendwie müssen wir ja die restliche Sendezeit ausfüllen.“
Frau Solinghammer giftet inzwischen weiter: „Wissen Sie, was lustig wäre? Wenn der Staat uns alle zwingen würde zu rauchen, um uns mit Nervengift ruhig zu stellen! Dann würden diejenigen, welche heute noch freiwillig ihre tägliche Dosis konsumieren, sofort auf die Barrikaden steigen!“
„Und was ist mit dem toten Hausmeister?“ fragt Harry noch. „Sollen wir ihr den nicht auch noch aufs Kerbholz ritzen? Einer so Verrückten traut man sowieso alles zu!“
„Harry, wir müssen zumindest vorher noch die Mieter vernehmen. Vielleicht gibt einer von denen den Mord zu. Zwei verschiedene Mörder machen sich auch in unserer Statistik besser, als eine Doppelmörderin.“
„Du hast recht, Stephan.“ gibt Groß zu und verabschiedet sich, um den Wagen vom Service zu holen.
Drecks Mobiltelefon läutet und er holt es aus seinem beigen Regenmantel. „JA?“ Bedeutungsschwanger lauscht er kurz. „Nun ja, dass kann ja mal passieren, dass ein toter Hausmeister, der im Hausflur liegt, einfach von der Müllabfuhr abgeholt wird. Dann geb ich den Fall an das zuständige Kommissariat ab, das in der Nähe der Müllverbrennungsanlage liegt. Wiederhören!“
„Unannehmlichkeiten?“ fragt die Witwe, welche sich schon längst wieder gefasst hat und die Zigarette in einem goldenen Aschenbecher ausdämpft.
„Kaum.“ wehrt Dreck mit einer lässigen Geste ab und wendet sich der Putzfrau zu. „Setzen Sie sich doch, Frau Solinghammer. Sie sehen müde aus.“
„Nein danke.“ lehnt diese höflich ab. „Ich werde noch lang genug sitzen.“

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