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Donnerstag, 5. September 2019

Artmann reloaded

Heute folgte ich folgender  E i n l a d u n g - Spielt Artmann! Spielt Lyrik! Spielt Literatur, Kunst, Theater, österreichische Gegenwartsfilme, zeitgenössische österreichische Musik!

Am 5.9.2019, um 10:30 Uhr vor dem Funkhaus Wien (genau vor dem bunten Riesenohr!)

Eine Hommage an H.C. Artmann und an die Lyrik. Mit und aus Texten von H.C. Artmann & Kommentaren zu H.C. Artmann.

Eingeladen von André Heller, Gerhard Ruiss, Peter Turrini und weiteren österreichischen Kunst- und Kulturschaffenden, die aus den Bereichen Literatur, Musik, Film und Theater Gedichte und andere kurze Texte ihres ebenso großen wie unvergessenen Kollegen H.C. Artmann präsentieren. 

Grund dafür ist die Ablehnung eines Films von Martin Polasek über H.C. Artmann und seine in Wien hinterlassenen Spuren zu seinem 20. Todestag und 100. Geburtstag für das Jahr 2020 bzw. 2021 durch den ORF mit der Begründung der Bedeutungslosigkeit Artmanns und der Lyrik für die Gegenwart.
Hier eine Kurzzusammenfassung der 2 Stunden: Als erster spricht Gerhard Ruiss: "Im Alter lässt die Wut nach (ich schüttelte gleich mein nimmermüdes Haupt), aber bei Artmann war das anders!" Weiters erklärt er, dass dem ORF das Geldverdienen wichtiger als die Kultur sei, dass Ö1 und ORF III ein Hungerleider-Dasein führen und daher 1420 (!) Unterschriften gesammelt worden sind! Die Worte adressiert er vor allem an die anwesende Intendantin Brigitte Wolf, die aber bald verschwindet. Dann spricht André Heller in einer senffarbenen Jacke: "Es ist erstaunlich, was ihr aus dem Boden gestampft habt, ein Podest, ein Mikrofon (einer aus dem Publikum ruft 'lauter' und Heller beugt sich mehr zum Mikro). Pardon, das ist mein erster öffentlicher Auftritt (Gelächter). Ich wundere mich, wer aller NICHT hier ist und erinnere mich an H.C. Artmann, der vielsprachig war - 15 oder 35 Sprachen beherrschte er - und durchs Land reiste, um bei kleinen Lesungen ein paar 100 Schilling zu verdienen. Als ich dann vor vielen Leuten auftrat und Tausende verdiente, kündigten mir viele die Freundschaft, nur H.C. meinte, es sei doch gut, wenn man von Tausenden gehört wird! Schon in meiner Kindheits-Uni, dem Hawelka, saßen wir oft zusammen. Über manchen Dichtern schwebt ja die dunkle Wolke der Wollust - mach mein Werk erfolgreich und das der andern schlecht, doch Artmann gönnte andern den Erfolg. Er hat den Wiener Dialekt resozialisiert!"  - Dann liest er ein Artmanngedicht, das ungefähr so geht: Reiß dir auße dein Herz, dein bluatigs und haus übers Bruckenglander… (Ich hab leider nicht mitgeschrieben) Hernach liest Silvia Treudl: In mein Federpenäu lebt a Zwerg, Herr Lehrer, der mir immer de Bleistift abknabbert, Herr Lehrer, des kann am de ganze Freud an der Schul verderben... (Er ist immer noch aktuell) Dann liest einer: Nach der Sintflut san immer de Fensterbretteln angfäult… Dann meint ein weiterer Vortragender: "Lessing sagte, die Literatur soll einem Appetit aufs Leben machen! - Bei Artmann läuft mir das Wasser im Mund zusammen!"  (Vor mir steht einer mit T-Shirt, auf dem Robert Zimmel steht, der trägt eine sehr originelle Männer-Handtasche - näher in meinem Gedicht beschrieben, über uns kreist ein Hubschrauber und zwischen uns klicken die Kameras) Dann liest sogar Dany Sigl ein Artmann-Gedicht: Ich bin die liebe Mumi-e - aus Ägypten kumm i eh! - Ruiss überreicht ihr Blumen, denn sie feiert den 80er, den man ihr nicht ansieht! Frau Ayoub liest zwei Szenen aus dem Artmann-Stück Erlauben, Schas, sehr heiß bitte! Dann liest Schauspieler Erwin Leder - der Maschinist, das Gespenst, aus dem Film DAS BOOT! Er zitiert: Karl Valentin hat gesagt, es ist schon alles gesagt worden, nur nicht von jedem.
Es treten auch auf: ein Musiker mit drei gebrochenen Rippen, den diese am Verbeugen hindern, zwei Handpuppenspieler, von denen einer mit zwei Maulklappenpuppen Artmann-Lieder singt - wirklich sehr gruslig, und viele mehr - nur der Übersetzer von Asterix auf Weanerisch hat leider absagen müssen! H.C. ist wirklich für viele eine Inspiration gewesen und auch ich werde mir einiges von ihm unter den Nagel reißen, z.B. pissgelb, ihr Gesicht war dem einer Antilope nicht unähnlich, der Affenmensch, der einem ihrer wechselnden Verhältnisse entstammte, der Urinal-Wurm lag da mit einem Blick von einem, dem schon von Jugend an alles in den Schoß gefallen war!
Zum Schluss redet Martin Polasek: "Man bekommt gleich den Stempel des Kommunismus aufgedrückt, wenn man sagt, dass der Kapitalismus alles vermiest, was einem Freude macht! Der ORF hat mir einmal erklärt, dass das Wort VERDAUUNGSPROZESS nicht werbewirksam sei..." Zum Ausklang singt noch Ruiss mit einem Freund: Jetzt samma ausm Schneider - jetzt wurschteln wir wieder weiter! - Die Intendantin taucht auf und entschuldigt ihr teilweises Fernbleiben mit einem Gespräch mit Fr. Rendi-Wagner und verspricht weitere Gespräche mit den Kunstschaffenden. Und ich gehe nach langem Stehen etwas steif heim, wo ich dichte:
Heut war i bei aner Gedenkfeia fürn Artmann, der scho lang am Zenträu verfäult, na, halt verbrennt hams eahm in da Feuerhalle Simmering, ah net schlecht! Lauter Friedhofsaspiranten gammeln umadum, von denen ane auf ihrn Rollator gsessen is, de andern san alle gstanden. Der Heller war a dabei mit aner feinen Lederjacken, de mindestens an 1000er kost hat. Und aner hat an schwarzen Totenkopf als Handtaschen tragn! Wos hat er da wohl dringhabt? Ah, i waß, wahrscheinli a Viagra, damit bei eahm unten aa was steht. Naja, a paar Leut haben aus seine Werke vurglesen, es war wirkli lustig, wia der liabe Tote gschrieben hat und so wahr! Zeitlos, wia ma so sagt. Puh, zwa Stund steh is ka Lercherlschas! De Sunn hat obeghazt wia net gscheit und meine Bandscheibn habens bereut! Endlich wars dann aus und alle haben fest pascht! Es hat mi aber überrascht: kaner von de alten notigen Knacker hat mi angredt, wenigst aner hätt mi do auf an Kaffee einladen kenna! Aber so sans de Beidln!

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