In meiner Nachbarschaft lebt ein netter Mann, mit dem man sich wunderbar unterhalten kann. Ein sehr höflicher älterer Herr mit sehr jung gebliebenem Gemüt und Sinn für subtilen Humor, der aber auch brachial ausarten kann. Am liebsten berichtet er mir seine Streiche, die oft eines Lausbuben würdig sind. Er beherrscht auch Fähigkeiten, die nicht alle vorweisen können. Das Ablassen einer Blähung auf Kommando beispielsweise. Nennen wir ihn daher einfach - aus Datenschutzgründen - Herrn Blähmann. Als er also zuletzt so dahin spazierte in seinen Birkenstock-Gesundheitssandalen, trippelte vor ihm eine rücksichtslose Raucherin und ließ ihre ausgeatmete Nikotin-Abgaswolke in seine Richtung direkt in seine feinen Nüstern wehen. Herr Blähmann überholte sie hüstelnd, ließ einen fahren -bbbblllt!- drehte sich dann mit triumphierendem Lächeln zu ihr um, die da seiner Stinkwolke angesichtig ihr Näschen rümpfte und sagte: „Jetzt sind wir quitt!“ Auch in einer überfüllten U-Bahn kann er im Hand -das heißt eigentlich – im Analumdrehen für genügend Freiraum sorgen. Er kriegt immer einen Sitzplatz, behauptet er und ich glaube ihm das.
Das möchte ich auch können, aber immer wenn ich Bohnen esse, gelingt es mir nicht, die Abwinde willentlich loszulassen und er hat diesbezüglich auch keinen Tipp parat, meinte das sei eine natürliche Gabe. Dafür erzählte er mir wie er einen ungezogenen ihm vom Wegsehen bekannten Porsche-Fahrer düpierte. Herr Blähmann sieht ihn ab und an, wenn der seinen Sprössling im Schottengymnasium abliefert. Dieser sauteuer motorisierte Flegel hielt extra in einer Seitengasse, um seine Blase gegen die schöne Hausmauer zu entleeren. Herr Blähmann nutzte nun die Geräuschkulisse des lauten Autoradios und des urinalen Plätscherns und machte im Vorbeigehen quer über die Beifahrerseite mit seinem Haustorschlüssel einen langen Kratzer in den Porschelack. Dann rief er dem peinlichen Pinkler zu: „Haben Sie neben einer Schule geparkt? Da ist nämlich ein Kratzer in Ihrem schönen Auto! Jaja, der Neid ist ein Hund!“
„Scheiße!“ hörte er ihn im Abgang noch fluchen und fand, dass sich dieser unflätige Mensch damit als Erziehungsberechtigter für seinen Ableger eindeutig disqualifiziert hätte.
Herr Blähmann ist sich auch nicht zu schade, mit Ordnungsorganen zu diskutieren. So rief er einem gerade strafenden weiblichen Parksheriff zu: „Fräulein, der Parkschein ist doch erst 10 Minuten abgelaufen! Kann man da nix machen?“
„Nein!“ entgegnete die ihm streng. „Sie müssen zahlen!“ Schon wedelte sie ihm mit dem Organmandat vor der Nase herum. (brrrlt!)
„Das glaub ich weniger, das ist nämlich gar nicht mein Auto!“ (brrrlt!)
„Was mischen Sie sich dann überhaupt ein?“ fragte sie naserümpfend und maß ihn von oben bis unten.
„Aus einer Mischung von Zivilcourage, Langeweile und Solidarität!“ erklärte er ihr stolz. Das verdutzte Gesicht von dem Tuttel-Sheriff hätt‘ ich sehen sollen, lachte er herzlich. Jaja, Herr Blähmann kommt ganz nach seinem Vater, den ich leider nicht kannte. Trotzdem weiß ich um die Ähnlichkeit, denn kürzlich bemerkte er traurig, dass er immer an ihn denke, wenn er eine Gelse im Zimmer habe. Und, dass er diese dann mit einem Glas vorsichtig einfange und gerührt in die Freiheit zur weiteren Nahrungsaufnahme - also Blutabnahme- entlasse….
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