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Sonntag, 10. Dezember 2017

Einladung

Wenn man eingeladen wird, freut man sich, besonders über eine Wochenend-Einladung aufs Land. So geschehen mir, als am Feiertag unerwartet das Telefon klingelte und Ulli, die ich schon Jahre nimmer gesehen hatte, erfreut berichtete: „Wir haben unser Haus in NÖ renovieren lassen und laden dich zu uns ein. Was hältst du davon, morgen nachmittags zu kommen und bis Montag zu bleiben?“ „So schnell?“, wunderte ich mich. „Naja“, druckste sie herum, „es ist nämlich so, dass Wolfi seinen Chef einquartieren wollte, den ich nicht mag, da habe ich ihm erzählt, dass ich schon wen eingeladen habe.“ „Verstehe“, sagte ich pikiert, da ich wieder den Notnagel spielen sollte, so wie damals, als sie in Wien lebte und immer wen brauchte, der sie ins Theater begleitet, wenn Wolfi keine Lust hatte. Jetzt suchte sie offenbar wen, der kurzfristig kommen kann, nachdem sie wohl schon einige Absagen erhielt. „Also gut, ich komme!“ Und ich kam per Zug mit leichtem Gepäck, streifte durch die noch leicht verschneite Landschaft zu dem Haus, wo ich von ihren Kindern - Tomas und Lena - empfangen wurde. Da erfolgte die nächste Enttäuschung, denn keiner sagte: ‚Jöö, schön dich wiederzusehen!‘ „Wer sind denn Sie?“, fragte Lena perplex, vielleicht hat sie eine Ministerin erwartet. „Aber wir haben uns doch schon mal vor einigen Jahren gesehen, da wart ihr ungefähr so (ich zeigte mit einer Hand 50 cm) und lieb!“  „JA, lieb sind wir immer noch, aber an dich können wir uns nicht erinnern“, gestand Tomas. Also hat sie denen gar nicht erzählt, wen sie eingeladen hat, dachte ich und wollte eigentlich gleich umkehren. „Komm Tommi“, sagte Lena widerwillig, „wir zeigen ihr halt das Gästezimmer.“ - Kellerstübchen wäre passender gewesen, denn es lag im Souterrain und hatte nur ein ganz kleines Fenster, aber immerhin neue Ikea-Möbel - offenbar von dem kärglichen Rest gekauft, der nach der Renovierung noch übrigwar - und einen Sandsack, der vom Plafond baumelte. Tommi boxte einige Male dagegen und erklärte: „Da reagieren wir uns immer abwechselnd dran ab!“ „Das verhindert Aggressionen“, fügte seine Schwester hinzu. „Sehr schönes Zimmer“, log ich und packte aus.
Wenig später traf ich Wolfram wieder, der mich auch nur halbherzig begrüßte und fragte ihn: „Wo ist denn die Ulli?“ „Im Spital!“ „Huch! Doch nix Ernstes?“ Schon befürchtete ich einen Ski-Unfall. „Nein-nein, sie ist bei unserer Nachbarin, die ist gestern ausgerutscht und mit doppeltem Beinbruch eingeliefert worden.“ „Oje!“, sagte ich, weil mir nix Besseres einfiel. „Ja, genau!“, stimmte er zu und atmete tief durch. Nun bereute ich, die Einladung angenommen zu haben und fragte der Höflichkeit halber: „Kann ich irgendwie helfen?“ Da erhellte sich sein Gesicht und er meinte: „Ja, die Ulli hat schon in der Küche Vorbereitungen für die Weihnachtsbäckerei getroffen. Wenn du vielleicht…“ „Ja, sicher!“, sagte ich spontan und ging in die Küche, wo nur der Nudelwalker und die Keksausstecher herumlagen, was hieß, dass ich den Teig zuerst fabrizieren musste, denn im Kühlschrank war kein Fertigprodukt zu entdecken. Wenn ich das wem erzähle, glaubt’s wieder keiner, dachte ich, muss Kekse backen, damit ich mir mein Wohnrecht verdiene.
Nach einer Stunde dufteten meine Eigenfabrikate so verlockend, dass Mann & Kinder auftauchten und eine Geschmacksprobe vornahmen. „Hmmm!“, machte Tomas anerkennend mampfend und auch Lena nickte. Wolfi überlegte: „Eigentlich hab ich ja Cholesterin und darf gar nicht… aber was soll’s!“ Herzhaft biss er in einen Keks, sodass ich schon fürchtete, er werde sich eine Krone ausbeißen, doch er zeigte eine zufriedene Miene und lud mich zum Dank ins Wohnzimmer zur Filmvorführung. Der Film hatte schon einige Jährchen auf dem Buckel und bezog sich auf die Hexenjagd plus brutale Folterszenen. Das Blut floss reichlich und ich bemerkte: „Kürzlich kaufte ich mir neue Schuhe und da blutete ich aus den Fersen genauso, wie die Hexe aus Mund und Nase.“ „Aha!“, sagte er. Noch vor der Hexenverbrennung kam Ulli heim und ersparte mir das deprimierenden Finale. „Toll, dass du hier bist!“, meinte sie und erzählte mir dann von ihrem Spitalsbesuch, der auch nicht gerade zur Hebung meiner Stimmung beitrug. „Die arme Frau Sipold hat’s arg erwischt. Offener Unterschenkelbruch! Furchtbar! Und dazu hat sie noch einen eitrigen Zahn und einen eingewachsenen Zehennagel, aber ein Unglück kommt halt selten allein.“ „Wem sagst du das!“ Bei mir lief leider auch nicht alles glatt, jedoch gehöre ich nicht zu den Drama-Queens. „Aber eins verstehe ich nicht, wenn ich weg bin, kann dein Mann doch nächstes Wochenende seinen Chef einladen.“ „Nein, das glaube ich nicht, weil erstens, wollte der nur kommen, da er die Handwerker im Haus hat, zweitens geht er dann schon in Pension und ist für den Wolfi nimmer wichtig und drittens kommt nächste Woche mein Erbonkel zu Besuch.“ - Tja, das sagte natürlich alles aus über diese schrecklich nette Familie… Freunde, lasst euch nicht einladen, bleibt daheim und lest meine Bücher! Kurz & Krass kostet nur 99 Cent!

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