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Montag, 23. Juli 2012

Qual der Studienwahl

Zeugnisverteilung war ja schon, aber der Herr Papa kommt erst jetzt aus dem Urlaub heim und wird nun vom Sohn mit einer freudigen Nachricht empfangen. „Juhuu, Papa, ich hab es geschafft!“ Triumphierend wedelt er mit dem Maturazeugnis. „Bin durchgekommen! Ich wollt nicht simsen, sondern dich persönlich überraschen.“
„Und den Wisch haben’s dir gleich mitgegeben? Jetzt bist wer!“
„Endlich, aber was soll ich jetzt machen?“
„Was Praktisches, was viel Geld einbringt!“ schlägt der Papa vor und stellt die Koffer ab.
„Geld, Geld, immer nur Geld, die Arbeit muss mir doch auch Spaß machen.“
„A Arbeit, de Spaß macht, is no net erfunden.“
„Ich will Freude im Beruf haben, ist dir wurscht, was ich mach?“
„Solang i net mitmachen muaß…Im Flugzeug hat mir einer erzählt, dass a russischer Chemie-Student a synthetische Droge erfunden hat und jetzt im Knast sitzt.“
„Mit so einem habe ich gar kein Mitleid!“ sagt der Sohn und setzt sich auf einen der Koffer.
„I aa net, weil der Depp hätt‘ lieber a biochemische Waffe erfinden und ans Militär verkaufen sollen, dann wär er jetzt a Nobelpreis-Anwärter.“ stellt der Papa fest und holt sich aus dem Eiskasten ein Bier. „Studier doch a Chemie! Und erfind a Nervengas. Dann samma aus’m Wasser. Oder Atomphysik, aber..na, de Atombomben gibt’s ja schon, da is ka Steigerung mehr möglich. Aber Gen-Forschung! Da kannst aus Viechern mutierte Kampf-Soldaten erschaffen, die gegen Gast und Strahlen immun san.“
„Geh, Papa! Für’s Miliätr würd ich nie arbeiten!“
„I hab gar net g’wusst, dass du Pazifist bist. Des musst von der mütterlichen Seiten haben. Dann studier halt Medizin, dann kannst die Verwundeten wieder z’sammflicken, oder Schönheits-Chirurgie, kannst dei Mutta wieder auf gleich bringa! Und wennst dabei an Fehler machst, wird er gleich begraben! Oder du spezialisierst dich auf Psychiatrie, weil Deppata wird’s immer geben und die werden auch immer mehr, weil die vermehren sich ungeschlechtlich.“ Genüsslich trinkt er die Flasche leer.
Der Sohn schüttelt den Kopf, ob dieser Vorschläge. „Da muss ich ja Tote sezieren, ganz grauslich!“
„Ja, zimperlich derfst net sein. Is ja nur Fleisch. I muss aa Küh und Säu zerteilen als Fleischhacker. Da werd i wenigstens meine Aggressionen los.“
„Du bist aa a ganz andrer Mensch, ich bin viel sensibler.“
„Trotzdem rat i dir zu aner Karriere in der Rüstung. Homo homini lupus. Der Mensch is Meister der Selbstzerstörung und bringt sich immer gern selber um. Davon kannst doch prima profitieren. Oder studier Psychologie, dann kansnt mit den richtigen Psycho-Tricks deine Mitmenschen verarschen und aa viel Geld machen. Oder studier Jus, dann kannst als windiger Rechtsverdreher groß abkassieren oder Scheidungsanwalt werden, weil die Leut immer heiraten wollen und dann merken’s erst, dass ma an andern net lang aushalt.“
„Ja, das gilt auch für engste Verwandte!“ wirft der Sohn ein.
„Oder werd Strafverteidiger, weil die Kriminellen sterben aa nie aus. Des is a krisensicherer Job. Und des Triumph-Gefühl, des du dann hast, wennst für an Schuldigen an Freispruch erreichst, also zum Beispül an Frauen-Mörder freikriegst. Da hast aa a Freud am Beruf.“
„Pfui Papa! Wie kannst du nur an sowas denken?“
„Weil i halt a praktisch veranlagter Mann bin. Oder studier Gastronomie. Essen werden die Leut immer und wie heißt’s so schön: erst kommt des Fressen, dann erst de Moral!“

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