Im zweiten Bezirk, in der Zirkusgasse erster Stock, fliegen rasant einige Möbelstücke durch ein offenes Fenster. Eine Funkstreife trifft ein, zwei Polizisten steigen aus, einer ruft hinauf: „Was is da los?!“
Ein unrasiertes Gesicht taucht oben auf, lugt hinab und sagt: „Schleicht’s eich, holt’s mir mein Anwalt her, der mei Scheidung versaut hat, weil i will mei Kind zurück haben!“
Der Polizist tippt sich an die Schläfe und fragt: „Und du glaubst, so kriegst des Sorgerecht?“
„Wenn net, dann spring i obe und ihr seid’s alle schuld, wenn i tot bin.“ droht der Verzweifelte.
„Von an Sprung aus’m ersten Stock is aber no kaner g’sturbn!“ meint der andere Polizist.
„Ich schon, weil i mach ja an Kopfsprung.“
Im Erdgeschoß guckt ein älterer Herr hinaus und versucht, einen Blick nach oben zu erhaschen. „Der Trottl spinnt scho wieder.“
„Kennen Sie den?“ erkundigt sich einer der Ordnungshüter.
„Ja leider, seit der Dauer-Arbeitslose vur 5 Jahren mit Frau und Tochter bei uns einzogen is, geht’s rund. Jeden zweiten Tag a Streiterei. Bis zur Scheidung vur aner Wochen. Und frech war des blede Mäntsch, der sollt froh sein, dass er’s los is, den Bankert! De Krot is 12 Jahr und schminkt si schon, schaut aus wie 18einhalb!“
Schon fliegt wieder ein Möbelstück herunter, ein Nachtkästchen, direkt neben den Polizeiwagen. „I bring den Wagen in Sicherheit!“ kündigt der eine Arm des Gesetzes an und fährt davon, während der andere mit dem Nachbarn konferiert. „Wissen Sie, wo sei Famülie jetzt wohnt?“
„Jo freili, gleich ums Eck, Nummer 53, Hasenöhrl, bei der Schwiegermutter, des is aa so a Zauk, de alte Hasenöhrl, furchtbar! A Goschen wia a Schwert! Wenn de amal stirbt, müssen’s de Pappulatur extra erschlagen!“
Der Polizist holt also Frau und Kind ohne die Oma von der angegebenen Adresse, und so stehen wenig später alle drei zwischen dem demolierten Hausrat herum. Die Tochter ergreift das Wort: „Hearst Papa, bist narrisch? Was soll des?“
„I will, dass du wieder bei mir wohnst, Schatzi!“ ruft er weinerlich runter.
„Ahso? Weilst a Dienstmadl brauchst, des dir es Bier vom Eiskasten zum Fernseher apportiert, aber i bin’s net! Und Schatzi hast aa no nie zu mir g’sagt, immer nur Kind! Vurgestern wolltest net mit mir nach Schönbrunn fahrn, hast nur g’sagt: geh in Prater spüln, Kind.“
„Es tuat ma ja sooo laaad!“ versichert der Papa, den Tränen nahe.
„Aber was! Geh liaber arbeiten, damit’s mehr Alimente brenna kannst, weil i brauch no a neue Schi-Ausrüstung, de neue Play-Station, neue Schulsachen, den neuen Tablet-Computer und an Hund hätt i aa ganz gern. Vielleicht an Königspudel, weil de Jaquelin hat aa an! Hast g‘heart, Papa?“
Und ihre Mutter fügt rüde hinzu: „Gib ihr a Antwort, hearst, du Versager!!!“
Nach einem lauten Schniefen ringt sich der derart Bloßgestellte zu einer Entscheidung durch: „Guat, i geb auf! Und i verzicht aa auf mei Besuchsrecht!“
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