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Freitag, 13. Juli 2012

CAVE CANEM

Eines sonnigen Samstags steht der rüstige Schrebergärtner Franz-Florian ‚Flori‘ Fistlzweig vor seinem Gartentor und schraubt eine Email-Tafel unter seinem Namensschild ab. Das sieht die Ausflüglerin Emilia ‚Emi‘ Nepotich, als sie mit ihrem weißen Zwergpudel Flocki vorbeispaziert. Leutselig und redefreudig, wie sie nun mal ist, bleibt sie stehen und fragt Flori nach dem Grund. „Ziehen’s gar weg von da? Wird des Haus frei?“
Drauf entgegenet er mit Seitenblick: „Naa! I montier nur de Tafel ab.“ Dabei zeigt er sie ihr.
Sie liest laut vor: „Cave Canem! - Hab ich mir gleich gedacht, dass Sie so a scheens Häuserl net aufgeben. Und erst der scheene Garten…“
„Ja, ma bemüht sich und lockt damit nur Nachtschattengewächse an, de jede Menge Reichtümer hinterm Zaun vermuten.“
„Habens einbrochen bei Ihnen?“ fragt sie ganz entsetzt.
„Um a Haar! Weil de Leut entweder Analphabeten san oder ungebildete Barbaren. (klopft mit der Tafel an den Zaun) Da steht’s deutlich drauf! (hält ihr Schild vor die Nase) In großen Lettern!“
Emi nickt. „Und de Leut versteh‘n den Sinn nicht?“
„Aber woher denn! Haben de in der Schul g’schlafen oder sich erst gar net reinverirrt, i weiß es net!“ Traurig klemmt er sich das Schild unter den Arm.
Emi schlägt vor: „Vielleicht sollten’s es doch auf Deitsch schreiben lassen.“
„Wird mir nix anders über bleiben, bei solche Grenzdebile. Glauben de gar des heißt ‚Gold & Silber‘ oder ‚Herzlich willkommen‘?“
„Will ja keiner was lernen heutzutag.“ meint sie indigniert.
Flori nickt. „Naa! Alle wollen nur Panem et Circenses, wie der Lateiner sagt.“
„Aber solche Wissenslücken müssen doch net sein.“ beharrt sie.
„Des sind schon Löcher im Gehirn! Einmal hat mich einer extra ausseg’läut und g’fragt, was des für Früchte san, de ‚Cave Canem‘ und was a Kilo kosten tät. Was sagen’s da dazu?“
Sie tut entsetzt. „Keine Bildung!“
„A Hirn wie a Almhütten: hoch droben und nix drin!“ stellt er fest.
„Vielleicht hat man’s ihm in der Schul verschwiegen.“
„Latein g’hört zur Allgemeinbildung! Das ist die Urmutter aller Sprachen. Da geb ich kein Pardon!“ verkündet er streng mit dem Blick eines in Pension gegangenen Oberlehrers.
Emi pflichtet ihm bei. „Find ich auch! - Sind die Cave Canem schon reif?“
Drauf schreit er sie empört an: „Sie wissen ja aa net, was des heißt!!!“
Ihr steigt augenblicklich die Schamesröte ins Gesicht. „Ich geb’s ungern zu, aber ich hab’s leider vergessen.“
Flori zeigt auf ihren Flocki und bellt sie an: „Sie haben an Canem und wissen net, wia er auf lateinisch heißt? Schande über Sie!“
„Richtig! Zwergpudel heißt Canem!“ trompetet sie heraus.
„Falsch! Hund heißt’s! Cave Canem bedeutet ‚Hüte dich vor dem Hund‘. A Warnschrift, die schon die alten Römer in Pompeji verwendet haben. Lang bevor de Stadt am 24.8.79 vor Christus vom Vesuv in Schutt und Asche gelegt worden ist! Aus gutem Grund, weil des war ja a Hurengesindel. Jedes zweite Haus war a Bordell, ka Schad um de vülen Schweine! Wie man sowas nur vergessen kann is mir schleierhaft. – No amal: Cave Canem heißt ‚Hüte dich vor dem Hund‘!"
„Ach sooo!“ sagt sie betreten und schaut suchend in seinem Garten umher. „Und wo is Ihr Hunderl?“
„Den hat ma de Polizei beschlagnahmt, weil ma angeblich für so an lieben Pitbull-Terrier an Waffenschein braucht, oder wia des heißt.“
„An Hundeführschein?“
„Ja. Reicht net a Führerschein B? Dabei hat des brave Viecherl nur seine Pflicht getan.“
„Was für a Pflicht? Hat er laut gebellt?“ forscht sie neugierig.
Darauf muss er sich ein Lachen verkneifen. „Mei Nero halt sich net mit Bellen auf, der beißt gleich zua! Den Einbrecher gestern hat er halbert zerfleischt. Der hat nachher nur mehr schwach röcheln könna, der blede Hund!“
Emi meint bestürzt: „Entsetzlich!“
„Weniger entsetzlich als dass man mir mein treuen Nero wie den Schwerverbrecher Hannibal Lektor mit an Maulkorb in an Zwinger eskortiert hat! So eine Gemeinheit! Und den halbverreckten Einbrecha haben’s wia a rohes Ei behandelt, de Trotteln! Was sagt ein gebildeter Mensch zu solch himmelschreiender Ungerechtigkeit? O Tempora, o Mores!“ Kopfschüttelnd geht er.
Beipflichtend nickend ruft sie ihm noch nach: „Genau! Irren ist männlich!“




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