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Freitag, 12. Juni 2015

Rätselkrimi Tod im AMS

Der Anblick verlangte wirklich starke Nerven. Der Tote saß vor seinem Schreibtisch und hatte faktisch kein Gesicht mehr. Irgendjemand musste ihm wohl mit einem Hammer das Antlitz zerschlagen haben. Kaum vorstellbar, dass dieser Vorgang lautlos erfolgt war. Kommissar Rau war wie vom Schlag gerührt. Die Vorgesetzte des getöteten AMS-Beraters, eine Frau Vera Verderber, hielt sich die rechte Hand vor den Mund und konnte nur ganz leise die Fragen beantworten: "Herr Jochman war immer sehr korrekt und wurde nie bedroht. Er hatte den ersten Kunden um 8 Uhr. Ich hab Ihnen die Namen schon ausdrucken lassen. Ein gewisser Anton Haferknecht, arbeitslos seit 13 Jahren. Dann eine halbe Stunde später Frau Inge Unfrieden, arbeitslos seit 9 Jahren und eine weitere halbe Stunde später einen Herrn Emil Zoppl, arbeitslos seit 5 Jahren. Alle unbescholten, aber einer muss es wohl gewesen sein."
"Moment, wieso glauben Sie das?" fragte Rau, der sich die Unterlagen besah.
"Weil der 4. Kunde ihn vor wenigen Minuten so auffand und lauthals losschrie. Eigentlich ist ja der Eintritt nur nach Aufruf gestattet, aber wenn die Kunden einige Minuten warten müssen, dann treten sie auch unaufgefordert ein und fragen, wann sie endlich drankommen."
"Tja, Zeit ist kostbar, auch für einen Arbeitslosen!" merkte Rau an. "Ich werde mir die Verdächtigen gleich vornehmen. Die Spurensicherung ist schon verständigt. Passen Sie bitte auf, dass keiner mehr den Tatort betritt!" Als er zum ersten Verdächtigen fuhr, las er sich bei einer roten Ampel nochmal dessen Akt durch. Haferknecht war 45 Jahre alt und hatte in 20 Jahren 25 Jobs gehabt. Das zeigte Rau, dass es sich bei ihm wohl um einen eher unsteten Charakter handeln musste, der von selbst ging oder sich so verhielt, dass er vom Arbeitgeber gegangen wurde, wie man so schön sagte. An Berufen hatte er so ziemlich alles durch, meist Hilfsarbeiter am Bau, aber auch Bürohengst und sogar Friseur. Mit Hämmer musste er sich jedenfalls auskennen, dachte Rau, als er schließlich im 16. Bezirk vor dem Gemeindebau des Vielberuflers landete. Haferknecht öffnete die Tür mit einem Kellner-Trinkgeld-Lächeln. "Ja?"
"Guten Tag!" sagte Rau höflich und zeigte ihm seinen Ausweis. "Es ist ein trauriger Anlass, der mich zu Ihnen führt."
"Bei mir ist alles traurig." bekannte Haferknecht. "Ich bin total am Sand!"
"Das zu hören tut mir leid, darf ich reinkommen?"
"Ja, wenn's sein muss!" brummte Haferknecht und ließ Rau in seine ziemlich unordentliche Bude eintreten, die wohl schon mindestens ein Jahr kein Putzmittel gesehen hatte. "Was gibt's denn?"
"Herr Jochman ist tot!" sagte Rau.
"Wer? Ach so, mein AMS-Mann. Furchtbar, dass der mir in 13 Jahren keinen Job besorgen konnte. Ich will einem Toten ja nix nachsagen, aber unfähig war der schon!"
"Das interessiert mich nicht! Mich interessiert nur, wer ihn auf dem Gewissen hat!"
"Wohl ein gewissenloser Mensch!" antwortete Haferknecht schlagfertig. "Besuchen Sie jetzt alle seine Klienten? Dann werden Sie aber viel zu tun haben!"
"Genaugenommen besuche ich nur seine letzten drei Kunden, denn einer davon ist ein Mörder!" stellte Rau fest. "Sie waren heute um 8 Uhr bei ihm geladen!"
"Ja, aber ich hab verschlafen. In so einem Fall melde ich mich immer krank. Ich geh heut nachmittags zum Arzt und sag, dass ich eine Sommergrippe erwischt hab!"
"Na, Sie machen es sich ja einfach!" meinte Rau empört. "Haben Sie keinen Berufsethos?"
"Nein, denn ich hab ja keinen Beruf mehr, weil Herr Jochman es nicht schaffte, mich irgendwo unterzubringen. Nur in so hirnrissigen Kursen und sozialökonomischen Betrieben. Da musste ich doch tatsächlich mehr hackeln, als in all den Jahren zuvor!"
"Hmm- und wo haben Sie zuletzt gearbeitet?" erkundigte sich Rau.
"Pfff, weiß ich gar nimmer. Ah ja, vor eineinhalb Jahren bei so einem SÖB am Bau. Da musste ich Isolierschaum in Fugen spritzen. Ööööde! Und dann haben die mir noch unterstellt, ich hätte Material geklaut!" Er machte ein Gesicht, als hätte man ihn eben geohrfeigt.
"Sie haben also die Wohnung heute noch nicht verlassen?"
"Doch, ich musste mir doch was zum Frühstück kaufen. Oder glauben's gar, mich bedienen die Heinzelmännchen?" ätzte Haferknecht grinsend.
Rau verließ ihn und fuhr zu Inge Unfrieden, die ebenfalls daheim war, als er bei ihr klingelte. Die 39jährige bewohnte ebenfalls eine Gemeindewohnung, die allerdings blitzblank geputzt war. "Nein, das ist ja schrecklich, was Sie da sagen. Ich hätte ja heute einen Termin gehabt, aber ich konnte ihn nicht wahrnehmen, da ich ein Vorstellgespräch hatte. Hier, bei Firma Putzteufel & Co KG. Um Punkt 8Uhr10 bis 8Uhr.20! Ich hab mir eine Zeitbestätigung geben lassen." sagte sie triumphierend und hielt Rau den Zettel unter die Nase.
"Ja, da hätten Sie aber danach noch zu ihm kommen können." meinte Rau. "Die Firma ist ja gar nicht weit weg vom AMS!"
"Also wirklich! Was verlangen Sie denn noch von mir? Ich hab Depressionen, weil ich schon so lange ohne sinnvolle Tätigkeit bin und dann soll ich mir an einem Tag die Hacken ablaufen, nur um einen völlig sinnfreien Termin bei einem unfähigen Berater wahrzunehmen?"
Rau sah sich um und erspähte einen Hammer auf einer Kommode. "Oh, was ist denn das?" fragte er barsch und zeigte auf ihn.
"Na 3mal dürfen's raten. Es sieht einem Hammer täuschend ähnlich. Damit hab ich gerade ein Bild aufgehängt. Hier bitte! Das zeigt mich im letzten Urlaub vor 10 Jahren auf Mallorca!" Ihre Züge erheiterten sich schlagartig.
"Warum sind Sie denn überhaupt arbeitslos?" erlaubte sich Rau zu fragen.
Weiterlesen unter: http://www.bod.de/buch/s--pomej/moerder-machen-fehler/9783739204963.html

Wer mehr tödliche Stories lesen will: Soziopathen sterben selten/S.Pomej


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