Ein mieser Tag kann mit entsprechender Lektüre noch zu retten sein, klickt euch also öfter bei mir rein!

Mittwoch, 17. Juni 2015

Horrorurlaub

Das Beste, was man von einem Urlaub mit heimbringen kann, ist eine heile Haut, besagt ein chinesisches Sprichwort. Leider ist Kommissar Rau bei der privaten Verfolgungsjagd eines Taschendiebes so dumm gestürzt, dass er nun seinen linken Arm in Gips tragen musste und daher marode seinen längst fälligen Urlaub angetreten hat. In dem hübschen Hotel Waldesruh im Weinviertel saß er nun mit einem guten Buch auf der Sonnenterrasse, als sich eine ebenda logierende Dame näherte. "Schönes Wetter! Oh, Sie haben ja einen Gipsarm!"
"Wau, Sie verfügen über eine scharfe Beobachtungsgabe! Sie sollten auch zur Kripo gehen, gnä' Frau!" entgegnete Rau.
"Was lesen Sie denn da?" erkundigte sie sich und grinste breit. Irgendwie hatte sie ein Koboldsgesicht mit durchdringenden braunen Augen.
"Soziopathen sterben selten!" antwortete Rau, der sicher war, dass sie den Titel nicht verstanden hatte. So simple Gemüter, die das Offensichtliche aussprachen, taten sich mit Fremdworten eher schwer.
"Aha! Wenn Sie bei der Polizei sind, interessiert Sie vielleicht, dass hier ein Zimmermädchen vorgestern zu Tode gestürzt wurde. Und zwar vom kleinen Balkon Ihres Zimmers! Was sagen Sie dazu?"
"War sie betrunken?" fragte Rau und ließ sein Buch sinken.
"Keine Ahnung! Jedenfalls hat sie immer ihre Nase in Dinge gesteckt, die sie nix angingen. Einmal hab ich sie erwischt, wie sie die Unterwäsche in meiner Schublade durchwühlt hat. Ich hab nur alles fein säuberlich zusammengelegt! hat sie gesagt. -Oh, da kommt der Bärtige. Da geh ich, denn im Fernsehen haben sie gesagt, dass in so einem Bart mehr Bakterien sind, als auf einem öffentlichen Klo!" sprudelte sie heraus und eilte davon.
"Guten Morgen!" begrüßte Rau den Bärtigen. "Sie haben mich grad vor einer sehr nervigen Person gerettet!"
"Das war Frau Rettich, die immer zwanghaft Kontakt sucht." klärte ihn der bärtige Mann auf und setzte sich zu ihm. "Ich beschäftige mich viel mit Psychologie. Die Frau hat ein Problem."
"Naja, wer hat das nicht?" fragte Rau mehr scherzhaft.
"Ich! Mein Name ist Professor Fergus. Freud beschäftigte sich mit der Lust, Adler mit der Macht, Frankl mit dem Sinn und ich mich mit all diesen dreien!" offenbarte er.
Oje, dachte Rau, der ist vielleicht noch ärger als die Nervensäge. "Stimmt es, dass hier ein Zimmermädchen in den Tod gestürzt ist?" fragte er, um nicht weiter belehrt zu werden, denn dazu besuchte er Fortbildungsseminare.
"Äh ja... Schlimme Sache. Die Person war auch nicht ganz pflegeleicht. Hat den Gästen immer nachspioniert. Erzählte mir zum Beispiel welche Dame aus welchem Zimmer kam, oder welcher Herr in welches Auto stieg und so weiter, wenn Sie verstehen, was ich meine!" flüsterte er und zwinkerte vielsagend. "Entschuldigen Sie mich, aber ich habe noch nicht gefrühstückt. Es dauert oft eine geschlagene Stunde, bis das Personal endlich das Buffet arrangiert hat."
Rau guckte ihm nach, als ihm jemand auf die Schulter tippte. "Kuckuck! Sie sind wohl der Neuzugang, was?" Auf Raus verblüfftes Nicken fuhr er fort: "Hier kann man gut ausspannen. Man darf sich nur nicht mit den falschen Leuten unterhalten. Ich denke da an ein Braunauge und einen Bartträger. Gestatten, mein Name ist Grünanger! Beruflich bin ich Versicherungsmakler. Sie haben ja einen gefährlichen Beruf, was?"
"Danke, ich hab auch schon eine Lebensversicherung." winkte Rau ab. "Kannten Sie das tote Zimmermädchen?"
"Jaja. Eine aufdringliche notgeile Frau war sie. Man soll Toten ja nix nachsagen, aber die hatte es schon auf die Männer abgesehen. Rühmte sich bei jeder Gelegenheit, einen schönen Körper zu haben, dabei trug die eine hässliche Blinddarmnarbe. Bei mir konnte sie jedenfalls nicht landen." stellte er fest und setzte seine Sonnenbrille auf.
"Nein, dafür ist sie auf dem Betonboden gelandet. Glauben Sie, es hat dabei jemand nachgeholfen?" forschte Rau und tat nur mäßig interessiert.
"Kann sein. Möglicherweise eine Frau, der sie den Mann ausspannen wollte. Aber ich will dazu nix sagen. So, jetzt lass ich mich massieren, bis später!"
Die Wirtin, Frau Heidenreich, erschien und rief Rau schon von weitem zu: "Frühstück ist fertig!" Sie trug ein hübsches Dirndlkleid und eine Zopffrisur.
"Danke, Sie haben mir gar nicht erzählt, dass jemand vom Personal verunglückt ist."
"Ach, unsre arme Rosi, ja, sie war ziemlich fleißig."
"Ich hab mich mit bisher 3 Gästen unterhalten und jeder erzählte von ihr etwas anderes. Es ist, als wären eigentlich 3 Zimmermädchen aus meinem Fenster gestürzt." meinte Rau und erhob sich.
 Weiterlesen unter: http://www.bod.de/buch/s--pomej/moerder-machen-fehler/9783739204963.html

Mehr horrible Stories sind hier zu finden: Sehr schrullige Short-Stories

Sowie auch hier: Soziopathen sterben selten

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen