Ein mieser Tag kann mit entsprechender Lektüre noch zu retten sein, klickt euch also öfter bei mir rein!

Freitag, 22. März 2013

Wer stirbt verliert

Kommissar Rau hat endlich seinen lang aufgeschobenen, wohl verdienten Urlaub angetreten und befand sich eben auf dem Kreuzfahrtschiff AIDAaura, das noch friedlich im Mittelmeer dahin dümpelte. Eben schrieb er eine Ansichtskarte an seinen Assistenten Jurek Bimski, die er beim nächsten Landgang in Korfu aufgeben wollte: Hallo Jumbi! Wetter schön, Essen gut, Fahrt ruhig –POCH-POCH-POCH!
Ein lautes Klopfen unterbrach ihn und er rief: „Herein!“
Mit einem „Schönen guten Tag!“ trat der Schiffsarzt Herr Herbert HERBERT (seine Eltern fanden den Nachnamen wohl so schön, dass sie ihn gleich auch noch zum Rufnamen erkoren) ein.
„Nanu, ich hab Sie doch gar nicht gerufen. Entgegen der Meinung meines Assistenten bin ich gar nicht seekrank.“ eröffnete ihm Rau.
„Leider ist etwas passiert.“ begann Herbert mit Leichenbittermiene. „Ein Passagier namens Lovritsch ist ins Koma gefallen. Soweit ich seinem Blutbild entnehmen konnte, ist er hier an Bord mit Arsen vergiftet worden. Zum Glück war die Menge zu gering. Ich hoffe, dass ich ihn durchbringe.“
„Aha, und nun führt Sie wohl die Hoffnung zu mir, dass ich in Kriminalroman-Manier so diskret wie möglich seinen Möchtegern-Mörder finde.“
Herbert nickte nur und Rau folgte ihm zur Kabine des Unglücksvogels Lovritsch. Dort sah alles sehr ordentlich aus, denn der Room service hatte bereits aufgeräumt. Rau suchte zuerst im Kleiderkasten nach Hinweisen, fand aber nichts und so konzentrierte er sich auf den kleinen Schreibtisch, wo ein Briefblock und Kugelschreiber zur Verfügung lagen. Aus dem Pass von Lovritsch wusste er, dass der Deutsche 58 Jahre alt war und nahm an, dass er in diesem Alter auch noch altmodisch Briefe und Ansichtskarten an die Daheim-Gebliebenen schrieb. Tatsächlich erwies sich der Briefblock schon benutzt, denn der Kugelschreiber hatte deutliche Spuren am Papier des Nachfolgeblattes hinterlassen. Kommissar Rau hatte immer einen Bleistift dabei und so schraffierte er nun damit die Vertiefungen und konnte leicht den Text des abgerissenen Blattes lesen. Sogar datiert. Den Brief schrieb er gestern. Laut las Rau dem Schiffsarzt vor: „Liebe Gundel, Du wirst es nicht glauben, aber an Bord sind zwei meiner ehemaligen Konkurrenten. Nämlich Lobek und Kuma. Besonders Letzterer ist mir schon mehrmals über den Weg gelaufen und hat mir wegen unsres damaligen Geschäftes laute Vorwürfe gemacht. Der meint, ich hätte ihn damals übers Ohr gehauen. Na klar, Du kannst Dich sicher erinnern. Und Lobek tut so, als erkenne er mich nicht wieder. Aber sonst ist alles in Ordnung. Ich durfte schon die Brücke besichtigen und dem Kapitän bei der Arbeit zukucken. Mach Dir keine Sorgen – Dein Lolli-Boy“
Herbert schüttelte den Kopf: „Schlimm, er hat sich absolut sicher gefühlt und dann passiert ihm so etwas.“
„Die absolute Sicherheit gibt es nicht. Schon gar nicht auf einem Schiff.“ meinte Rau und begab sich mit dem Arzt zum Käpt’n.
Kapitän Wuppich zeigte ihm die Passagierliste und dieser konnte Rau entnehmen, dass Lovritsch und seine Ex-Konkurrenten am gleichen Deck untergebracht worden waren. „Dann will ich mir die Gesellen mal zur Brust nehmen.“ kündigte Rau an.
Worauf der Käpt’n mahnte: „Aber bitte mit aller Höflichkeit. Wir sind schließlich seit 15 Jahren für unsren hervorragenden Service und modernsten Komfort bekannt.“
„Ich wette, Sie haben gar keine Gefängniszelle an Bord.“
„Nein, aber ich kann die Krankenstation abriegeln lassen.“ erklärte Wuppich stolz. „Natürlich käme der Mörder in ein andres Zimmer als sein Opfer.“
„Naja, noch ist er ja kein Mörder. Lovritsch lebt schließlich noch.“
„Ja, ich sehe gleich mal nach ihm.“ versprach Herbert und enteilte.
In der Kabine von Kuma sah es sehr unordentlich aus, als dieser Kommissar Rau empfing. Auch beim Grund für seinen Besuch zuckte er mit keiner Wimper.
„Was war denn das für ein Geschäft, bei dem Sie Lovritsch übervorteilt haben soll?“ erkundigte sich Rau bei ihm.
„Matratzen. Wir waren beide im Matratzen-Handel tätig. Als Partner. Er wollte sich auf Anti-Allergie-Unterbetten umstellen. aber ich lehnte ab, denn die sind viel zu teuer in der Anschaffung. Da bleibt zu wenig Gewinnspanne, wenn Sie wissen was ich meine.“ erklärte Kuma.
„Verstehe.“ murmelte Rau, der sich denken konnte, dass da zwei Geier aufeinander geprallt sind. „Und weiter?“
„Und weiter?“ wiederholte Kuma verständnislos. „Er hat die Preise erhöht und behauptet, er hätte Anti-Allergie-Matratzen bestellt, trotz meiner Bedenken. Und später erfuhr ich durch Kunden-Beschwerden, dass er ihnen normale Matratzen zweiter Wahl angedreht hatte. Alle Schuld schob er auf mich, da ich ja für den Einkauf zuständig war. Allerdings konnte ich 2 Wochen lang wegen Grippe nicht meine Aufgabe erfüllen, was dieses Schlitzohr schamlos ausgenutzt hatte, um sich zu bereichern. Klar?“ Die Erregung verursachte Kuma ein rotes Gesicht.
„Das ist natürlich eine Unverschämtheit.“ musste Rau zugeben. „Aber kein Grund, ihm Arsen ins Essen zu mischen.“
„Frechheit! Ich verbitte mir jedwede Verdächtigung! Das muss an der deftigen Küche hier liegen, dass er im Koma liegt. Weil von mir hat er nichts bekommen. Schon gar kein Arsen. ich weiß doch gar nicht, wie man an das Zeug kommt und außerdem wusste ich doch nicht, dass ich den hier treffe.“ verteidigte sich Kuma.
"Tja, man trifft sich im Leben immer zumindest zweimal. Und unangenehme Leute trifft man sicher noch öfter." sagte Rau und verabschiedtete sich fürs erste.
Lobek befand sich gerade an Deck und als ihm der Kommissar den Grund für Lovritsch‘ Koma eröffnete, tat er sehr betroffen. „Ja so etwas! Tut mir das leid zu hören, aber mir geht es auch nicht gut. Ich bin nämlich Diabetiker und kann daher nicht alles essen, was man uns hier so auftischt. Schade, schade.“
„Ihre Sorgen hätte Herr Lovritsch sicher gern."
"Ja, das glaub ich. Aber was hat das eigentlich mit mir zu tun? Sie verdächtigen mich doch nicht etwa? Außerdem haben Sie hier doch gar keine Polizeigewalt.“
„Richtig. Aber ich darf im Auftrag der Schifffahrts-Gesellschaft Nachforschungen anstellen und wenn ich den Attentäter finde, wird er im nächsten Hafen, das ist Korfu, festgenommen.“ stellte Rau zufrieden fest.
„Du meine Güte. Also ich bin es jedenfalls nicht.“ war Lobek überzeugt. „Ich habe mich noch vorgestern mit Lovritsch prächtig unterhalten. Wir haben unser Kriegsbeil begraben.“ verkündete Lobek siegessicher. "Fragen Sie ihn doch, wenn er jemals wieder erwacht. Haha, damals hat er immer zu mir gesagt: wer zu spät kommt, verliert! Heute kann ich darüber nur lachen."
„Soso. Und was hatten Sie damals für Schwierigkeiten mir ihm?“ forschte Rau.
„Ach, nicht der Rede wert. Wir waren beide im Import-Export tätig. Und er hat mich oft preislich unterboten, wodurch mir einige lukrative Geschäfte entgingen.“ gab Lobek nolens volens zu. „Aber das ist lange her. Berührt mich gar nicht mehr. Sie sehen ja, ich kann mir eine teure Kreuzfahrt leisten. Genauso wie er!“
Als Rau zum Kapitän ging, konnte er ihm schon erste Verdachtsmomente präsentieren. „Es war ziemlich einfach, einen der beiden bei einer Lüge zu erwischen. Hier steht der Name dessen, den Sie internieren sollten, bis wir in Korfu anlegen.“
WER LOG?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen