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Mittwoch, 20. März 2013

Gesiebte Gespräche


Da ich ein angenehmer Zeitgenosse bin, beseitige ich immer die Werbesendungen, welche meine lieben Nachbarn nur achtlos auf den Postkasten legen. Dabei fand ich das Pfarrblatt unserer Gemeinde und schmökerte ein wenig darin. Da stand zum Beispiel: Reden ist nicht immer Silber, Schweigen nicht immer Gold. Von Sokrates (+399 v.Chr.) wird erzählt, dass er seinem Freund Einhalt gebot, als der ihm aufgeregt eine Neuigkeit erzählen wollte. „Hast du das, was du mir sagen willst, durch die drei Siebe geschüttelt?“ – Dem verdutzen Freund erklärte er dann die 3 Siebe: „Hast du geprüft, ob es wahr ist, was du gehört hast; ob es etwa Gutes ist, was du mir weitererzählen willst und ob es notwendig ist, das zu erzählen, was dir so verlockend auf der Zunge liegt?“
Was würde uns die Welt weniger belasten, wenn wir Gehörtes durch die 3 Siebe der Wahrheit, der Güte und der Notwendigkeit schüttelten!
Kein Wunder, dass der alte Sokrates wegen verderblichen Einflusses auf die Jugend den Schierlingsbecher leeren musste.
Die Wahrheit über jede Aussage herausfinden? Wie soll das gehen, wenn mir z.B. einer erklärt, er sei Arzt? Muss ich auf den Vorweis seiner Approbation  bestehen, um ihm glauben zu dürfen? Oder mich von ihm untersuchen lassen? Oder ein Richter, der mir von seinen über 500 Schuldsprüchen berichtet. Soll ich mich durch meterhohe Aktenberge wühlen? Oder reicht es, wenn ich als Zuhörer in einer seiner Verhandlungen auftauche? Und was ist schon gut? Für den einen die Todesnachricht seiner Schwiegermutter, für seine Frau ist diese Nachricht eher nicht so gut und trotzdem hat sie ein Recht darauf zu wissen, dass sie zur Halbwaise geworden ist. Und was ist notwendig? Wenn wir uns nur noch Notwendiges erzählen, müssten wir doch den meisten Teil der Tages- und Nachtzeit verstummen.
Ich wage zu behaupten, dass, abgesehen vom enormen Zeitverlust, der beim Sieben entsteht, wenn wir uns an diese Regel halten, nicht nur unsre Sprache rasch verkümmern würde, sondern auch unsre sozialen Kontakte. Kein Small Talk mehr über was auch immer. Auf Partys würde man sich dann nur mehr an Cocktail-Gläsern festhalten und einander anschweigen. Und ein Gespräch unter Nachbarn würde nicht mehr so ablaufen:
„Wunderschönen guten Tag, Frau Baum! Schönes Wetter heute!“
„Grüß Sie, Herr Zeisl! Ja, sehr schönes Wetter.“
„So schön wie Sie!“
„Hihihiii! Sie sind ein Charmeur!“
„Darf ich Sie zu einem Kaffee bei mir einladen, meine Liebe?“
„Nein danke, aber ich bin leider sehr beschäftigt!“
„Na, dann wünsche ich Ihnen viel Spaß bei Ihrer Beschäftigung, Frau Baum!“
„Danke, werde ich sicher haben! Auf Wiedersehen, Herr Zeisl!“
Sondern eher so:
„Hallo, Frau Baum! Heute um 0Uhr18 hat die Polizei Herrn Plebs in der ehelichen Wohnung wegen häuslicher Gewalt verhaftet.“
„Oh, warum erzählen Sie mir so was Schreckliches, Herr Zeisl?“
„Damit Sie nicht vergebens um 20 Uhr auf ihn in der Tiefgarage warten, wo er normalerweise mit Ihnen im Auto den ehebrecherischen Geschlechtsakt vollzieht.“
„Huch! Woher wissen Sie denn das?“
„Ich stand meistens hinter einer Säule und beobachtete das Schauspiel, um mich daran zu ergötzen. Und nun, da er ja heute ausfällt, biete ich Ihnen in der Sache meine Dienste an!“
„WAAAS?“
„Ja, mein Glied ist auch viel länger, wir haben am 27.11. vorigen Jahres auf einer öffentlichen Toilette unsre Teile vermessen. Seines maß im nicht erigierten Zustand nur 13,4 cm und meines ganze 16,8 cm. Wenn ich onaniere,  bleibt es auch länger steif als seins mit Ihnen im Auto. Ich hab auf die Uhr gesehen!“
"Unverschämt! Warum sollte ich Ihnen eine Chance geben?"
"Weil eine Frau erst durch die Liebe schön wird! Unbefriedigte Frauen werden depressiv, laut einer Studie der Stanford-Universität vom 8.6.1998!"
„Mir kommt ein Verdacht! Haben SIE gar seiner Frau von unsren Treffen berichtet?“
„Ich verweigere die Aussage, denn dann komme ich vielleicht nicht zum Schuss bei Ihnen.“
Wollen wir wirklich nur mehr solche Gespräche?

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