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Montag, 28. Januar 2013

Mords-Zeugnis

Als Kommissar Rau von seinem Winterurlaub ins Büro zurückkehrte, erwartete ihn schon sein Assistent Jurek Bimski - kurz ‚Jumbi‘- mit einem neuen Mord: „Herzlich willkommen daheim, Chef! Wir haben eine männliche Leiche namens Guntbert Wartling, ein Personalchef, der in seinem Büro nach Dienstschluss gegen halb5 vor 2 Tagen erschlagen wurde. Keine Fingerabdrücke, keine Mordwaffe, keine Zeugen.“
„Vor 2 Tagen schon? Und hast du schon eine Spur?“ fragte Rau und sah sich den Akt an.
„Sicher, ich war ja nicht untätig. Also-“, machte er eine Kunstpause, bis ihn sein Chef ansah und fuhr fort: „er war äußerst unbeliebt, aber voriges Monat kündigte er 3 Angestellte und schrieb allen ein zwar schön formuliertes aber katastrophales Zeugnis aus – wie so oft üblich bei Personalisten, die haben ja ihren eigenen Jargon. Hier sind die Namen der Verdächtigen: Frau Pink, Herr Irsch und Herr Brak. Übrigens hab ich der Presse nicht erzählt, dass er mit nur einem Schlag eines stumpfen Gegenstandes aufs Haupt erledigt worden ist.“
„Gute Vorarbeit! Dann fang ich mal an: Ladies first.“ kündigte Rau an und fuhr sofort in den 2.Bezirk, wo er die Dame noch im Schlafrock antraf. „Schönen guten Morgen, Frau Pink!“
„Morgen!“ murmelte sie und ließ ihn nach Vorweis seiner Marke eintreten. „Sie kommen sicher wegen dem widerlichen Schmalzvogel, dem einer den Schnabel für immer gestopft hat.“
„Wenn Sie Ihren ehemaligen Personalchef meinen, ja.“
„Warum sollte sonst jemand von der Polizei eine Arbeitslose daheim besuchen? Dieses Aas hat mir meine Zukunft verbaut. Schauen Sie mich an, ich bin schon 39 und werde wohl nichts mehr finden. Schon gar nicht mit dem Zeugnis, das jeder Beschreibung spottet!“ schimpfte sie und bereitete sich in ihrer kleinen Küche einen Tee zu. „Und das außerdem falsch ist!“
„Was hat er denn reingeschrieben?“ erkundigte sich Rau und prüfte in Schwiegermutter-Manier, ob auf dem Küchenschrank Staub lag.
„Pfff! Sie war äußerst kommunikativ und gesellig. Was so lieb klingt, heißt auf deutsch: sie stand ständig beim Kaffeeautomaten, wo sie die andern Mitarbeiter mit Getratsche von der Arbeit abhielt. Ich war schon bei der AK, aber dort sagte man mir, man könne nix machen!“
„Das tut mir leid, aber ich muss Sie das jetzt fragen: wo waren Sie vor 2 Tage so gegen halb5?“ stellte er die Alibi-Frage und beobachtete ihre Reaktion.
Sie tauchte den Teebeutel heftig in ihre Tasse und verzog keine Miene: „Wo schon? Hier zu Hause, saß vorm Computer und hab wie eine Wilde Bewerbungen geschrieben. Zeugen hab ich leider keine. Außer Haus war ich nicht, weil es wie in Alaska schneite.“
„Das war’s fürs erste. Halten Sie sich aber weiter zur Verfügung.“ warnte Rau.
„Soll das ein Witz sein? Als ob ich die Stadt verlassen könnte. Geht doch laut AMS nicht!“
Rau prüfte mittels Anfrage beim Wetterdienst, ob es am Tat-Tag tatsächlich geschneit hatte, und fuhr dann weiter in den 8.Bezirk zu Herrn Brak. Dort öffnete niemand auf sein energisches Klopfen. Bis die Nachbarin neugierig den Kopf aus der Tür steckte und ihm mitteilte: „Falls Sie Herrn Brak suchen, der ist im Rudolfs-Spital. Er lässt sich die Gallensteine entfernen, die ihm sein ehemaliger Chef verursacht hat.“
„Vielen Dank, gnä‘ Frau!“ bedankte sich Rau und setzte seinen Weg zum nächsten Verdächtigen Herrn Irsch fort, welcher im 9.Bezirk wohnte.
Irsch öffnete die Tür und stand in einem verschwitzten roten Jogging-Anzug vor ihm. Scheinbar war er gerade von einer Runde Laufen heimgekommen. „Ah, Sie sind sicher gekommen, um mein Alibi zu prüfen, stimmt’s oder hab ich recht?“
„Ich habe Ihnen noch gar nicht meinen Dienstausweis gezeigt.“ wunderte sich Rau.
„Nicht nötig, so wie Sie sehen alle Kiberer aus.“ merkte er launig an und ließ ihn eintreten. „Also ich war wie immer sportlich unterwegs. Circa 50 Leute haben mich gesehen, doch ich kenne deren Namen nicht. Müssen Sie halt rumfragen!“
„Das werden wir tun. Was hielten Sie von Herrn Wartling?“
„Mieses Schwein! Hat gegen’s neunte Gebot verstoßen!“
„Du sollst nicht begehren deines Nächsten Weib?“ mutmaßte Rau, der sich in kirchlichen Dingen nicht so gut auskannte.
„Nein: du sollst kein falsches Zeugnis geben wider deinen Nächsten. Und das miese Schwein unterstellte mir, dass ich die weiblichen Mitarbeiter begrapscht haben soll. Blödsinn, jedenfalls hat sich keine beschwert.“
„Wie formulierte er es denn?“ fragte Rau neugierig auf eine neue Floskel, die er noch nicht kannte. Das Notizbuch wie immer bereit, sich alles zu notieren.
Irsch ließ sich müde auf einen abgewetzten Fauteuil fallen und zitierte: „Er hat sich stets mit großer Anteilnahme der persönlichen Angelegenheiten seiner Kollegen gewidmet. -So eine Sau! Dabei war ich nur höflich zu den Miezen!“
„Z-z-z!“ machte Rau scheinbar kritisch, doch wissend, dass die Anschuldigung wohl stimmte. In der Wohnung war es zwar aufgeräumt, doch lagen einige Sportgeräte, wie Hanteln und eine Springschnur herum. Der Mann schien seinen Körper für die Damenwelt zu stählen.
„Aber es kommt auf jeden der Tag. Er hat mir eine aufs Dach gegeben und hat dafür selber eine aufs Dach gekriegt. Im wahrsten Sinne des Wortes, hähähäää!“ lachte er und winkte Rau zum Abschied nonchalant zu, während er sich langsam aus seinem Anzug schälte.
Im Rudolfs-Spital besuchte Rau den frisch operierten Herrn Brak. „Wie geht es Ihnen nach Ihrer Gallenstein-OP?“
„Na schlecht natürlich. Kommen Sie mir jetzt nur nicht mit dem Mord an dem deppaten Personalmenschen daher. Der hat es ja richtig herausgefordert. Wissen Sie, was mir der ins Zeugnis geschrieben hat?“
„Leider nein, aber Sie werdens mir sicher gleich sagen.“ vermutete Rau und spitzte die Ohren.
„Er stand stets voll hinter der Firma. Wissen Sie was das bedeutet? Voll! Dass ich ein Säufer bin, so eine Frechheit. Dabei hab ich nur ein Glas Rotwein pro Tag in der Schreibtischlade stehen gehabt. Und einmal, wie der Teufel will, kam er in mein Büro, als ich grad am Pissoir war und öffnete die Lade, wobei das Glas umfiel und sich der köstliche Inhalt auf einige Unterlagen darin ergossen hat. Na und? Ist das ein Weltuntergang? Rotwein ist, wie jeder weiß, gesund für das Herz und die Arterien! Aber das wusste der Ignorant ja nicht. -Huch, ich darf mich ja gar nicht aufregen. Gehen Sie jetzt bitte, ich fühl mich wirklich schlecht, direkt hundsmiserabel.“
„Gute Besserung.“ verabschiedete sich Rau und fuhr zurück in sein eigenes Büro, wo Jumbi bereits auf ihn wartete.
„Und? Den Fall anhand der Befragung wieder mal gelöst?“
„Hmmm.“ machte Rau, sah sich seine Notizen an und gestand dann selbst überrascht: „Ja!“
WER WAR’S???

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