Letztens beschwerte sich eine Freundin bei
mir, dass simple Bewerbungsgespräche immer mehr zum Seelenstrip ala
Psycho-Onkel-Couchbesuch ausarten Die dort gestellten Fragen sind anmaßend („Finden
Sie Ihren Aufzug geeignet für eine Bewerbung bei unsrem Unternehmen?“) bis
orakelhaft („Wo sehen Sie sich in 10 Jahren“)- die typischen verbalen Blähungen eben. Sogar zu Beginn der
hochnotpeinlichen Befragung muss man schon aufpassen, bloß nix Falsches von sich
zu geben. Z.B. wurde sie vom Personalchef gefragt: „Stört es Sie, wenn ich
rauche?“ – Da sie eingefleischte Nichtraucherin ist, wollte sie schon „JA!“
brüllen, entschied sich aber um und erlaubte es ihm spontan mit gönnerhaftem
Wohlwollen: „Aber sicher, Sie sollen sich doch wohl fühlen, ganz wie daheim!
Sie müssen auch gar nicht nervös sein.“ Kaum ausgesprochen bereute sie ihre
Worte, denn die könnten ihr doch von ihm als Opportunismus ausgelegt werden,
als Mangel an Durchsetzungskraft. In so einer Situation ist man der Paranoia nahe. Im Internet kursieren jede Menge solcher
Beispiele der üblichen Personal-Fragen und deren optimaler Antworten. Sie hatte
sie alle brav auswendig gelernt und wunderte bzw. ärgerte sich, als der
Personalist, der sich genüsslich eine Zigarette anheizte, nun ganz anders mit
ihr sprach. Mit (scheinheiligem?) Lächeln fing er an: „Wir stellen nur fähige Leute ein
und Ihr Lebenslauf lässt darauf schließen, dass Sie dazu gehören!“ PAUSE Was
sollte sie jetzt sagen? Nur Beifall klatschen? Mögliche Antworten: „Ja!“ – „Sie sind ein sehr
intelligenter Mensch!“- „Sie waren mir gleich sympathisch, als ich Sie beim
Reinkommen sah!“- „Sie merken auch alles!“ – „Danke für die Blumen!“ – „Dabei
hab ich beim Schreiben noch untertrieben!“ – Während sie noch überlegte, welchen
dieser Kommentare sie abgeben sollte, fuhr er bereits munter fort: „Seit
mittlerweile einem Jahr führe ich schon diffizile Einstellungsgespräche und habe mich
noch nie bei meiner Auswahl geirrt!“ Scheinbar beweihräucherte er gerade
ausgiebig sein Können und lauerte nur auf Zuspruch. Anstatt sie anzuwerben, bewarb er nur seine eigene Größe. PAUSE Wieder kamen ihr
mehrere Sätze der Bestärkung seiner Meinung in den Sinn: „Ja, genauso sehen Sie auch aus!“ – „Was
hat die Firma aber auch für ein Glück, SIE zu haben!“ – „Auf weitere gute Jahre
Ihres Erfolges!“ – „Mit mir können Sie auch nicht falsch liegen!“ – "Ich werde Ihre kühnsten Erwartungen noch übertreffen!" - Doch schon
sprudelte weiter Eigenlob aus seiner Speiseöffnung: „Meine Arbeit ist die
schwierigste im Haus, denn wenn ich eine Mogelpackung einstelle, kann das womöglich
zu einem Rückgang der Produktivität führen.“ Automatisch nickte sie und dachte:
klar, wenn du Flitzpiepe die Falsche anheuerst, mischt die dir das ganze
männliche Personal auf, dass keiner mehr an die Arbeit denkt.
„Bei Ihnen sehe ich da gar keine Gefahr!“
stellte er mit wohlwollendem Blick fest, als hätte er ihre Gedanken gelesen und
blies ihr entspannt eine Rauchwolke ins
Gesicht.
„Ich bewundere Sie für Ihre gute
Menschenkenntnis!“ entschlüpfte ihr automatisch, während sie krampfhaft einen
Hustenanfall unterdrückte.
„Wann können Sie anfangen?“ Das war mal
eine Frage, die sie gern hörte. „Sofort!“ – „Oh! Sagen wir morgen!“ – „Einverstanden!“
lächelte sie selig und erzählte mir, dass es manchmal bei einem Personal-Verhör
zwischendurch besser sei, nur wissend zustimmend zu schweigen.
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