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Mittwoch, 27. Februar 2013

Wer früher stirbt


Da Mörder keine Pause machen, befinden sich unsre Helden wieder im Einsatz. Ein verdächtiger Todesfall wurde in einem privaten Altersheim im 19. Bezirk gemeldet.
„Wär’s ein Film, könnte sich der Ältere von uns dort als Insasse einschleusen und den Mörder in flagranti ertappen." scherzte Jurek Bimski, der damit natürlich seinen Chef Rau meinte.

„Sehr witzig, Jumbi, aber ehe ich mich in so ein Heim verfrachten lasse, spring ich lieber freiwillig mit Anlauf  in die Grube.“ parierte Kommissar Rau und stieg im Park des Heimes mit dem klingenden Namen ‚Wartezimmer zum Himmel‘ aus dem Dienstwagen. Schon eilte ihm eine Schwester entgegen. „Guten Tag! Wir sind von der Mordkommission.“
„Schönen guten Tag, naja, vielleicht ist es doch kein Mord gewesen. Möglich auch, dass sich Herr Michalek unfreiwillig ins Messer gestürzt hat.“ meinte die Schwester etwas atemlos.

„Sollen wir wieder gehen?“ fragte Jumbi mehr rhetorisch.
„Nein-nein, kommen Sie bitte so unauffällig wie möglich mit mir.“ forderte Schwester Ilse, wie auf ihrem Namensschild zu lesen stand. „Bei uns passiert gewöhnlich rein gar nix.“

„Erzählen Sie mir gleich etwas über diesen armen Herrn Michalek.“ forderte sie Rau auf.
„Ach, er lebte einfach so für sich hin. Ich bin auch erst seit 2 Wochen hier.“ erklärte sie auf dem Weg zum Zimmer des Toten. Jedenfalls lag er von vorne erstochen vor seinem Bett. Das Messer ragte aus seinem Brustraum wie ein verrutschtes Fieberthermometer. Er trug einen gestreiften Pyjama und ein Lächeln auf den Lippen.
„Scheint ja ein schöner Tod gewesen zu sein.“ meinte Jumbi und sah sich automatisch im Zimmer um, wobei er drauf achtete, seine Fingerabdrücke auf dem Nachttischchen zu vermeiden. In dessen Lade befanden sich einige Medikamenten-Packungen.

„Das sind alles vom Arzt verordnete Pillen.“ stellte Schwester Ilse fest. „Entschuldigen Sie mich, aber ich muss jetzt Herrn Orental baden.“
„Na, der hat’s aber gut.“ grinste Jumbi. „Da möchte ich glatt mit ihm tauschen.“

Ohne ein weiteres Wort entschwand sie und Rau tadelte Jumbi mit einem bösen Blick. „Wir sind rein dienstlich hier. Also lass deine Flirtversuche!“
„Keine falsche Verdächtigungen, ich war nur höflich. Soll ich gleich mit der Befragung der Insassen beginnen?“

„Gute Idee und ich ruf schon mal die Spurensicherung an, obwohl ich kaum glaube, dass sich auf dem Heft des Messers die Fingerprints vom Täter befinden.“ meinte Rau.
Gleich nebenan befand sich ein Zimmer, dessen Tür offen stand. Jumbi klopfte trotzdem an und eine weibliche Stimme rief „Herein!“. „Guten Tag, erschrecken Sie nicht, aber ich bin von der Mordkommission.“

„Warum sollte mich das erschrecken?“ sagte eine sehr fein gekleidete Dame, die Jumbi auf circa 80 Jahre schätzte. „Ich lebe schon so lange, dass mir nix Menschliches mehr fremd ist.“
„Ach, ich würde Mord eigentlich als etwas Unmenschliches bezeichnen.“ erläuterte er.
„Sooo? Wen hat es denn erwischt?“ fragte sie wenig beeindruckt.
„Ihren direkten Nachbarn, Herrn Michalek.“
„Ei, ei, ei, das ist aber ewig schade um den, denn wir hatten so viel Spaß zusammen.“
„Beim Bingo-Spielen?“ fragte Jumbi und guckte sich in dem geschmackvoll eingerichteten Zimmer um. Scheinbar durften sich die Heiminsassen ihre alten Möbel mitbringen.
„Seien Sie nicht albern. Wir hatten tollen Sex miteinander!“

Jumbi meinte sich verhört zu haben und machte große Augen.

„Jaja, Sie haben schon richtig verstanden. Wir hatten sogar mal eine Dame hier, die hat sich eine Perücke aufgesetzt und gab sich für Geld jedem hin, der ihre Dienste in Anspruch nehmen wollte.“
„Je oller, je doller.“ entschlüpfte Jumbi. „Und wann hatten Sie zuletzt äh-“

„Sex mit Michi? Gestern abends. Aber er war natürlich nicht mein einziger Liebhaber.“
„Sie könnten meine Uromi sein und reden so wie meine kleine Schwester. Haben Sie mit Herrn Orental auch Sex?“ fragte er, da er einen Eifersuchtsmord vermutete.

„NEiiin, der ist doch schon bettlägerig. Aber ich hatte mit noch einem andern Herrn Sex.“
„Zugleich?“ Jumbi konnte gar nicht glauben, was er da so erfuhr.

„Natürlich nicht. Ich bin doch keine 60 mehr. Da kommen 3er nimmer für mich infrage.“
„Tja, was soll ich sagen….Können Sie sich vorstellen, wer Herrn Michalek um das Vergnügen brachte, sich weiter mit Ihnen zu treffen?“ forschte er.

„Nein, aber der Fraß hier ist so entsetzlich, dass er vielleicht an Botulismus gestorben ist.“
Als Jumbi die Dame wieder verließ und auf Rau  traf, informierte er ihn über die lockeren Sitten hier. „Das ist das reinste Freudenhaus. Der Himmel auf Erden.“

„Ich sprach vorhin mit einem Herrn Rippl, der sich über die schlechten Mahlzeiten mehr erregte als über den Tod des Herrn Michaleks. Er meinte, dass es praktisch eine Erlösung sei schon gestorben zu sein, da man hier langsam vergiftet würde.
Da spazierte eine Dame mit einem Rollator über den Gang und tippte Jumbi auf die Schulter. „Sie erinnern mich an meinen Sohn. Der alte Depp ist schon 38 und will nicht heiraten.“
„Seh ich schon so alt aus?“ empörte der sich. „Sagen Sie mir lieber, was hier in diesem Altenheim so los ist.“
„Sodom und Gomorrha!“ kicherte die Alte und machte sich von dannen.

„Wenn ich noch lange hier bin, werde ich depressiv.“ ahnte Rau. „Die treiben‘s scheinbar sehr bunt. Wir fragen am besten mal in der Leitung dieser promisken Anstalt.“
Die Direktorin, Frau Zigmut, empfing die Herren von der Polizei und packte gleich einige Prospekte ihres Heimes aus. „Sehen sie nur, wie schön es bei uns ist.“
„Liebe Dame!“ begann Rau. „Wir wollen nicht hier einziehen.“
„Ja, aber vielleicht Ihre Verwandten. Sie haben doch Verwandtschaft.“
„Erinnern‘s mich nicht daran.“ wehrte er ab. „Zur Mordsache Michalek!“
„Bitte reden Sie nicht in dem Ton mit mir, ich bin doch keine Verbrecherin!“ protestierte sie.
„Entschuldigen Sie, aber mich interessiert nur, wer hier ein Messer in die Brust eines Bewohners gestochen hat. Haben Sie eine Ahnung, was in Ihrem Heim so vor sich geht?“
„Wenn Sie das Intimleben meiner Bewohner meinen, natürlich! Der Sexualtrieb hört doch nicht einfach so auf! Oder glauben Sie, wenn man alt und gesund ist, hat man den Wunsch, sich mit andern körperlich auszutauschen, einfach ad Akta gelegt?“
Jumbi ergriff das Wort: „Das sollte doch kein Vorwurf sein. Wir denken, dass Herr Michalek aus Eifersucht erstochen worden ist. Also, wer käme dafür infrage?“
„Jeder, der ein Messer halten kann, würde ich sagen.“ antwortete sie pikiert. „Aber ich spioniere doch meinen Patienten nicht nach! Ich passe nur auf, dass sie nicht so billiges Viagra aus dem Internet bestellen und sich damit in Lebensgefahr bringen.“

Von Frau Zigmut war kein weiterer Hinweis in Erfahrung mehr zu bringen und so mussten sich Rau und Jumbi wieder auf die Heimbewohner konzentrieren. Im Aufenthaltsraum trafen sie auf einen weiß gekleideten Herrn, den sie für einen Doktor hielten, obwohl er rauchte, was ein Doktor eigentlich als ungesund ablehnen müsste.
„Nein, ich bin kein Doktor, aber dieser Verdacht schmeichelt mir.“ antwortete er. „Ich heiße Rembek und wohne hier erst seit einem Monat. Die Behandlung ist hervorragend, aber das Essen zweitklassig.“ Er machte mit der rechten Hand eine wegwerfende Geste, während er mit der linken genüsslich an einer großen Zigarre zog.

„Ja, das hörte ich schon anderweitig.“ erinnerte sich Rau. „Haben Sie etwas Ungewöhnliches bemerkt? Es wurde nämlich Herr Michalek tot in seinem Zimmer aufgefunden.“
„Na, der hat’s nun hinter sich. War ein agiler Mann. Hätte keiner drauf gewettet, dass der so früh den Löffel abgibt.“ meinte er wenig überrascht. „Wissen Sie, die Pfleger haben hier so eine Art Todesspiel, das haben die sich aus einem dieser Dirty-Harry-Filme abgeguckt.“

„Nicht möglich, was man hier so alles für lustige Ablenkung hat.“ sagte Jumbi.
„Jeder schreibt eine Liste mit ein paar Namen auf, und der, der die meisten Todesfälle errät, hat gewonnen.“ berichtete Herr Rembek. „Momentan sind 500 Euro im Pott! Ich spiele übrigens auch mit!“
Aufgrund dieser interessanten Info begab sich Rau in den Personalraum, während Jumbi sich noch mit dem Küchenpersonal unterhielt: „Wie ich schon von einigen Einwohnern ihrer illustren Anstalt hörte, soll das Essen hier nicht gerade 5-Hauben-Niveau haben.“

Der Koch echauffierte sich: „Unverschämt, was erlauben Sie sich?“
„Eigentlich alles, ich bin sehr gut zu mir.“

„Das ist eine Frechheit, zu behaupten, mein Essen wäre ein Schlangenfraß, so wie es diese verwöhnten alten Lustgreise taten.“
„Vermissen Sie ein Messer?“

„Nein, mein Werkzeug hängt hier am Magnetband!“ sagte er stolz und deutete auf die Wand, an welcher sich ein Metallband mit zahlreichen scharfen Messern befand.
Rau verhörte gerade einen der Pfleger namens Jochen. „Also, was wissen Sie?“

„Nur, dass es hier sehr munter und laut zuging. Man hätte glatt einen Porno drehen können. Aber bisher starben eigentlich alle eines natürlichen Todes. Fragen Sie doch den Anstaltsarzt. Ein Doktor Steinfels.“
Der zweite Pfleger namens Ernst erzählte Rau etwas anderes: „Hier war rein gar nix los. Nur hin und wieder mal ein Herzinfarkt. Komisch nur, dass wir einen der Alten im falschen Zimmer auffanden. Aber das geht uns gar nix an, wenn die die Betten tauschen.“

Rau fragte sich, ob Ernst absichtlich die Augen vor der hier ablaufenden Unzucht verschloss oder ob er wirklich keine Ahnung von den nächtlichen Aktivitäten der Insassen hatte. „Und wo ist Dr. Steinfels?“
„Der hat doch seine eigene Praxis und kommt nur jeden 2.Tag zu uns. Wenn einer eine Spritze braucht, dann haut ihm die Frau Zigmut eine in die Venen  rein.“

Rau schüttelte nur den Kopf über diese Zustände, zumal es sich doch um ein privates Heim handelte. Da tauchte Jumbi auf, der eine dieser Todeslisten aufgetrieben hatte. „Hier, die hing gut sichtbar unten neben den Waschräumen. Oben steht der Name des Bewohners, der mit einer Ansichtskarte aus Solingen bedacht wurde und als nächster steht hier ein Herr Orental. Wenn der arme mal nicht gerade ersäuft wird.“
Auf der Suche nach Herrn Orental begegnete ihnen wieder Schwester Ilse. „Herr Orental liegt schon wieder brav in seinem Bettchen auf Zimmer13.“

„Auch das noch!“ schnaufte Rau. „Eine Unglückszahl!“
In Zimmer13 lag Herr Orental in tiefem Schlummer. Jumbi guckte neugierig in seine Nachttischlade und fand die berühmten blauen Pillen. „Da sag noch einer, dass Frau Zigmut nicht großzügig ist. Hat sicher die Pillen verschrieben, damit der arme Orental nicht auf Billigzeug aus’m Internet angewiesen ist.“
„Nein, ich fürchte, dass ihn jemand mit den Pillen ins Jenseits befördern will, damit er seine 500 Euro gewinnt.“ vermutete Rau und besah sich die Liste näher. „Der Schrift nach ein Linkshänder. Ich weiß, wer hier alles mit links erledigt.“

WER?
 

 

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