Letztens erzählte mir eine Nachbarin
von einem Stresstest, bei dem sie sich Punkte für ihre jeweiligen Aktivitäten
geben musste, um ihre Depressionsgefährdung zu erfahren. Je mehr Punkte, desto
mehr ist die Gesundheit gefährdet. Wie zum Beispiel beim Tod des Partners die
volle Punktezahl von 100 fällig ist, ist bei einer geringfügigen
Gesetzesübertretung nur ein Bruchteil davon, also 11 Punkte zu berechnen. Ärger
mit angeheirateten Verwandten sind mit 29 Punkten zu bewerten, außergewöhnliche
persönliche Erfolge mit 28. Obwohl sie nicht wusste, ob man die guten Punkte
von den schlechten abziehen soll, oder ob man alles addieren soll. Naja, es
gibt ja auch positiven Stress. Schon mancher Lotto-Gewinner hat einen
Herzinfarkt bekommen, als er von seinem Glück erfuhr. Nun gestand sie mir, dass
sie auf circa 576 Punkte kam. Ich wagte nicht zu fragen, über welchen Zeitraum.
Denn wenn der Partner schon seit einem Jahr tot ist, hätte sie doch einige von
den 100 Punkten abziehen müssen. Oder wenn er ein schlechter Partner war, hätte
sie doch nur einen Punkt verrechnen müssen. Wie kam sie überhaupt auf so einen
horrenden Wert? Hat sie täglich oder gar stündlich die Gesetze übertreten? Bei
mir ist das nur sonntags beim Zeitungsstehlen der Fall. Also bei 4 Zeitungen
wären das 44 Punkte/Woche, und außergewöhnliche Erfolge hab ich leider nicht.
Wieviel Punkte kann ich mir für das Ausbleiben solcher ersehnten Erfolge geben?
Fragen über Fragen.
So ein Punkte-System ist überhaupt
fraglich. Eine Freundin erzählte mir mal, dass sie bei der Eheberatung gewesen
sei und dort ein Punktesystem für das reibungslose Zusammenleben mit ihrem
Alten erfahren hätte. Da sind Gutpunkte fällig, wenn man im Haushalt etwas
erledigt und so weiter. Dann staunten beide, als für das Müllentsorgen dieselbe
Zahl von Gutpunkten aufschien, wie für das Versorgen der Kinder. Was sollte das
heißen? Dass man Kinder einfach in einen
Kübel stopft? Was meinen die überhaupt mit Versorgen? Das stand nämlich nicht
in der Tabelle. Die Kinder zu McDonalds führen und sich in der Warte-Schlange
streiten oder daheim herumpantschen und sich die Quengelei der eigenen Brut über
die mangelnden Kochkünste anhören? Jede Menge weiteres Streitpotential. Aber
die Kommunikation hatte sich danach deutlich gesteigert, denn es gibt ja
genügend Lesarten jeder Tätigkeit. Müllentsorgen kann man beispielsweise, indem
man den Müllsack einfach aus dem Fenster in den Lichthof wirft oder indem man
alles genau teilt, wie z.B. die Folie vom Joghurt-Becher und den Stöpsel von
der Weinflasche usw. Die veränderte Häufigkeit der Auseinandersetzungen mit dem
Ehepartner kommt dann auf 35 Punkte. - Jedenfalls hat sie dann doch die
Scheidung eingereicht- punktum-, weil sie das ewige Herumrechnen nervte. Das wären laut
Stresstabelle übrigens 73 Punkte. Die Trennung vom Ehepartner beläuft sich
wiederum auf nur 65 Punkte- hieße das, dass der Scheidungs-Anwalt die Summe um
8 Punkte hochtreibt? Und wie viele Punkte sind dann fällig, wenn man endlich seine
Ruhe hat??? - Aber so lang man nicht auf einer einsamen Insel lebt, wird wohl immer ein Stress-Verursacher in der Nähe sein, der bei einem punkten kann...
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