Ein neuer Mordfall führt
Kommissar Rau und seinen Assistenten Jumbi in den 22. Bezirk. In einer ziemlich
wüsten Wohnung liegt ein alter toter Herr ausgestreckt am Boden in der Küche. Matz, der Gerichtsmediziner,
informiert die beiden Neuankömmlinge über den momentanen Stand der traurigen
Dinge: „Ziemlich sicher vergiftet. Womit kann ich erst nach der Obduktion sagen.
Der Postler hat ihn gefunden. Denn der musste täglich irgendetwas, das der Tote immer
bestellt hatte, in den 4. Stock rauftragen. Außerdem wusste er, dass Herr
Gribus, so der Name unsres Klienten, im ganzen Haus verhasst war.“
„Sicher ein Messi, so wie es hier
aussieht.“ mutmaßte Jumbi, der sich einige zerknüllte Briefe aus dem Papierkorb
krallte und sie überflog.
„Negativ!“ klärte ihn Matz auf. „Herr
Gribus war Erfinder und hat sich mit seinen Geniestreichen bei seinen Nachbarn
äußerst unbeliebt gemacht, wie der Postler wusste.“
„Nicht nur bei den Nachbarn.
Dieser Brief ist vom E-Werk. Da steht: Werter Herr Gribus! Bei der 10stelligen
Nummer, von der Sie annahmen, dass sie ein Hinweis darauf ist, dass wir Ihre Erfindung - wie immer die
auch geartet sein soll - gestohlen haben, handelt es sich nur um die
Ordnungszahl Ihrer Nachtstrom-Anlage. Wir ersuchen Sie daher, uns nicht mehr in
dieser Angelegenheit falsch zu verdächtigen. Mit freundlichen Grüßen….Das muss ja ein
Wirrkopf gewesen sein.“
„Schlimm! Trotzdem glaube ich,
dass der Mörder in seiner Nähe zu suchen ist. Viel Glück dabei! Das Haus hat
noch 14 Parteien.“ verabschiedete sich Matz.
„Auch das noch!“ schnaufte Rau. „Am
besten, wir teilen uns die Verdächtigen. Du nimmst die oberen beiden
Stockwerke, ich die unteren.“
So klingelte Jumbi also gleich
bei dem direkten Nachbarn, Herrn Flögl, und fiel faktisch mit der Tür ins Haus:
„Tag, Ihr Nachbar ist vergiftet worden und-“
„Na endlich eine gute Nachricht!
Endlich ist Ruhe mit diesen blödsinnigen Erfindungen.“
„Ich finde diesen Jubel
unangebracht, denn der bringt Sie doch sofort in Verdacht!“ warnte Jumbi. „Was
hat er Ihnen denn getan?“
„Kommen Sie mit!“ forderte ihn
Flögl auf und zeigte ihm einige dunkle Schimmelflecken auf seinem Plafond. „Bitte
sehr! Würden Sie sich freuen, wenn in ihre Wohnung Regenwasser läuft, nur weil
Ihr Nachbar, das verkannte Genie, ein Flak-Geschütz auf den Kamin am Dach
gepfropft hat?“
„Ach… und zu welchem Zweck?“
fragte Jumbi und begutachtete den schon entstandenen Schaden. „Doch nicht aus Angst
vorm nächsten Weltkrieg?“
„Aber nein, als
Anti-Tauben-Kot-Schutz!“ zischte Flögl. „Das Ding schießt immer, wenn sich eine
Taube nähert, einige Kugeln gepressten Korks auf die fliegenden Ratten. Leider
ist es so von dem alten Daniel Düsentrieb installiert, dass rundherum das
Wasser bei Regenfall eindringen kann. Wer immer den abgeschafft hat, verdient
einen Orden!“
Kommissar Rau sprach zur gleichen
Zeit im zweiten Stock mit einer Frau Wigl, die ihn aber kaum zu Wort kommen
ließ. Und wenn sie einmal eine Atempause machte, zwitscherte ihr Kanarienvogel.
„Na Gott-sei-Dank ist der Spuk jetzt vorbei! Dieser Mensch war so eine Plage.
Was der unserem Haus alles angetan hat. Zuletzt hat er im Keller eine
Wiederaufbereitungsanlage für Asche installiert. Das Ding ist so konstruiert,
dass man nur Asche einfüllen muss und dann macht das Trum zwei Stunden einen
Wirbel, dass man glaubt, alle Furien der Hölle sind los. Und letztendlich
kommen dann einige Daumennagel-große Stückchen Holz heraus.“
„Und dafür hat er sich wohl den
Nobel-Preis erwartet.“ schätzte Rau.
„Den unnoblen Preis für Idiotie
hätte der verdient. Tsiss, einmal hat er doch tatsächlich eine nützliche
Erfindung geschafft: das Fax-Gerät. Es ist ihm leider entgangen, dass es längst
existierte. Aber jetzt ist er ja schon in den Himmel gekommen, obwohl, so wie
der uns alle nervte, schmort er doch in der Hölle!“
„Sie hätten doch ausziehen
können.“ meinte Rau.
„WIE BITTE? WISSEN SIE DENN, WAS
LOS IST AM WOHUNGSMARKT???“
Rau flüchtete regelrecht zu der
nächsten Partei, die gleich nebenan wohnte, eine Frau Lakl, die gerade beim
Kochen war. „Natürlich ging er mir auch auf die Nerven, aber er war zweifellos
ein Genie. Denn er konnte nix dafür, dass er nur Schrott erfand. Zum Beispiel
seine selbstreinigenden Fenster, die er persönlich unter großem Lärmaufwand
über Wochen in den Gängen einsetzte, erwiesen sich zwar als sauber, aber leider
wurden sie dann aufgrund der Säure, die er in die Rahmen eingearbeitet hatte,
undurchsichtig. Wie Milchglas. Aber sauber waren sie schon.“ betonte sie,
während sie in einigen Töpfen rumrührte, worauf ein Geruch nach verbrannter Eierspeise aufstieg.
Jumbi befand sich eben im 3.
Stock, wo er einen Herrn Triga zum Mord befragte und auch einiges über die
Künste des toten Erfinders erfuhr. „Jaja, der Gribus, der war ein echtes
Original. Leider ein unbrauchbares. Mir hat er diesen Parkettboden im
Schlafzimmer verlegt. Gehen Sie mal ein paar Schritte.“ - Als Jumbi auf das
Parkett trat, begann der ganze Boden zu schwingen, als stünde man auf einer
aufgespannten weichen Wolldecke. „Da staunen Sie, was? Ja, er meinte, ich würde
dann das Gefühl haben, als ginge ich auf Wolken.“
Rau interviewte im Erdgeschoß
einen Herrn Gager, der allerdings immer vom Thema abkam. „Gestern stand in der
Zeitung, dass ein Deutscher ins All fliegen will. Weil er so schlechte Augen
hatte, konnte er nicht Berufspilot werden und wurde stattdessen Zahnarzt. Was
sagen Sie dazu?“
„Nichts, denn darum geht es gar
nicht. Es geht um Ihren Nachbarn Herrn-“
„Na hören Sie mal, wer schlechte
Augen hat, kann Zahnarzt werden? Zu blind, um in der Luft rumzufliegen, aber in
meinen Zähnen darf er rumbohren? Das ist doch eine Frechheit.“
„Eine Frechheit ist, dass Herr
Gribus ermordet wurde.“ beharrte Rau.
„Ja, der war auch so ein Fall. Zu
untalentiert, um eine gute Erfindung zu machen, aber talentiert genug, um mit
einigen schlechten ins Buch der Rekorde einzugehen. Für den automatischen
Fingernagelabschneider bekam er den Eintrag für den gefährlichsten alltäglichen
Gebrauchsgegenstand: man steckt die Hand in den Apparat, dann kommt sie wieder
raus mit abgeschnittenen Fingern, weil die ja ungleich lang sind- vorher
zumindest. Und die Fingernägel können dann auch nicht mehr wachsen. Super!“
„Herr Gager, ich will wissen, wer
Herrn Gribus auf dem Gewissen hat, nicht, welche unbrauchbaren Werke er schuf.“
erinnerte Rau.
„Was weiß ich, vielleicht hat er
ja etwas erfunden, was ihm selbst den Garaus gemacht hat, einen Erfinder-Verschwinder, hahahaaa!“ lachte er
irre.
Jumbi wurde von einer der
Nachbarinnen für einen Hausierer gehalten und rüde abgewiesen: „Gehen Sie zum
Teufel!“
„Der schickt mich zu Ihnen, Frau
Gellert. Ihr Nachbar, Herr Gribus aus dem letzten Stock, wurde ermordet.“
„Ach sooo, dann kommen Sie doch
rein, mein Lieber. Für so gute Neuigkeiten spendier ich Ihnen einen Cognac.
Ach, Sie sind ja im Dienst. Dann nicht, jedenfalls kann mir nun dieser Erfinder
nicht mehr auf den Geist gehen. Zuletzt wollte er mir eine Anti-Hausierer-Tür
montieren. Glücklicherweise war ich ja schon durch andre Nachbarn gewarnt,
denen er üble Streiche gespielt hatte. Die Tür hatte nämlich einen Mechanismus,
der beim Anklopfen den Besucher, egal wer es auch sei, zuerst mal einen Stock
tiefer fallen ließe. Eine Art Falltür, verstehen Sie?“
Rau klopfte im gleichen
Augenblick bei der Hausmeisterin, die gerade am Putzen ihrer Wohnung war. Ihr
Gatte öffnete ihm und stöhnte: „Schlimmer als der Putzfimmel im Frühjahr ist
nur der Verlust von meinem Haupthaar.“
„Schon vernommen, was mit Herrn
Gribus passiert ist?“ fragte Rau.
„Natürlich, Ihre Kollegen von der
Spurensicherung waren ja nicht unsichtbar. Und vorhin wurde ein Sarg
rausgetragen, der Arme tut mir ja so leid.“ versicherte der Hausmeister.
„Sie sind der erste, der gut über
ihn spricht.“ erkannte Rau.
„Tja, was soll ich Böses über
einen Gehirn-Kranken sagen? - Fragen Sie doch alles weitere meine Frau!“ - "Ja, wenn Sie mich fragen-" begann seine Gattin, "muss ich sagen: eigentlich macht Not erfinderisch. Aber bei uns wohnte einer, der verursachte die Not mit seinen Erfindungen erst!"
Nach 3 Stunden trafen sich Jumbi
und Rau wieder und erzählten sich von ihren Verhören, ohne auch nur einen
Schritt weiter gekommen zu sein. Da erreichte Rau ein Anruf auf seinem Handy:
Matz hatte das Gift aus dem Blut des Opfers herauskristallisieren können. Es
handelte sich um ein Mittel, mit dem man Vögel entwurmen konnte. „Ich glaub,
ich kenne jemanden, der dieses Mittel auch im eigenen Heim verwendet hat.“
verkündete Rau.
WEN?
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