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Mittwoch, 6. Februar 2013

Katastrophales Karma

Kommissar Rau steckte im Stau der Wiener Rush Hour. Halb5 und alle wollen heim, aber keiner zu Fuß. Über die Freisprechanlage vermittelte ihm sein Assistent Jumbi, alias Jurek Bimski, der sich bereits am Tatort im 19. Bezirk befand, die Fakten zum Mord: „Die erstochene Dame wohnte passenderweise in der Sternwartestraße, sie war eine Astro-Seherin. Das heißt sie erstellte Horoskope und-“
„Sah auch in die Zukunft.“ setzte Rau fort, dessen Fahrzeug nunmehr ein Stehzeug war.
„Nein, sie sah in die Vergangenheit, denn sie hatte sich auf Rückführung spezialisiert.“ erläuterte Jumbi, der mit Handschuhen auf den Computer der Toten einhämmerte, nachdem die Spurensicherung festgestellt hatte, dass sich darauf nur die Fingerabdrücke einer Person, vermutlich also ihre, befanden. „Du glaubst es nicht, was sich damit verdienen lässt. Sie hatte 666 Kunden in ihrer Datei.“
„Oje, die Zahl des Teufels.“ wusste Rau, der sich mit seinem Auto nur zentimeterweise auf dem Ring fortbewegte. „Wie viele empfing sie heute?“
„5! Von 8Uhr 30 im 2-Stunden-Takt. Die Letzte, eine alte Dame, die um 16 Uhr 30 bestellt war, fand die Wohnungstür nur angelehnt, die Seherin unter einer Heizdecke und alarmierte uns. Die Tote hieß Leila Lejeune – sprich Löschönn – und wurde mit 5 Stichen ermordet. Vermutlich der erste ging gleich ins Herz, denn die andern 4 sind sternförmig ausgeführt, sodass sich ein Pentagramm ergibt, wenn man sie miteinander verbindet.“
„Okkultismus lässt grüßen. Da könnte das Motiv liegen.“
„Klar, einer der heutigen Kunden ist draufgekommen, verarscht worden zu sein. Die hatte nämlich nur 5 Varianten der Inkarnation eines früheren Lebens. Und zwar: 1. Staatsoberhaupt, also König, Kaiser, usw, 2. Krieger, also General, Feldmarschall, 3. Enger Verwandter des Kunden, also Vater oder Mutter,-“
„Verstehe, ich sah mal in der Talkshow von Hans Meiser eine Frau, die von ihrem Geliebten nicht loskam, da erzählte ihr so ein Scharlatan, sie wäre in einem früheren Leben seine Mutter gewesen. Und Hans Meiser fragte sie: Haben Sie ihm dann gesagt: mein Sohn, ich bin es?“
„Genau!“ fuhr Jumbi fort. „4. Opfer, also Sklave oder Galeerensträfling, der rebelliert hatte, und 5. Krösus, also ein rücksichtsloser Reicher, wie Großgrundbesitzer und Plantagenbetreiber. So erklärte sie schlüssig, warum es den Leuten heute eher schlecht geht. Genial und sehr einträglich.“
„Jaja, aber was ist mit ihren heutigen Kunden?“ forschte Rau, der schon rasch mit seiner Befragung der Verdächtigen beginnen wollte.
„Einer heißt Leo Loki und wohnt in der Landesgerichtsstraße 13.“
„Sehr gut!“ freute sich Rau und bog mit dem Wagen vom Ring ab. „Den nehm ich mir gleich vor und wer weiß, vielleicht zieht er bald ins Graue Haus in seiner Nähe.“
Herr Loki hörte sich erstaunt die Mitteilung vom Tode seiner spirituellen Beraterin an und bot Rau Platz in seiner feudal eingerichteten Wohnung an. „Das sind ja entsetzliche Neuigkeiten. Schade, dass ich meinen Termin um 14 Uhr 30 absagen musste, aber ich fühlte mich leider nicht wohl.“ Etwas theatralisch griff er sich an den Brustkorb, wo er sein Herz vermutete und trank einen Schluck aus seinem Cognac-Schwenker. „Möchten Sie auch einen?“ Auf Raus Kopfschütteln fuhr er fort. „Tja, also ich erfuhr durch sie, dass ich früher Pharao Ramses der II war und darum mit allen möglichen Leuten Schwierigkeiten habe, weil das vermutlich meine früheren Untergebenen waren, aber um es zu beweisen, müssten die auch einer Rückführung bei ihr zustimmen.“
„Was die natürlich nicht taten.“ mutmaßte Rau völlig zu recht.
„Exakt. Ich habe wirklich absolut keinen Grund, sie ins Jenseits zu befördern, denn dann würde ich mir doch mein Karma für zukünftige Inkarnationen ruinieren.“
„Sicher, sagen Sie mir trotzdem, ob es für die Zeit der Konsultation, die sie ausgelassen haben, Zeugen gibt.“ schlug Rau vor.
„Leider nicht. Ich konnte mir nur als ehemaliger Pharao einen Hofstaat leisten.“
Rau erhob sich, als ihm seine Lendenwirbelsäule deutlich Zeichen einer Abnützung gab und sein Gesicht sich vor Schmerz leicht verzog.
„Naaa, zwackt das Zipperlein?“ spottete Loki. „Da fällt mir ein Zitat aus ‚Stirb langsam‘ ein: Auf was reagiert der Metalldetektor bei Ihnen: auf das Blei im Arsch oder das Blech im Kopf? Hahahaaa!“
Rau überlegte ob er ihm sagen sollte: Sind Sie heut früh schon als Arschloch aufgewacht, oder haben Sie den ganzen Tag überlegt, wie Sie mich beleidigen können? – aber er ließ es und fuhr weiter Richtung Tatort.
Jumbi meldete sich telefonisch wieder: „Die erste Kundin, ebenfalls eine alte Dame, hat auch ihren Termin abgesagt. Sie ließ sich lieber ihre Frostbeulen operieren."
"Ach? Ohne vorher zu fragen wie die OP ausgehen wird?"
"Wie denn, wenn die Seherin nur in die Vergangenheit gucken kann. Du hast also nur mehr 2 Verdächtige. Der nächste auf der Kundenliste ist ein gewisser Albert Fleck und wohnt ihn der Operngasse 4.“
Herr Fleck gab gerade einen kleinen Umtrunk in seiner großen stylischen Wohnung und bat Rau in die Küche, wo eine weitere Platte von Brötchen für seine 6 Gäste bereit stand. „Wie schrecklich, von einem bestialischen Mord einer so lieben Person zu hören. Sind Sie hungrig?“ Dabei deutete er ihm zuzugreifen.
„Nein danke, -aber mich interessiert, wo Sie vor 4 bis 5 Stunden waren.“
„Na hier, ich musste doch alles für meine lieben Gäste vorbereiten. Darum hab ich kurzerhand meinen Termin um 12 Uhr 30 abgesagt. Wissen Sie, wie Frau Lejeune früher hieß? Eva Wutzerl. Kein schöner Name, was? Sie hat deswegen eine Änderung beantragt. Vielleicht hilft Ihnen das ja weiter.“
„Ja, möglicherweise. Aber was hat Sie Ihnen erzählt von einem früheren Leben?“ erkundigte sich Rau neugierig.
„Leider habe ich eine sehr schmutzige Scheidung hinter mir und Frau Wutzerl, pardon, Frau Lejeune eröffnete mir, dass meine abtrünnige Ehegattin frühermal meine vernachlässigte Tochter war.“
„Das erklärt natürlich, warum sich die Geschiedene an Ihnen schadlos halten wollte.“ erkannte Rau grinsend, während er sich alles notierte.
„Jawoll, schlimm, wenn alle einen aussaugen wie die Geier.“ murmelte er und griff beherzt zu einem Brötchen. „Aber es blieb mir ja genug Geld über.“
Die Letzte auf der Liste war eine Frau namens Katherina Burg, die auch im 19. wohnte, in der Höhenstraße 24 auf Untermiete bei ihrer Tochter. Sie zeigte sich ob der Todesnachricht empört. „Nein so etwas, und ich habe doch noch einen Termin bei ihr gehabt, aber leider ganz darauf vergessen, um 10 Uhr 30 auch hinzugehen. Wissen Sie, ich war früher eine reiche Dame, die immer ihr Personal schikaniert hat und darum bin ich unter anderem mit Vergesslichkeit gestraft.“
„Aber Sie würden nicht etwa vergessen haben, Ihre Sterndeuterin gekillt zu haben?“ scherzte Rau.
„Unerhört! Ich verbitte mir Ihre Unverschämtheiten. Sie waren früher sicher mal ein mieser Steuereintreiber, der mir schon damals auf den Wecker gegangen ist. Verlassen Sie mein Haus!“
„Sie meinen das Haus Ihrer Tochter?“ erinnerte sie Rau.
„Ach, die kommt auch noch dran!“ stellte sie verbissenen Gesichtsausdrucks fest.
„Was soll das heißen?“
„Nur, dass das Schicksal jede Ungerechtigkeit bestraft!“ flüsterte sie, als wäre das ein gut gehütetes Geheimnis.
Endlich in der Wohnung des Opfers angekommen, sah sich Rau um und Jumbi klickte sich immer noch durch den Computer. „Hat sich einer verdächtig gemacht?“ fragte er und, ohne die Antwort abzuwarten, rief er aus: „Da im Kalender für heute steht sogar noch: Achtung! Der Vater zürnt mir schon, weil er seinem Geld nachtrauert.“
„Den Himmelvater kann sie ja wohl nicht meinen.“ murmelte Rau und guckte in seine Notizen, wobei ihm ein Licht aufging. „Ach soo, den meint sie.“
WER WAR ES?

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