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Freitag, 29. März 2013

Die Stimme des Todes

Der eifrige Kriminalassistent Jumbi ist gerade mit dem Aufkleben der neuen Tatort-Fotos beschäftigt, als sein Chef bei der Tür hereinstürmt. „Uff, endlich daheim!“
„Aber Chef! War’s auf dem Kreuzfahrtschiff nicht schön?“
„Schön aber langweilig!“ beantwortete Rau die Frage und ließ sich auf seinen Sessel fallen. „Furchtbar öde! Außer einem Mordversuch war praktisch nichts los. Und immer nur essen. Essen ist der Sex des Alters. Viele haben sich gleich 3mal zum Frühstück angestellt. Einmal um 7 Uhr einmal um 9 und einmal um 11! Ich natürlich auch und daher hab ich glatt 5 Kilos zugelegt.“
„Sieht man gar nicht!“ log Jumbi und klebte weiter. Die Fotos zeigten eine brutale Szene. Eine Frau lag ausgestreckt in ihrem Blut.
„Jedenfalls hab ich nach einer Mast-Woche abgebrochen und bin per Flugzeug heim. Wenn man bedenkt, dass alle Erfindungen hauptsächlich zwecks Zeitersparnis gemacht wurden…. Was man an Zeit beim Flug spart, verliert man bei den Sicherheitskontrollen.“ erzählte Rau und atmete tief durch.
„Besser als von Terroristen mit Taschenmessern aufgeschlitzt zu werden.“
„Was haben wir denn da für einen Fall?“ erkundigte sich Rau und stand auf, um die Bilder näher in Augenschein nehmen zu können.
„Gestern um kurz nach 17 Uhr wurde die 42jährige Martha Quadrata in ihrem Tonstudio regelrecht hingemetzelt. Der Gerichtsmediziner, unser lieber Freund Matz, schätzt die Tatwaffe auf circa 27cm lang. Entweder ein an der Spitze schon abgestumpftes Messer oder ein Schraubenzieher ist der armen Frau mit aller Wucht mehrmals in den Oberkörper reingerammt worden.“ klärte Jumbi seinen Chef auf.
"Und? Hast du schon einen Verdacht?“
„Tja, ich hab mir die letzten Anrufe auf dem AB angehört. Von 17 Bewerbungen als neue Stimme für das kommende Weihnachtshörspiel sind auch 3 Drohungen drauf. Aber Hunde, die bellen, beißen ja nicht.“
„Pah!“ machte Rau. „Diesem dummen Spruch verdankte ich 4 Tollwut-Spritzen in den Bauch! Lass hören!“
Jumbi schaltete ein und eine brummige männliche Stimme erscholl: Sie untalentiertes Kretin! Wie können Sie’s wagen, meine Stimme als ungeeignet für das Krippenspiel zu beanstanden? Ich bin die ideale Stimme für den Herodes Antipas, Sie Anti-Talent!
„Tsiss, glaubt der tatsächlich, die überlegt es sich, bei dem Ton?“ wunderte sich Jumbi. „Ein gewisser Gerd Blech aus Favoriten war das, laut ihren Notizen hier in diesem Katalog.“
„Jetzt kann sie es sich ja nicht mehr überlegen. Und die andern beiden?“
Eine hohe weibliche Stimme meldete sich auf dem AB: Hallo Frau Quadrata! Sie können bald Ihren Laden dicht machen oder schon mal Ihre Beerdigung in Auftrag geben, wenn Sie nichtmal erkennen, dass ich die perfekte Mutter Gottes bin!“ dann folgte wieder eine männliche Fistelstimme: Sie aufgeblasene Person! Glauben Sie wirklich, dass ich auf Sie angewiesen bin? Bei Ihnen ist doch eine Schraube locker, wenn Sie meine Stimme als nur für den Stall-Esel geeignet empfinden!
Jumbi schlug eine Seite im Katalog um und erläuterte: „Die Dame heißt Nadja Pip, wohnt in Wieden und der Herr ist Artur Wex aus Döbling.“
„Schön, dann fahre ich mal zu Herrn Blech und du nimmst dir Herrn Wex vor und in 2 Stunden treffen wir uns bei Frau Pip.“ schlug Rau vor.
Herr Blech wohnte in einem heruntergekommenen Gemeindebau und stritt bei Rau’s Ankunft eben mit seinem Nachbarn. „Was wissen Sie schon, Sie Banause! Ich muss meine Stimme trainieren. Dazu gehört nun mal, dass ich schon morgens um 7 laut Halleluja singe!“
„Dann lassen Sie sich ihre Wohnung schalldicht machen!“ schrie ihn der Nachbar an und knallte ihm vor der Nase die Tür zu.
"Entschuldigen Sie, Herr Blech, aber ich komme in einer ernsten Angelegenheit zu Ihnen!“ begrüßte ihn Rau.
„Wenn Sie mich auch verklagen wollen, müssen Sie sich hinten anstellen.“
„Es geht um Frau Quadrata.“
„So? Also, ach, kommen Sie rein!“ ließ er den Kommissar eintreten und ging ihm voraus ins Wohnzimmer. „Hat Sie es sich anders überlegt?“
„Bedaure, aber sie ist mausetot!“ eröffnete ihm Rau.
„Geschieht ihr recht, wenn die auch so mit ihren Talenten umspringt. Hat sie sehr gelitten?“ Ein Lächeln umspielte seine wulstigen Lippen.
„Anzunehmen, wo waren Sie gestern nachmittags?“ forschte Rau.
„Na hier und habe lautstark geübt. Fragen Sie meine belämmerten Nachbarn, die haben meine Stimmübungen immer mit lautem Pochen gegen die ohnehin schon ramponierte Wand begleitet.“ behauptete Blech.
"Werde ich tun, obwohl, es könnte doch auch sein, dass Sie ein Tonband haben laufen lassen.“ meinte Rau und sah sich die Anlage von Blech an.
„Ja, das könnte sein, aber es war nicht so!“ antwortete dieser knapp und sah den Kommissar herausfordernd an. „Beweisen Sie mir doch das Gegenteil!“
Jumbi sprach eben mit Wex in dessen Villa in Döbling. „Tolles Haus! Haben Sie das mit Ihrer Stimme verdient?“
„Kaum mein Lieber, denn man gab mir nur selten eine Chance mein wunderbares Organ auch in der Kunst zu Worte kommen zu lassen. Es war vielmehr eine Erbschaft, die mir diese komfortable Wohnmöglichkeit verschaffte.“ gestand Wex. „Wollen Sie einige Kostproben meiner Stimme-“
„Nein, vielen Dank, ich will Ihre Stimme nur hören, indem Sie mir beantworten, wo Sie gestern so zwischen 16 und 17 Uhr gewesen sind!“ wehrte Jumbi ab.
„Naja, da war ich unterwegs. Ich suche nämlich einen Künstler-Agenten.“
„Aha, und wohin führte Sie diese Suche?“ forschte Jumbi weiter.
"Naja, leider in die Nähe von dem Tonstudio der hingemeuchelten Dame, deren Tod Sie nun aufzuklären haben, Sie Armer. Leider kann ich keine Zeugen dafür aufbringen, es nicht gewesen zu sein. Naja, aber das muss ich ja auch nicht. Sie müssen mir Zeugen bringen, die mir meine Schuld nachweisen. Ist es nicht so?“
Das musste Jumbi bejahen und er beließ es vorläufig dabei, um rechtzeitig beim Treffen mit Rau vor der Wohnung von Frau Pip ankommen zu können.
Pip’s Wohnung schien die typische Messi-Unterkunft zu sein. Überall Zeitschriften, Stofftiere und Kleidungsstücke, sowie Bücher und Schuhe lagen verstreut herum und gaben nur einen kleinen Platz inmitten des Kabinetts frei, wo sie an einem Tischchen saß und ihre beiden Besucher fragend ansah.
„Frau Pip, wir müssen Ihnen leider mitteilen, dass Frau Quadrata ermordet worden ist.“ begann Rau.
„Keine Schade um die blöde Schlampe!“ freute sie sich.
„Ein wenig mehr Pietät wäre angebracht!“ mahnte Jumbi.
"Wieso? Sie hatte auch keine Manieren. Ich hab doch eine schöne Stimme, oder etwa nicht?“ warnende Blicke begleiteten diesen Satz, als sie von einem zum andern sah. „Und diese dumme Haut meinte glatt, dass es nur eine Dutzend-Stimme sei, der es an Ecken und Kanten fehle. Dabei muss die Mutter Gottes doch eine so schöne Stimme haben wie ich, ohne Ecken und Kanten! Sie muss faktisch nur hauchen.“
„Jaja, Aber wo waren Sie denn, als Frau Quadrata ihr Leben aushauchte?“ fragte Jumbi.
„Na hier! Ich bin immer sehr beschäftigt, meine Sachen zu sortieren.“ erklärte sie triumphierend. „Schauen Sie sich nur um.“
„Ja, da gibt’s ja viel zu schauen. Zeugen haben Sie keine für ihr Alibi?“ forschte Rau.
„Nein, ich lebe allein. Schade, dass Caruso schon tot ist, der wär der richtige Mann für mich. Wär sie morgens gestorben, hätte ich die Supermarkt-Kassiererin als Zeugin anführen können, aber sooo…..Und überhaupt, glauben Sie vielleicht, so eine zarte Person wie ich könnte so etwas Grässliches wie einen Mord begehen?“
Die beiden verabschiedeten sich und verglichen auf der Fahrt zum Kommissariat ihre Ergebnisse, die sie im Alleingang ermittelt hatten. „Dieser Brummbär stützt sich auf seine von seinen Lautmalereien geplagten Nachbarn.“
"Und der mit der Fistelstimme gab sogar zu in der Nähe des Tatortes gewesen zu sein. Der weiß genau, dass wir ihn nur deswegen nicht festnehmen können.“ bedauerte Jumbi.
„Moment!“ stellte Rau plötzlich fest. „Nur eine Person hat uns ein Alibi geliefert, ohne überhaupt die Tatzeit zu wissen.“
WER?

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