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Donnerstag, 28. Mai 2015

SM-Mord

Der tote Mann lag nackt, mit am Rücken gefesselten Händen im Lichthof eines Hauses in der Innenstadt und es war angesichts der riesigen Blutlache klar, dass er keinen Atemzug mehr tun konnte. Der Gesichtsschädel war völlig zertrümmert, sollte er seinen Personalausweis nicht im Anus stecken haben, würde es mit seiner Identifizierung wohl schwer werden, dachte Kommissar Rau, der diesmal noch vor der Spurensicherung am Tat- bzw. Fundort der Leiche eintraf. Der Streifenpolizist zeigte nach oben. "Der Hausmeister hat uns gerufen, nachdem er einen Schrei gehört und das Opfer hier gefunden hatte. Im 5. Stockwerk befindet sich ein nobler SM-Club. Der Kollege bewacht die anwesenden Verdächtigen, damit sie sich nicht absprechen können. Sie werden sich wundern, wen Sie dort oben vorfinden."
Rau stieg oben aus dem Lift, betrat das Etablissement und wunderte sich tatsächlich. Dort saßen auf einer schwarzen Ledercouch ein Politiker, ein Sportler und ein betuchter Geschäftsmann, alle aus den Seitenblicken und Gesellschaftsseiten der Boulevardpresse sattsam bekannt. Rau wies sich kurz aus und der diensthabende Polizist flüsterte ihm zu: "Nebenan steht noch das Fenster offen, aus dem der Tote gesprungen oder gestürzt wurde. Die honorigen Herren behaupten alle, sie hätten nichts von einem Fenstersturz bemerkt, ich hab sie nicht an das offene Fenster gelassen! Und alle wollten von mir wissen, was denn genau passiert ist, aber ich hab mich auf die amtliche Verschwiegenheit bezogen."
"Danke!" sagte Rau und wandte sich an das betreten dreinblickende Trio, das um die Hüften blutrote Handtücher geschlungen hatte. "Wer kannte den Toten?"
Sofort ergriff der Politiker das Wort. "Darf ich Sie zuerst bitten, die ganze delikate Angelegenheit mit größtmöglicher Diskretion zu behandeln. Nennen Sie mich doch bitte einfach nur Herr äh-Schwarz!" bat er und meinte damit wohl seine Parteifarbe, obwohl Rau nicht wusste, welcher Unheilfraktion der leptosome Kerl momentan gerade angehörte, da er diesbezügliche Zeitungsberichte nur mehr kurz überflog.
"Oh ja!" stimmte der athletische Sportler zu. "Und mich können Sie Herr Rot nennen, oder nein- lieber Herr Gelb!"
"Dann nennen's mich einfach Herr Pink! Das ist die Lieblingsfarbe meiner Frau. Die soll möglichst auch nix davon erfahren, sonst muss ich ihr ein neues Auto kaufen!" meldete sich der Geschäftsmann, Typ Pykniker, zu Wort. "Die Domina ist übrigens gerade im Büro und bestellt sich online neue Schuhe vom Lablutein oder wie der heißt!"
"Und wie lautet die Antwort auf meine Frage?" bestand Rau schon ungeduldig.
"Also", sagte Herr Schwarz. "Ich hab den Mann, um den es offensichtlich geht, noch nie gesehen. Wir trafen uns nur flüchtig im Umkleideraum. Ich hab den Spind Nummer 1 und er hatte die Nummer 4! In so einem Club spricht man nicht mit Fremden, auch wenn man keinen Knebel im Mund hat."
"Ich glaub, der war nicht prominent, sonst hätte ich ihn ja gekannt." meinte Herr Gelb. "Ich hab ihn nur an der Bar dort drüben gesehen, wo er einen Cognac getrunken hat und dann einfach weggegangen ist."
"Ja und ich kann Ihnen auch net sagen, wer er ist, obwohl irgendwie kam er mir schon bekannt vor. Aber ich hab in meinem Leben schon so viele Leute getroffen. Na, ich bin auch der Älteste von uns, net!" grinste Herr Pink. "Und gesehen hab ich ihn hier. Also hier auf der Couch. Da wart ich immer, bevor mich die Wanda ans Kreuz bindet."
Rau guckte ins Nebenzimmer, wo sich das offene Fenster befand. Davor lag ein blutrotes Handtuch, welches der Gestürzte sicher verloren hatte. Dort stand kein Kreuz, sondern ein Zahnarztstuhl mit den dazugehörigen Folterinstrumenten. Als er das Zimmer durchschritt, kam er in einen dunklen Raum, in welchem sich ein großes Y befand. Das musste wohl das Kreuz sein, dachte er und schüttelte den Kopf bei dem Gedanken, dass es Männer gab, die dafür eine Unsumme blechten, um daran festgebunden zu werden. Angewidert kehrte er zu seinen farbenfrohen Verdächtigen zurück. "Meine Herren, wer glaubt, den Ermordeten denn zuletzt gesehen zu haben?"
Schwarz protestierte gleich: "Was heißt ermordet? Vielleicht ist er selber hinunter gesprungen."
Gelb grinste: "Na, mit Handschellen hat er doch das Fenster nicht aufmachen können!"
Pink zeigte auf: "Wissen Sie, mir kommt vor, der war des erste Mal da. Da hat er vielleicht noch gar nicht gewusst, um was es hier überhaupt geht!"
Rau ärgerte sich über die offensichtliche Ignoranz der Anwesenden: "Aber er wird sicher nicht hergekommen sein, um hier so brutal wie möglich sein Ende zu finden."
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und auch hier: Soziopathen sterben selten

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