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Dienstag, 19. Mai 2015

5-Minuten-Krimi

Lösen Sie den Fall des toten Sprayers:

Auf dem Tisch in der Gerichtsmedizin lag ein junger Mann, der Kommissar Rau nun stumm dazu aufforderte, seinen Mörder zu suchen. Pille der Pathologe, der ein eingeschworener Star-Trek-Fan war, erklärte den möglichen Tathergang: "Es sieht fast so aus, als wäre er zuerst mit einem stumpfen Gegenstand aufs Hinterhaupt geschlagen worden und dann, nachdem er aufs Gesicht gefallen war, mit voller Wucht ins Genick getreten. Das ganze muss gestern passiert sein."
"Gefunden wurde er heut morgen auf der Westbahnstrecke." sagte Rau. "Er hieß laut Ausweis Harald Hammer und war einer aus der Graffiti-Szene. Auf seinem Handy hat er seine Kunstwerke verewigt. Der Junge hatte Talent."
"Tja, die fotografieren ihre Werke, weil sie bald von andern übersprüht werden oder von der ÖBB abgewaschen." mutmaßte Pille. "Da könnte vielleicht ein Streitpunkt eskaliert sein."
An der Wohnadresse des Toten fand Rau seine beiden Mitbewohner vor, die ob der Todesnachricht wenig erschüttert schienen. "Haben Sie verstanden? Ihr Freund ist tot!"
"Ja sicher!" antwortete der Größere von beiden. "Jetzt müssen wir uns an einen neuen Kumpel gewöhnen, die Wohnung ist nämlich viel zu teuer für zwei!"
Mit erzürnter Miene forderte Rau nun die Namen der zwei emotionslosen Burschen.
"Bertram Bucher!" stellte sich der Kleinere vor. "Wir kannten uns noch nicht so lange, aber sein Ruf ist ihm schon vorausgeeilt, daher haben wir ihn voriges Monat aufgenommen, nachdem sein Vorgänger ins Ausland abgezischt ist."
"Wolf Kriesam!" nannte sich der Größere. "Und was den Ruf betrifft, nach dem Sie sicher gleich fragen werden: er war ganz gut! Nicht so ein Dilettant wie Puber, der nur seinen Namen auf alles sprüht, was eine glatte Oberfläche hat."
"Wie lange machen Sie beide diese so kurzlebige Sache denn schon?" forschte Rau.
"Ich erst seit ein paar Wochen!" gab Bucher zu. "Und Wolf auch nicht viel länger."
"Nein, aber ich weiß schon worauf es ankommt! Ich hab auch Talent!" meinte Kriesam und zeigte Rau stolz seine Handy-Aufnahmen.
"Sehr schön!" lobte Rau. "Aber warum verschwenden Sie Ihr Talent an Züge, wenn die doch wieder gereinigt werden? Warum sprühen Sie nicht auf Leinwand und versuchen Ihre Kunst zu verkaufen?"
Die beiden setzten ein überheblich-mitleidiges Grinsen auf. "Sie verstehen das nicht!" meinte Kriesam. "Es wird eine hegemoniale Outlaw-Männlichkeit durch Eroberung fremden Terrains und durch Zurschaustellen von Zielstrebigkeit, Kompromisslosigkeit, Mut und Durchsetzungsvermögen in einer repressiven gefahrvollen Umgebung inszeniert. Über Bild des Outlaw-Writers wird Authentizität und Männlichkeit konstruiert. Die Arbeit am eigenen Mythos fußt auf Performanz und Dokumentation männlicher Potenz beim aktiv vollzogenen Bruch gesellschaftlicher Regeln mit dem Ziel kreativer Interventionen."
'"Aahhh!" machte Rau. "Handelt es sich hierbei etwa um doppelte Distinktlogik? Abgrenzung sowohl von andern Männern als auch von Frauen, was ein charakteristisches Merkmal von Männerbünden ist?"
Jetzt machten die beiden erstaunte Gesichter und Bucher lobte Rau: "Diese Erkenntnis hätte ich Ihnen gar nicht zugetraut!"
Rasch konterte Rau: "Und ich hätte hier keine Intellektualität erwartet. Könnte es sein, dass einer seinen Mythos eventuell mit einem Mord bereichern wollte?"
"Wir waren nie auf Gewalt aus!" beeilte sich Kriesam festzustellen. "Fragen Sie doch mal bei seinem Schulkollegen Matthias Ogrim nach, wo er vorher gewohnt hat. Der war zweimal zu Besuch und hat jedesmal mit Harry gestritten. Über Pipifax!"
"Geben Sie mir die Adresse. Und auch Ihre Alibis!"
"Bert und ich waren gestern zusammen unterwegs, weil Harry gern allein herumstreunte. Leider hat uns aber niemand gesehen, was wir sonst eigentlich sehr schätzen! Wie ist denn Harry umgebracht worden?"
"Darüber gebe ich vor Abschluss meiner Ermittlungen keine Auskunft!"
An Ogrims Adresse, einer Vorstadt-Villa, öffnete eine junge Dame die Haustür und ließ Rau, nachdem dieser seinen Ausweis präsentiert hatte, widerwillig ein. Der feudal eingerichtete Salon zeigte, dass hier Geld wohl kein Problem war. "Ich hab gleich gesagt, dass Matt mit diesem Hammer nur Troubles bekommen wird."
"Woher wissen Sie denn, warum ich komme?" wunderte sich Rau.
"Na, die beiden neuen Hammer-Freunde haben grade angerufen und Ihr Kommen angekündigt, weil den einer ausgelöscht hat." sprudelte die Dame heraus. "Und Matt ist nicht daheim! Und nein, ich weiß nicht wo er ist. Ich bin ja nur seine Schwester."
"Also gut, Frau Ogrim, wann haben Sie Ihren Bruder zuletzt gesehen?"
"Vorgestern!"
"Und da haben Sie sich nicht über sein Ausbleiben gesorgt?"
"Nein!" sagte sie gelangweilt. "Ich dachte, der spielt das neue Game of 72. Da muss man 3 Tage verschwinden und hoffen, dass nach einem gesucht wird."
"Na, die Hoffnung hat sich für Ihren Bruder offensichtlich nicht erfüllt." erkannte Rau.
"Was wollen Sie? Wir sind beide volljährig, unsere Eltern geschieden und wir haben unsere eigenen Probleme." erklärte sie. "Was den Tod von Harry betrifft...."
"Ja?" Rau vermutete sofort, dass zwischen den beiden eine Beziehung gewesen ist.
"Ich war mal mit ihm zusammen, aber das hab ich bald beendet. Der wollte doch nur seine Duftmarken hinterlassen. Primitiv wie ein Hund, der an jedes Straßeneck pinkelt!" Die Art, wie sie das sagte, zeigte Rau, dass da wohl einiges an Gefühlen bei ihr verletzt worden sein musste. Just in diesem Augenblick drehte sich der Schlüssel im Schloss und herein kam der verlorene Bruder. "Matt, hier ist ein Kriminalbeamter, der eine Todesnachricht bringt."
Ogrim zog seine Jacke aus und sah Rau erwartungsvoll an.
"Ihr alter Schulfreund Harald weilt nicht mehr unter uns!" informierte ihn Rau. "Wo waren Sie gestern?"
"Im Theater! Allein, das heißt natürlich inmitten vieler. Tote Seelen hieß das gute Stück von Gogol." behauptete Ogrim und ließ sich ermattet auf einen Sessel fallen.
"Man hat mir berichtet, dass Sie öfters mit Herrn Hammer Streit hatten." forschte Rau.
"Ja, das haben Ihnen bestimmt die zwei Pappnasen gesteckt, mit denen sich Harry auf eine Kommune eingelassen hat." sagte Ogrim und schüttelte den Kopf. "Und jetzt ist er tot! Ermordet! Und ich steh unter Verdacht, was?"
"Ich geh dann mal. Ich war's sicher nicht, denn ich hab ja nicht genug Kraft als Mädchen!" verabschiedete sich seine Schwester.
"Wiedersehen!" sagte Rau beiläufig und wandte seine ganze Aufmerksamkeit Ogrim zu. "Worum drehte sich denn Ihr Streit?"
"Ach, nix Wesentliches. Ich fand, er verschwendet seine Jugend."
"Hätte er lieber mit Ihnen ins Theater gehen sollen?" lächelte Rau, der selbst früher gern ins Burgtheater ging.
"Zum Beispiel. Jedenfalls ist es doch keine befriedigende Tätigkeit, Scheiß-Graffitis quer in der Stadt zu hinterlassen, oder! Aber wenn man sich die großen Meister reinzieht, da kann man einiges fürs Leben lernen."
"Das interessiert mich." meinte Rau und setzte sich neben Ogrim auf die Sessellehne. "Was ist Ihre Erkenntnis beispielsweise aus diesem Gogol-Stück?"
"Bei dem gibt's eine Klassifizierung der Menschen: 1. die ganz einfachen, die tun Gutes für alle und schaden sich selbst dabei. 2. die Schlauen, die tun Gutes für sich und andere, es gelingt ihnen und sie machen dabei Gewinn für sich. 3. Gangster, die sich selbst was Gutes tun zum Schaden anderer. Und 4. die Schlimmsten: Idioten, die allen Schlechtes tun und sich dabei mit. Von der Sorte gibt es leider bei uns am meisten!" rekapitulierte Ogrim und zog eine Grimasse. "Und Sie? Haben Sie schon ermittelt, wer der Mörder sein könnte?"
Rau überlegte kurz, stand dann auf und eröffnete ihm dann: "JA! Eine Person hat sich verdächtig gemacht!"
WEN MEINT ER?

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