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Mittwoch, 22. Juli 2015

Spiel mal tot!

Der heiß ersehnte Regen nach der brütenden Hitze hatte einen großen Nachteil: er pflegte Verbrechensspuren immer ganz gut zu verwischen. Fußabdrücke z. B. oder verräterische Papiere, die er aufzuweichen vermochte, wurden faktisch weggespült. So auch rund um das Auto einer Toten im Prater. Der Audi war in der Hauptallee geparkt und ein Jogger hatte früh morgens die leblose Dame darin entdeckt und die Polizei gerufen. Die Funkstreifenbeamten dachten zuerst, die Autofahrerin wäre an einem Hitzschlag gestorben, denn so ein Wagen konnte sich leicht in kurzer Zeit auf 60 Grad aufheizen Doch Inspektor Woppel entdeckte Würgespuren am faltigen Hals der nicht mehr ganz jungen Dame. Also alarmierte er noch vor der Spurensicherung Kommissar Rau, der sich wenig später mit einem großen Regenschirm einfand. Im Handschuhfach fanden sich die Papiere lautend auf Golda Mangl, ihres Zeichens Schauspiellehrerin am Reinhardtseminar. "Aha, da könnte doch die Leidenschaft mit einem Jungmimen durchgegangen sein." sagte Rau, der immer bei einem Fall eine gewissen Intuition hatte. "Da mach ich mich gleich auf den Weg zu ihrer Arbeitsstelle."
Dort im 14. Bezirk angekommen, empfing ihn der Institutsleiter Univ. Prof. Dr. Roßsprung, ein eingebildeter Mann mit einem gezwirbelten Schnurrbart. "Das sind ja trostlose Neuigkeiten, die Sie mir da überbringen." stellte er trocken fest. Seine Mimik blieb starr, ob aus Gewohnheit oder Schock schien schwer feststellbar.
"Nun ja", begann Rau, "Ich hoffe, ich werde als Bote der schlechten Nachricht nicht geköpft! Sehr zu Herzen geht Ihnen der Tod Ihrer Kollegin wohl nicht."
"Ach, wissen Sie, sie war ja nimmer die Jüngste. Aber in ihrem Fach ein absolutes Ass, ich werde sie sehr vermissen. Sie wollen sicher wissen, wer ein Interesse an Ihrem Tod haben könnte, da Sie ja vermuten, es handle sich um Mord." dozierte der Professor.
"Es geht weit über eine Vermutung hinaus, und ja, ich möchte natürlich wissen, wer ein Motiv hat. Hatte Frau Mangl Feinde?"
"Natürlich hat man in so einer wichtigen Position Feinde. Nur ein unwichtiger Mensch hat keine. Mitleid kriegt man geschenkt, aber Neid muss man sich erarbeiten. Bei unseren Prüflingen gibt es zwei Sorten: die Selbstdarsteller und die Versteller. Von ersteren gibt es schon zu viele auf Facebook."
"Verstehe. Und solche hat Frau Mangl durch die Mangel gedreht, also abgelehnt?"
"Ja, gestern zum Beispiel hatten wir wieder mal eine schwierige Aufnahmeprüfung." verkündete Professor Roßsprung. "Der Kandidat sagte, ich säße wohl auf dem hohen Ross und Frau Mangl sei eine abgehalfterte Schauspielerin, die es dank Parteipolitik geschafft hat, sich nunmehr ihre Pfründe als Pseudo-Schauspiellehrerin zu verdienen. Den Namen des Kandidaten hab ich mir natürlich gemerkt. Er hieß Nathan Wotruba."
"Und der war sicher kein Nathan der Weise." mutmaßte Rau und ließ sich dessen Adresse im Sekretariat aushändigen. Die miese Bude im 8 Bezirk, in der Wotruba herumlungerte, hatte früher sicher als Stall gedient, denn es roch penetrant nach Pferdemist. Nachdem sich Rau ausgewiesen hatte, stellte er dem jungen Verdächtigen die Gretchenfrage: "Wo waren Sie gestern, als Frau Mangl umkam?"
"Vormittags hatte ich Aufnahmeprüfung. Der Termin, auf den ich hart hingearbeitet hatte, wurde mir von dieser alten Hexe gründlich versaut. Sie forderte mich auf: Spielen Sie mal tot! Und ich fiel sogleich wortlos um und blieb liegen! Sie ließ mich als toten Mann auf der Bühne und nahm den nächsten Kandidaten dran, einen gewissen Roman Padalök. Der baute mich gleich in seinen Vortrag ein. Leierte das Gedicht vom guten Kameraden herunter und an der Stelle er liegt vor meinen Füßen als wär's ein Stück von mir deutete er mehrmals auf mich. Ich hab ein offenes Auge riskiert und mich noch gewundert. Und genau das hat sie mir zum Vorwurf gemacht. Sie haben ja geblinzelt, nicht einmal einen Toten können Sie darstellen, Sie Antitalent!"
"Hm, und da haben Sie Ihrem Ärger und Ihrer Enttäuschung Luft gemacht!" wusste Rau ja bereits vom Professor.
"Ja, das macht mich leicht verdächtig. Aber es war nur eine natürliche Reflexreaktion, der keine Taten gefolgt sind! Gehen Sie doch zu diesem Padalök, weil der wurde auch nicht aufgenommen. Er erzählte mir, dass er bei seiner Oma im 3. Bezirk wohnt. Erdbergstraße 138! Und was diese hämische Alte betrifft: die wär eh bald von selbst gestorben. Aber plusterte sich auf, als könnte sie wie die Gilda im Rigoletto mit einem Dolch in der Brust noch eine Arie schmettern. Bullshit!!!"
In Erdberg sah sich Rau mit einem Schauspieler konfrontiert, der gern Pathos erklingen ließ. "Oh wie grausam ist die Botschaft, die Sie mir zuteil werden ließen. Was soll nun werden, wenn der Welt so eine grandiose Comedienne genommen wurde? Künftige Genrationen werden sich ob dieses Verlustes zu Tode grämen!"
"Lassen Sie das Getue! Ich habe Sie gefragt, wo Sie gestern gewesen sind." unterbrach Rau seinen gekünstelten Redeschwall.
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