Oje, dachte Rau, der hat sich sicher auf französisch verabschiedet und weilt schon bei einer anderen und die Arme denkt er liegt irgendwo tot im Rinnsal. "Wie lang ist er denn schon abgängig?"
"Na mindestens schon 16 Stunden. Gestern abends hatten wir noch unsern wöchentlichen Sex, als er merkte, dass er keine Zigaretten mehr hatte." ratterte sie unbekümmert daher und fuhr sich nervös mit den Fingern durch die langen tizianrotgefärbten Haare. "Er sagte also, er holt sich noch ein Packerl beim Automaten und seither ist er verschollen."
"Hhmmm," machte Rau. "Hat er seinen Pass mitgenommen?"
"Nein-nein, daran hab ich ja gleich gedacht, als er die Tür hinter sich zugeschlagen hat. Aber der ist eh schon abgelaufen. Dann hab ich noch all unsre Freunde aus dem Swinger-Club angerufen. Da gehen wir nämlich gern hin, wenn er wieder was haben will, wovor mir graust. Wissen Sie, manche Weiber machen ja alles, aber ich-"
"Jajaja!" wehrte Rau ab, der keine Lust auf die Schilderung sexueller Vorlieben hatte. "Beschränken wir uns auf die nützlichen Fakten. Was haben Sie also bei Ihren Telefonaten herausbekommen?" fragte Rau.
"Dass er bei keinem der Pärchen war und die alleinstehenden Frauen haben mir gesagt, dass sie froh sind, wenn ihnen kein Mann die Wohnung zumüllt." erzählte sie freimütig, während sie sich mit einer Hand den runtergerutschten BH-Träger unter der weißen Bluse wieder auf die Schulter zurückholte.
"Verstehe! Ist man in so einem Club nicht anonym?" wunderte er sich.
"Aber wir sind doch alles Stammgäste. Und das jahrelang. Da kennt man sich!"
"Aha! Und wem trauen Sie denn zu, dass er Ihren Mann, sagen wir mal, gegen seinen Willen festhält?" forschte Rau.
"Na am ehesten noch unsrer Nachbarin im Kleingartenverein, wo wir aber nur im Sommer sind. Sonst wohnen wir ja im ersten Bezirk in unsrer Eigentumswohnung."
Also fand sich der Kommissar gutmütig und pflichtbewusst bei besagter Dame namens Wendeline Wundl ein und teilte ihr den Verlust des Herrn Schubmayr mit. "Ach? Was meinen Sie mit vermisst? Ist er freiwillig von seiner Alten weg oder bei einer Wanderung abhanden gekommen?" fragte sie und zwinkerte ihm mit dem rechten Auge zu, welches sich wie das linke von falschen Wimpern umkränzt präsentierte.
"Äh, das versuche ich rauszufinden. Wie kommen Sie auf Wanderung?"
"Najaaa, wir kennen uns ja schon ewig und da haben wir's ein paar Mal in freier Natur getrieben. Ein herrliches Gefühl!" schwärmte sie und zeigte kurz ihre gebleichten Beißerchen zwischen den blutrot geschminkten Lippen. "Wenn das frische Gras in die zarte Haut sticht und man die Fingernägel in die Erde stecken kann und fleißige Bienen an einem vorbeisummen. Nur einmal- da haben wir uns auf einem Ameisenhaufen vergnügt- Sie glauben gar nicht, wie die kleinen Biester zwicken können."
Dem Kommissar wurde ob so viel Offenheit leicht schwummerig. "Ja gut, also. Wann haben Sie denn Herrn Schubgeier- äh-Schubmayr zuletzt gesehen?"
"Gestern, aber nur auf einem alten Video. Wir haben uns nämlich oft beim Sex gefilmt. Wenn mir fad ist, dann schau ich mir die verschiedenen Stellungen an und-"
Er atmete tief durch und unterbrach sie schroff: "Frau Wundl! Ich meinte persönlich!"
"Puh, ich glaub voriges Jahr im Sommer. Ich hab nämlich genug andre Freunde, die mir multiple Orgasmen besorgen können!"
"Könnt einer davon eventuell eifersüchtig geworden sein und sich an Ihrem Nachbarn vergriffen haben?" forschte Rau, dem die ganze Situation zunehmend peinlich war.
"Nö! Wir sind doch erwachsenen Menschen! Aber ich könnt mir vorstellen, dass es ihr mit ihm zuviel geworden ist. Dass sie ihn einfach abgeschafft hat!" meinte Frau Wundl und kicherte dabei. "Die wollt ja nur einmal Sex pro Woche, wo selbst der alte Luther immer gesagt hat: in der Woche zwi schadet weder dir noch mir!"
"Und Sie haben keine Ahnung, wohin er sich da abgesetzt haben könnte?"
"Hören Sie mir nicht zu? Ich hab nicht vom Absetzen, sondern Abschaffen gesprochen. Die hat ihn bestimmt übern Jordan geschickt und spielt jetzt die besorgte Gattin, damit sie die Wohnung und den Garten samt Haus einheimsen kann, kapito?"
Derart aufgestachelt sah sich Rau am Grundstück der Schubmayrs um und fand tatsächlich Spuren von Grabungsarbeiten auf dem ziemlich ungepflegten Rasen. In düsterer Vorahnung ließ er sofort die Spurensicherung antanzen, die sich ans Aufgraben machte, obwohl ein mitgebrachter Leichenspürhund nichts anzeigte. Das konnte aber auch daran liegen, dass man über die Leiche Säure und Beton gegossen hat. Kriminalromane waren voll von nützlichen Tipps für Mörder und Totschläger.
Kurz darauf erschien der Nachbar Krunz und erkundigte sich nach dem Grund der Aktion. "Wir haben berechtigten Grund zur Annahme, dass Herr Schubmayr in seinem eigenen Garten beerdigt worden ist." erklärte Rau und schaute den Kollegen bei der mühsamen Arbeit zu.
Weiterlesen unter: http://www.bod.de/buch/s--pomej/moerder-machen-fehler/9783739204963.html
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen