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Dienstag, 12. Mai 2015

5-Minuten-Krimi Toter Detektiv

Wien, die Versuchsstation des Weltuntergangs – wie Karl Kraus einst scherzte – hat sich als Erfolgsmodell behaupten können. Es wiegt unglaubliche 42.000 Milliarden Tonnen, wie Forscher der Technischen Universität Wien errechnet haben, und bietet 23 wohlfeile Bezirke, in denen sich immer wieder Verbrechen abspielen. Momentan fand sich im 11. Bezirk, Simmering, eine männliche Leiche, um die bereits die Spurensicherungs-Leute kreisten. Kommissar Rau stand wieder einmal vor einem Rätsel und vor einem Baugerüst, von welchem der nun Mausetote wohl mutwillig vor ca. einer Stunde runtergestoßen worden sein musste. Der ca. 40jährige 1,80-Meter-Mann sah so gar nicht wie ein Bauarbeiter aus, sondern erinnerte in seiner braunen Kunstlederjacke eher an einen Privatdetektiv. Und als sich Rau seine Papiere anguckte, stellte sich das als richtige Vermutung heraus. Der nun aus dem Leben gerissene Mann hieß Manuel Potanko und hatte eine gültige Lizenz. Da im 4. Stock des Gerüsts ein Querbalken fehlte, schien gewiss, dass er von dort herab gestürzt war, weil er wohl jemanden gegenüber in einem Wohnhaus beobachtet hatte. Sein Kopf war so zertrümmert, dass man ad hoc nicht feststellen konnte, ob er zuerst niedergeschlagen worden ist, oder sich die Verletzung beim Aufschlag zugezogen hatte. Leider fand sich bei dem Toten weder Kamera noch Handy, was die Ermittlungen natürlich erschwerte. Rau sah sich die Namensschilder an der Gegensprechanlage des bewussten Hauses an und drückte auf gut Glück eines in der 4. Reihe. Eine weibliche Stimme fragte: "Ja, was ist?"
"Leider ein Todesfall, im wahrsten Sinn des Wortes. Darf ich raufkommen?"
"Um Gottes Willen, ja natürlich!" Wenig später stellte sich die Dame als Frau Huber vor, die im rosa Morgenmantel ihre Wohnungstür geöffnet hatte. "Was ist denn geschehen um halb acht Uhr in der Früh?!?" fragte sie und wirkte noch ziemlich verschlafen.
"Sie haben noch gar nicht aus dem Fenster gesehen?" forschte Rau, und als die Dame den Kopf schüttelte, erklärte er ihr: "Vom Baugerüst gegenüber fiel ein Mann."
"Schrecklich, gestern noch hab ich die Bauarbeiter beobachtet. Wie die Ameisen sind die herumgekraxelt. Manche allerdings in Zeitlupe!"
"Der Tote war aber keiner von ihnen, sondern ein wohl emsiger Detektiv. Können Sie sich vorstellen, wen er hier observiert haben könnte?"
"In unsern Haus?...Höchstens die auftakelte Frau Weinwurm. Die hat immer verheiratete Freunderln. Gibt sich als Schauspiellehrerin aus. Ich seh‘ ein Reh im Schnee am See, es tut mir in der Seele weh, wenn ich das Reh am See im Schnee steh’n seh‘, wobei sie sich das Unterkiefer auszurenken scheint, wenn sie die Sätze langsam und eindringlich spricht, und ich schon glaubte, dass ihr dabei das weiße Krankenkassen-Gebiss herausfallen könnt'. Läuten's doch einmal bei ihr. Die müsst eh schon wach sein!" ermunterte sie den Kommissar.
Frau Weinwurm öffnete in einem cremefarbenen Hausanzug aus Satin und strich sich durch die blondgefärbte Mähne. "Ja, bitte?"
Rau zeigte seinen Ausweis: "Ich komme gleich zur Sache! Kennen Sie einen Herrn Potanko?"
"Ist das der arme, vom Baugerüst Gestürzte?" fragte sie und setzte eine mitleidige Miene auf.
"Ja, haben Sie etwas gesehen?" freute sich Rau.
"Nein, aber gehört! Die gute Frau Huber hat so ein lautes vulgäres Organ. Finden Sie mich wirklich aufgetakelt?"
"Äh-nein! Aber darum geht es mir gar nicht. Ich will herausfinden, wer den Toten auf dem Gewissen hat!" meinte Rau und lugte über ihre Schulter in ihre Wohnung.
"Ich bin allein und nein, ich habe keine verheiratete Freunde. Weder jetzt, noch zu anderer Zeit gehabt!" stellte sie in klarem Burgtheater-Deutsch fest. "Ich könnte mir nur denken, dass dieser Detektiv unsern Nachbarn Herrn Dimon beobachtet haben könnte. Denn Herr Dimon ist ein umtriebiger Geschäftsmann. Mehr weiß ich nicht!"
Also läutete Rau an der Tür von Denis Dimon, der in einer roten Unterhose öffnete und mit vollem Mund fragte: "Wer stört?"
Wieder zeigte Rau seinen Ausweis und fragte: "Haben Sie vielleicht heute schon aus dem Fenster geblickt?"
"Nein. Bin vor 5 Minuten aufgestanden und hab mir nach dem Clogang gleich mein Frühstück einverleibt." erklärte er und putzte sich noch die letzten Krümel vom Mund ab.
"Können Sie sich vorstellen, von jemanden überwacht worden zu sein?" forschte Rau.
"Nein. Ich hab ein reines Gewissen. Hat Sie die Frau Huber auf mich gehetzt? Die ist nämlich die Tratschtante hier im Haus."
"Können wir kurz in Ihre Wohnung gehen?" fragte Rau, der berufsmäßig sehr neugierig war.
"Bitte, wenn's denn sein muss!" sagte Dimon und ließ ihn widerwillig rein. In der Küche roch es nach Kaffee und auf dem Tisch lagen noch die Reste eines angebissenen Croissants. "Ist noch von gestern. Ich war heut noch nicht draußen!"
"Welcher Art sind Ihre Geschäfte?"
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