uniformierte Polizist namens Woppel, der Rau gerufen hatte, machte sich gerade über ein Stück Pizza her. "Sagen Sie, müssen Sie jetzt essen?" fragte Rau pikiert.
"Tschuldigung, aber ich hab heut gar nicht gefrühstückt." erklärte Woppel. "Es war so, dass der Pizzabote erfolglos an der Tür des Toten geklingelt hat und dann am Fenster im Erdgeschoss geklopft hat, welches nur angelehnt war, sodass er - in schlimmer Vorahnung - eingestiegen war und die Misere sah. Nachdem er die Funkstreife gerufen hatte, fragte er mich, was er denn nun mit der bestellten Pizza machen solle, da hab ich sie ihm abgekauft. Verstößt hoffentlich nicht gegen die Vorschriften?"
"Nein. Aber daraus lässt sich schließen, dass der Ermordete nicht lang tot sein kann, denn die Lieferzeit für eine Pizza beträgt doch nur...?"
"Laut Aussage des Boten 8 Minuten. Er stand allerdings 5 Minuten im morgendlichen Stau, also hat unser Mörder einen Vorsprung von rund einer viertel Stunde." folgerte Woppel und biss wieder herzhaft in die Pizzaspalte.
"Hm, wissen wir den Namen des Toten?" erkundigte sich Rau, der interessiert die mit Zeichenskizzen tapezierten Wände des Zimmers, in dem der Tote nun ausblutete, betrachtete. Auf weißen Blättern tummelten sich dickbäuchige knollennasige Männchen und verzerrte Tierfiguren, sowie fleischfressenden Pflanzen.
Woppel schluckte und berichtete: "Laut Boten hieß er Romuald Blabla und war ein Stammkunde, bestellte immer Pizza Diablo. Sein Laptop und das Handy liegen dort im Aquarium mit den toten Fischen. Laut Nachbarin, die ich schon vernommen habe, war er ziemlich bekannt in der Szene und bekam öfters Besuch von einem Kollegen, der einen roten VW Polo fuhr mit dem Kennzeichen W 83517. Das hat sie sich gemerkt, da ihr Sohn am 17. Mai 1983 geboren wurde und bald Geburtstag hat. Ich hab bereits in der Zulassungsstelle angerufen und den Fahrzeughalter erfragt."
"Und wie lautet der Name?" fragte Rau. - "Warum." - "Na weil ich ihn aufsuchen will!" - "Nein-nein, der heißt so: Willibald Warum!" - "Komische Namen haben diese Zeichenkünstler, Blabla und Warum. Naja, geben Sie mir die Adresse, bitte."
An der angegebenen Adresse fand Rau einen Mann vor, der einer Deix-Karikatur entsprungen sein konnte. Feistes Gesicht, nackter Oberkörper mit Büsten-Ansatz, Bierbauch und O-Beine, die in einer verwaschenen grauen Jogging-Hose steckten, die irgendwann einmal schwarz gewesen sein musste. Als Rau seinen Ausweis vorwies empörte sich Warum sogleich: "Was kommen Sie zu mir?? Ich bin noch nie zivil- oder strafrechtlich in Erscheinung getreten."
"Merkwürdig!" meinte Rau. "Sonst erkundigen sich die Leute immer erst, was denn passiert sei."
"Ich bin Künstler!" verteidigte sich Warum. "Ich verdiene mein Geld mit Ums-Eck-Denken! Kommen Sie herein."
"Ach, können Sie von Ihrer Kunst leben?" forschte Rau und folgte ihm in eine ziemlich chaotische kleine Wohnung. "Die Konkurrenz ist groß."
"Ja und nein. Ja, die Konkurrenz ist groß, aber ich bin gut in dem was ich mache und nein, ich muss nebenbei noch jobben. Verdien mir ab und zu was im Call-Center." gestand Warum und kratzte sich am Kinn. "Also, was ist denn passiert?"
"Ihr Konkurrent Herr Blabla ist tot." eröffnete ihm Rau und blickte wieder auf Skizzen, die wie schon bei Blabla an der Wand klebten. Darauf hüpfte ein Känguru herum.
"Ah, der war ja gar noch nicht so alt." wunderte sich Warum.
"Jemand hat nachgeholfen!" erklärte der Kommissar ohne genaue Hinweise zu geben.
"Und da verdächtigen Sie mich? Romy war ein Freund. Wir haben uns immer ausgetauscht und er war mein konstruktivster Kritiker. Er hat mich ermutigt, weiter an Kloppy, dem kleptomanischen Känguru zu arbeiten." Dabei zeigte er auf seine Skizzen. "Ich konnte es schon an eine Modekette als Werbeträger verkaufen und stehe in Verhandlung mit einem großen Sportartikelhersteller."
"Gratuliere! Und wen haben Sie im Verdacht, Ihren Freund ermordet zu haben?"
"Pfff, die irre Lizzy! Ihr Name ist eigentlich Lisbett Flummi und sie zeichnet immer nur weibliche Figuren. Sie wohnt übrigens ganz nahe bei Romy: Uchatiusgasse 13!"
In besagtem Haus wohnte tatsächlich eine Frau Flummi, die Rau in einem verführerischen Negligé aufmachte und, als er ihr den Ausweis präsentierte, sogleich fragte: "Um Gottes Willen, wer ist denn umgekommen?"
"Einer Ihrer Kollegen, Herr Blabla."
"Oh, wie schrecklich, aber das hab ich kommen sehen!" murmelte sie und winkte Rau in ihre Wohnung, die erstaunlich aufgeräumt und gepflegt wirkte.
"Ach, gab es etwa Drohungen gegen ihn?"
"Nein, das nicht, aber ich habe immer wieder solche Intuitionen. Ich träume oft etwas, das dann tatsächlich geschieht. Und ich sah ihn und erschrak."
"Im Traum?"
"Ja, natürlich oder denken Sie gar, ich war Augenzeugin? Ich sah ihn ertrinken in einem Meer aus Blut. Es war ganz fürchterlich!" sagte sie händeringend. Da kam aus ihrem Schlafgemach plötzlich ein gut gebauter Mann in Unterhose heraus und erschrak als er Rau sah. "Das ist ein Kommissar von der Mordkommission, mein Schatz!"
"Und was will er?" fragte der Mann und rieb sich verschlafen die Augen.
Rau ergriff das Wort: "Kennen Sie einen Comic-Zeichner namens Blabla?"
"Was? Unsern Romy hat's erwischt? Ich bin ja auch Karikaturist! Vielleicht bin ich ja der Nächste!"
Frau Flummi verdrehte die Augen. "Ach, wer will dich schon killen?" Und zu Rau gewandt flötete sie: "Das ist mein Verlobter, Herr Plumster. Er zeichnet mit Vorliebe Fische. Haie, Hechte, Karpfen und hat schon große Erfolge in Japan."
"Mit Mangas?" vermutete Rau.
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