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Montag, 6. Oktober 2014

Schöner Schein

Im Kulturplatz wurde ein Roman beworben, in welchem die Autorin ihrem Protagonisten ein großes Kunststück gelingen lässt: er ist arabischer Anwalt, verheimlich seine Herkunft und heiratet in eine der reichsten jüdischen Familien ein. Sein Leben ist eine Lüge und seine Ehe ein Betrug. Erst nach 20 (!) Jahren holt ihn seine Vergangenheit ein. Eine alte Affäre meldet sich bei ihm, sein Halbbruder landet in Guantanamo, seine Mutter reist plötzlich an und so gerät alles aus den Fugen.
Einer der 20 Jahre sein nächstes Umfeld reibungslos hintergehen kann, hat’s eigentlich schon geschafft. Ich kannte Leute, die teils krampfhaft bis verzweifelt versuchten, mehr zu scheinen als sie sind. Die wurden alle pronto enttarnt und rasant abgeschafft. Einerseits weil sie zu geringe Bildung hatten oder auch zu wenig Benehmen, andrerseits fehlten ihnen Ausdauer und Glück. Interessant und mitunter armselig fand ich, wie sie mir nachher ihre misslungene Vergangenheit verkauft haben. Da wurden peinliche Niederlagen in wertvolle Erfahrungen oder gleich in Siege umgemünzt. Vielleicht hat das auch etwas mit der Glorifizierung der Vergangenheit zu tun, die manchen Leuten Tränen in die Äuglein treibt, wenn sie von damals erzählen, egal ob sie 3 oder 30 Jahre her ist. Es ist auch schon genug Tinte in Tagebücher oder Biografien geflossen, um Enttäuschungen in Leistungen zu verwandeln. Aber wenn man sich lang genug etwas einredet, glaubt man irgendwann einmal selber dran. Oder wie der Volksmund sagt: Einbildung ist auch eine Bildung.

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