Der Tatort, ein Billard-Cafe, das 24 Stunden offen hatte, bildete ein ödes Bild von Zerstörung. Zwischen zerschlagenen Bierkrügeln und zerbrochenen Queues lag ein männlicher Leichnam und ein 1,90-Meter-Mann säuselte: „Wirklich, Herr Kommissar, ich sage Ihnen, der brach ganz ohne unsere Teilnahme zusammen. Schauen Sie sich doch sein unversehrtes Gesichtchen an!“
„Das haben Sie mir schon dreimal erklärt, doch mir fehlt der Glaube.“ meinte Rau und begrüßte Jumbi: „Unser Klient heißt Jürgen Byussy und stammt laut seinem Pass aus Frankreich.“
„Und er ist so dick wie der Depardieu!“ fügte der Hüne hinzu. „Der hat ganz klar einen Herzkasperl erlitten. Leider mitten in unserer kleinen Auseinandersetzung.“
„Darum kommt mir der so bekannt vor.“ sagte Jumbi und besah ihn sich genauer. „In der Zeitung stand, dass 20 Morde pro Jahr übersehen werden. Vor allem Giftmorde.“
Inzwischen war auch der Gerichtsmediziner Matz samt Spurensicherungs-Team aufgetaucht und nahm die amtliche Ermittlung auf. Rau und Jumbi blätterten in den Ausweisen des Toten, der davon gleich 3 Stück hatte, alle mit demselben Foto, aber unterschiedlichen Namen. „Immerhin ist er immer Franzose geblieben.“ stellte Rau fest. „Einmal hieß er Byussy, dann De Busic und Demarmel. Aber unter dem Namen Byussy hatte er auch einen Führerschein.“
„Hier steht sogar die Adresse.“ meinte Jumbi. „Toll, der wohnt praktisch gleich bei mir um die Ecke.“
In der Wohnung des Franzosen herrschte spartanische Strenge. Außer einem Schrank, einem Bett, einem Tisch und einem Stuhl gab es de fakto keine Möbel, außer im Bad eine Dusche und ein Waschbecken und ein Bidet. „Das kenn ich aus dem Urlaub!“ fiel Jumbi ein. „In Frankreich gibt’s in den miesesten Hotels im Bad ein Bidet und aufs Clo muss man dann auf den Gang gehen.“
„Das Clo ist sicher hinter dieser Tür.“ vermutete Rau und öffnete eine kleine Tür neben der Eingangspforte. „Aha, ziemlich sauber war er, riecht nach Limonen.“
Jumbi hebelte gleich den Wassertank des Closetts auf und fand eine Faustfeuerwaffe auf den Deckel geklebt. „Da schau her! Das sieht mir ganz nach Berufskiller aus. und in der Clomuschel sind noch Brandrückstände. Da hat er sicher das Bild seines Opfers verbrannt.“
„Ach, wir sind doch hier nicht in einem billigen Krimi. Der wollte hier nur ins Nachtleben groß einsteigen und ist bei der Übernahme gescheitert.“ überlegte Rau. „Vielleicht war dieses Billard-Cafe nur eine Tarnung für ein Bordell. Und unser Franzmann -„
„Das bezweifle ich, denn in dem Cafe war ich auch schon einige Male spielen. Keine Frau wagt sich dorthin. Da sind die Machos ganz unter sich.“ erklärte Jumbi und untersuchte die Waffe näher. „Frisch geputzt, mit allen Patronen schußbereit. Wer weiß, vielleicht hatte er die nur zum Schutz vor Einbrechern.“
„Aber was gibt’s hier zu stehlen?“ fragte Rau und sah sich genau um. Unter dem Bett wurde er fündig. Ein Laptop der neuesten Generation lag dort zusammen mit einem Bündel 500-Euro Scheinen. „Der hatte doch etwas vor.“
Wie auf’s Stichwort läutete ein Handy mit der Melodie der Marseillaise und nach kurzem Suchen fanden sie es im Schrank unter den weißen Hemden versteckt. „Oui?“ meldete sich Jumbi und lauschte, wobei er auch Rau mithören ließ.
„Mann, wo stecken Sie denn, meine Frau ist gerade weggefahren! Wenn Sie sich nicht beeilen, erwischen Sie sie nie rechtzeitig!“ keuchte eine Männerstimme aufgeregt ins Telefon. Jumbi schaltete schnell und mit französischem Akzent forschte er: „Nur zur Schicherheit, wie lautet dasch Kennzeichen?“
„Mausi 69!“ schrie der Mann und pöbelte weiter: „Was soll das? Wollen Sie mich prüfen? Ich bin sicher nicht von den Flics! Also los jetzt, oder ich hol mir die Anzahlung wieder zurück!“ Damit endete das aufschlussreiche Gespräch.
Schnell
war die Besitzerin des Kennzeichens ausgeforscht und konnte als Marita Benzu,
Besitzerin eines Fitness-Centers nur für Damen, identifiziert werden. Rau und
sein Assistent besuchten sie dort und fanden eine attraktive Dame mittleren
Alters vor, die auf die Anschuldigungen gegen ihren Gatten nur lachen konnte. „Also
meine Herren, ich bin glücklich verheiratet und werde täglich von meinem Mann
mit einem Bussi verabschiedet.“
„Das
ist schön, aber dass Ihr Mann einen Franzosen namens Bussy-äh Byussy auf Sie
angesetzt hat, weniger!“ sagte Jumbi.„Ach ein Franzose, dann könnte es sich um meinen Ex-Mann handeln, denn der machte mir bei der Scheidung erhebliche Schwierigkeiten.“ flüsterte sie und wurde plötzlich ganz weiß im geschminkten Gesicht. „Er ist voller Heimtücke und rief mir immer wieder ins Gedächtnis, dass ich vor Gott immer noch mit ihm verheiratet sei. Ein richtiger Wirrkopf!“
„Gut, das schränkt unsern Aktionsradius zumindest auf 2 Personen ein.“ stellte Rau fest. „Denn es ist oft so wie in Filmen: manchmal ist der Schuldige jener, welcher nicht verdächtigt wird.“
Zuerst nahmen sich Rau und Jumbi den aktuellen Mann der Dame vor, einen Herrn Zoran Benzu, der sich die Anschuldigung ruhig anhörte. „Ich verstehe, dass unter solchen Umständen ich in Verdacht gerate, aber, wenn ich Sie recht verstanden habe, dann haben Sie ja mit dem Auftraggeber telefoniert, also müssten Sie meine Stimme wieder erkennen.“
Jumbi überlegt und sagte dann: „Naja, der Mann am Telefon keuchte so komisch.“ Rau nickte zustimmend.
„Wahrscheinlich hat er Asthma!“ lächelte Zoran und lehnte sich entspannt zurück. „Wenn ich Ihnen raten darf, dann suchen Sie den Ex von meiner Gattin. Er heißt Georg Mantilly und wohnt nahe Schönbrunn. Hier ist seine Karte, er ist Vertreter für Kosmetika und reist oft nach Frankreich.“
Mantilly
hörte sich auch alles ruhig an und meinte dann aufgeregt: „Das ist ein
Komplott, der neue Mann meiner Frau macht mir das Leben schwer, er hat mir
schon einige Schläger geschickt, die ich nur mit Müh und Not abwehren konnte.
Zum Glück kann ich Karate! Sogar er selber hat mich schon angegriffen! Er joggt nämlich täglich, ist gern
hier unterwegs und hat mich dabei einmal bei meinem Spaziergang erwischt. Mon Dieu, was für ein Filou!“
Rau
sah Jumbi kopfschüttelnd an und dieser erwiderte: „Tja, eigentlich kommt mir
seine Stimme auch nicht bekannt vor. Aber ich glaube, ich weiß jetzt, warum die
Stimme am Telefon so gekeucht hat.“
WARUM?
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