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Freitag, 2. März 2012

Was wirklich wichtig ist

In der Nacht auf den 27.Feber  fand wie jedes Jahr wieder die Oscar-Verleihung statt. Hollyschutt-Selbstbeweihräucherung at it‘s best. Natürlich vermied ich diese opulente Veranstaltung, sie läuft sowieso immer gleich ab, nicht mal die Witze sind neu. (sogar die selbstironischen wie: Was gibt es Besseres, um  sich von Problemen ablenken zu lassen, als Millionären dabei zuzusehen, wie sie sich Goldstatuen überreichen? – Ich wüsste ja was: wie sie sich die Statuen gegenseitig über den Schädel hauen!) Die üblichen Verdächtigen (ein seltsames Sammelsurium von menschlichen Pfauen und Pfingstochsen), frisch gepimpt vom Schönheits-Doc, ausstaffiert von diversen Modezaren, behängt von Edel-Juwelieren und aufgeputzt von Top-Stylisten sitzen einträchtig hoffend, den andern zu überstrahlen, im Auditorium und lauschen selbstverliebt den launigen Laudatoren. Ab und an lassen sie die funkelnagelneuen Veneers aufblitzen, wobei sie darauf achten, dass ihre Visagen nur ja keine Falten werfen. (Die Filme sind am erfolgreichsten, wenn darin Mörder, Huren und Politiker verherrlicht werden, oder Naturgesetze außer Kraft gesetzt und die Geschichte umgeschrieben oder zumindest stark abgeändert werden kann.) Jeder fiebert seiner Großaufnahme entgegen und hofft, später die beste Kritik für sein Aussehen zu ergattern. Alle warten sie ungeduldig, wer den großen Preis für‘s beste Mimen abgreifen darf. -Ich für meinen Teil hätte ja dem goldigen Hündchen die Goldstatuette verliehen, aber mich fragt ja keiner und außerdem hätte dem Terrier sowieso eine Knackwurst mehr Freude bereitet. Nachher wird dann in allem möglichen Nachrichten-Sendungen darüber berichtet, wer denn heuer die schönste Robe mit dem besten hochgezurrten Dekolleté hatte und wer mit wem von der After-Show-Party ins Hotel verschwand. Diesen Affenzirkus beobachteten via TV wieder mal 1,2 Milliarden Zuseher. Da merkt man gleich, was die eigentlich essentiellen Interessen der Menschheit sind. (Wer weiß, vielleicht hätten die alten Ägypter keine Pyramiden gebaut und Columbus hätte nie Amerika entdeckt, hätte es damals schon eine so perfekt funktionierende Unterhaltungs-Industrie gegeben.) -Mich würde es sehr freuen, wenn die Nobel-Preise mit ebensolchem Pomp übertragen werden würden und auch die dazu nötigen Laborarbeiten. Am 27. früh morgens sah ich eine höchst interessante Sendung: Science Slam (Wissenschafts-Wettstreit), wo junge ambitionierte Wissenschaftler verschiedener Universitäten auf einer sehr kleinen Bühne ihre tollen Forschungsprojekte präsentierten. Eine zu Unrecht wenig beachtete Veranstaltung, obwohl die jungen Talente ihre Ergebnisse derart populärwissenschaftlich veranschaulichten, dass auch weniger Intellektuelle geistig leicht folgen konnten. Einer der angehenden Uni-Professoren stellte die Möglichkeit, mit einem Molekül eine Verbindung einzugehen, einfach dar, indem er seiner ihm assistierenden Kollegin kurz die Hand gab. Eventuell hätte er mit ihr einen hollywoodreifen Geschlechtsverkehr darstellen sollen, um dem Wettstreit mehr Aufmerksamkeit und eine längere Sendezeit zu bescheren. Er und seine Kollegen hätten es mehr als verdient, von 2 Milliarden Zuschauern begeistert beklatscht zu werden. Aber das ist typisch für die Menschheit und zeigt deutlich, warum unsere Spezies ihre dringlichsten Probleme noch immer nicht gelöst hat. Wir sollten eigentlich schon mit der Kolonisierung des Mars fertig sein, aber stattdessen verplempern wir wertvolle Zeit mit der Huldigung von operierten Komödianten und deren Ablenkungsversuchen in Film und Fernsehen, die uns geschickt von solchen Fortschritten abhalten. Entertainment statt Entwicklung. Da hilft es auch nix, dass sich die Filmindustrie hin und wieder mit Science Fiction beschäftigt.
Viel mehr Kinder wollen, einer Umfrage zufolge, Schauspieler anstatt Wissenschaftler werden. (Natürlich hätte nicht jeder das Talent für Erfindungen, aber Interesse könnte man doch wenigstens schüren und den jugendlichen Intellekt anzuregen versuchen.) Es ist auch leichter einen Astronauten nur zu mimen, als real im All herum zu turnen und sich der tödlichen Strahlung auszusetzen. Oder einen Professor anhand eines Drehbuches darzustellen, als nach langem Studium einer zu sein. Auch psychische Störungen lassen sich besser vor der Kamera ausleben als auf einem Lehrstuhl. (Prof. Borwin Bandelow erläuterte einmal so treffend: „Die Stars sind nicht etwa beklopft, weil sie reich und berühmt sind, sondern sie sind reich und berühmt, weil sie beklopft sind.“ - drum ist aus mir keiner geworden.)
In Groß Britannien werden jährlich 17.000 Schauspielschüler mit ihrer Ausbildung fertig, die aber durchschnittlich nur 11 Wochen im Jahr Arbeit haben und den Oscar nicht mal polieren dürfen. Die restliche Zeit schlagen sie meist mit Kellnern tot, um überleben zu können. Traurig! Soviel zum schönen Schein der Glitzerwelt, der so weit vom realen Leben entfernt ist wie unser Mond vom Mars.

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