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Dienstag, 31. Januar 2012

Phantom oder Sadist?

Heute blieb ich beim Zappen auf einem Kanal hängen, just als ein Atheist sein Buch vorstellte. Nicht nur an Gott kann er nicht glauben, auch an die Politik, das Glücksspiel, die Werbung nicht, ebenso wenig an seine Vortragskunst, denn aus seinem Werk las ein Freund von ihm, der gleich zu Anfang meinte: „Es gibt auch für einen Atheisten was Blasphemisches“. Der Autor saß stumm daneben und schien ein unglücklicher, verbitterter Mensch zu sein, wie so viele, die keinen Glauben hatten oder von ihm aufgrund eines Traumas abgefallen sind. In einer Episode des Buches schildert er, wie zwei Frauen im Wartezimmer seines Hausarztes über die Heilung eines krebskranken Teenagers reden. Eher unfreiwillig belauscht er die beiden bei Sätzen wie: „Die Kleine hat 1000 Schutzengel gehabt!“ und „Da hatte wohl der liebe Gott seine Hand im Spiel, diese Krankheit zu überleben.“ Mühevoll muss er sich zur Ruhe mahnen, da er weiß, dass Grundsatzdiskussionen über Gott sinnlos sind. Doch als die Patientinnen weiter überirdische Kräfte lobpreisen, anstatt die Ärzte für deren erfolgreiche Therapie, reißt ihm der Geduldsfaden und er schaltet sich rüde ein: „Wenn euer Gott so ein lieber ist, warum hat er dem Mädchen den Krebs dann überhaupt an den Hals gezaubert? Zuckerbrot und Peitsche heißt seine Methode. Erst bring ich dich fast um und dann heil ich dich. - Schmerz ist die Nahrung Gottes!“
Vier große Augen starrten ihn kurz erschrocken an und eine der Frauen gab tatsächlich zu: „Wenn man es so sieht, haben Sie eigentlich recht. …… Aber Gott-sei-Dank ist ja alles noch einmal gut ausgegangen!“ – So weit so pointiert. (Erinnerte mich an das Bonmot von einem Mann, der nach seinem Glaubensbekenntnis gefragt, munter antwortete: „Ich bin Gott-sei-Dank Atheist!“)
Ich maße mir nun kein Urteil über Glaubensfragen an, habe mich jedoch – wie jeder von uns – oft nach der Existenz einer höheren Macht, die mir hilft, gesehnt.  Aber leider haben wir, wie die Bibel berichtet, das Paradies verspielt und könnten laut Psychologen darin gar nicht glücklich leben – jedenfalls nicht lange, denn der Mensch braucht Erfolgserlebnisse durch Problemüberwindung und/oder  –vermeidung. (Der alte Witz drängte sich mir auf: Wenn Adam und Eva Chinesen gewesen wären, lebten wir noch im Garten Eden, denn die hätten statt des Apfels die Schlange gefressen!) Ein Mann in einer Partner-such-Sendung haderte mal: „Gott ist ein Sadist! Er gibt einem Gefühle, die man dann gar nicht ausleben kann.“ – Ähnliches habe ich mir auch schon mal gedacht: wie einst dem Tantalus mit unerreichbarem Speis & Trank, wedelt er uns laufend via TV mit Luxus, Ruhm & Macht vor der Nase herum, die nur wenige mit großer Erbschaft oder viel Skrupellosigkeit erreichen können. - Ein Schriftsteller stellte in seinem Werk Gott gar vor Gericht, der ja auch Mörder geschaffen hat und Morde zulässt. (Dazu fallen mir auch einige Zeilen aus einem tragikomischen Gedicht ein: Durch einen Fehler im Weltenplan löste sich mein Vorderzahn. Da wurde mir schmerzlich klar, dass ich sterblich war. Seid also gewarnt, ich habe Gott als Mörder enttarnt.)
– Oder gibt er uns wirklich nur den freien Willen zu Gut & Böse, wie die Religionen erklären, welche aber auch vor allem als Macht-Instrumente geschaffen wurden, um die Massen zu kontrollieren und zu beruhigen. (Man denke an Karl Marx der feststellte: Religion ist Opium für das Volk!) Die ewige Frage: Gibt es Gott oder ist er nur ein Phantom, dessen Existenz uns Mut, Kraft, Trost und Ausdauer spenden soll??? –Dazu wieder eine Erinnerung von mir, diesmal von einem deutschen Pfarrer, der eines Tages von einer Frau angerufen wurde, die ihn fragte, ob sie nicht trotz Selbstmord in den Himmel kommen könnte. Doppelt tragisch fand er das, nachdem er im Hintergrund eine Kinderstimme hörte: „Mami, mit wem telefonierst du?“- Nun wusste er, dass es völlig sinnlos war, an die Verantwortung dieser Dame zu appellieren, sondern erklärte ihr sachlich: „Das ist eine moralische Frage, ich kann Ihnen keine Erlaubnis geben, sich umzubringen, aber was Sie auch tun, Sie fallen nie tiefer als in Gottes Hand. Er ist der eine, der immer zu Ihnen hält und Sie auffängt!“ - Daraufhin stellte sie fest: „Aber dann brauche ich mich ja gar nicht umzubringen!“ (Ich als Zyniker hätte ihr noch gesagt: Jedenfalls nicht sofort. Behalten Sie es als letzte Option im Hinterkopf. Sich umbringen können Sie immer noch. Aber wenn es Ihnen im Jenseits nicht gefällt, können Sie nicht wieder retour!) – Allein der Glaube an Gott und dessen unendliche Güte gab der verzweifelten Anruferin die Kraft weiter zu leben.
VIVERE MILITARE EST – Leben heißt Kämpfen - und ist eben kein Wunschkonzert! Bestimmt ist Gott kein Flaschengeist, den wir zur Wunscherfüllung aus Aladins Wunderlampe rauslocken können. Viele Menschen bereiten sich selber die Hölle auf Erden mit doppelt so viel Mühe als für den Himmel nötig wäre. Auch die vielen miesen Krankheiten, die uns plagen, hat er uns sicher nicht an den Hals gehext, sondern wir uns oft mit falscher Lebensweise heran gezüchtet und an unsre Kinder im Erbgut weitergereicht. Auch an Unfällen ist unsere eigene Unvorsichtigkeit, Selbstüberschätzung oder Risikofreude schuld – oder die unserer Mitmenschen, die sich nicht nur selbst gefährden, sondern auch Unschuldige. - Ich erinnere mich an eine Arbeitskollegin, deren Gatte vor Jahr und Tag bei einem Motorradunfall starb, was ihr das Resümee entlockte: „Manchmal denkt man, Gott kann es nicht geben, wenn er sowas zulässt.“ Damals  sagte ich: „Ja, man meint hin und wieder, dass er das Böse belohnt und das Gute bestraft.“ Schließlich konnte ich sie ja nicht mit den Worten trösten: „Warum soll es ihn nicht geben, er hat doch gerade deinen Mann auf angenehme Weise zu sich in den Himmel geholt. Denn Genickbruch als Todesursache ist, verglichen mit einem langen Siechtum als Kassenpatient in einem öffentlichen Spital, ein wahres Gottesgeschenk! Und er hat dir außerdem das Erkalten der Liebe, die Scheidung und das Aufteilen des Vermögens erspart. Und dazu deinem Gatten das Kreuz des Alterns und weiteren Ärger im Beruf.“ (Nicht umsonst sagt man in Bayern, wenn einer stirbt: er hat es sich verbessert!) Aber diese Erklärung habe ich mir verkniffen. Bei mir verhält es sich genau umgekehrt: statt, dass Gott liebe Menschen von mir nimmt, hat er mir lästige Zeitgenossen gelassen, obwohl ich ihn als Kind so gebeten habe, mich von psychisch beeinträchtigten Angehörigen zu befreien. Naja. Aber er ist ja kein Dschinni, wie schade….Wenn es ihn überhaupt gibt. Ein anerkannter Wissenschaftler meinte in einem Interview: „Gott darf gar nicht beweisbar sein, sonst gäbe es ja nur opportunes Verhalten.“- Dazu muss ich bemerken, dass mir einige Leute begegnet sind, die mir Fakten bestritten haben, die eindeutig beweisbar waren. Diese Figuren würden selbst Gott, wenn er ihnen leibhaftig erschiene und Wunder wirkte, als falschen Propheten diffamieren und nach einer versteckten Kamera suchen. Eine Zeugin Jehovas behauptete im Gegensatz dazu wieder, vollends überzeugt: „Der Mensch wird seine Probleme nicht bewältigen, Gott wird eingreifen!“ Ich wollte sagen: „Das wär doch so, als würden Sie Ihr Kind, das bei der Mathe-Hausübung sitzt, anschreien: Gib her, du Trottel, das schaffst du sowieso nicht, dich müssen sie im Spital vertauscht haben. Ich löse deine Aufgaben für dich!“ - beließ es aber dabei. (Die arme Zeugin sah nämlich so aus, als könne sie nicht bis drei zählen und wäre so dringend auf Gottes Hilfe angewiesen, dass ich ihr diese nicht madig machen wollte.) - Warum soll er sein Experiment abbrechen, wenn es am spannendsten wird? - Denn es könnte gut sein, dass wir Gottes Unterhaltungsprogramm sind – manche eher die Sendepause – und ihn mit unsren Handlungen mal erfreuen, mal erschrecken, mal zum Weinen und mal zum Lachen bringen. Wer weiß, vielleicht ist die Welt nur so eine Art Computerspiel, in dem jeder von uns nur ein Leben hat und – wenn er ausscheidet – den andern zusehen darf, wie sie ihres gestalten, verkorksen und verludern. Vielleicht ist Gottes Schöpfungsplan auch auf die Apotheose des Menschen ausgerichtet: Wenn wir alles richtig machen, werden wir selbst zu Göttern, können uns ein Universum schaffen mit Pflanzen, Tieren und Menschen, die uns verehren oder an unserer Existenz (ver)zweifeln……?

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