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Dienstag, 3. Januar 2012

Abgesandte aus der Hölle

Im Gedränge der Großstadt ist es selbstverständlich, dass man immer wieder mal angequatscht wird. Wildfremde fragen dann meistens nach Sehenswürdigkeiten, Arztpraxen, Institutionen oder ob frau sie nicht ins nächste Café begleiten möchte. Unangenehm wird’s nur, wenn arbeitsscheues Gesindel Geld abgreifen will. (Oft wird dies bequeme Gesocks extra mit VW-Bussen von auswärts herangekarrt, um für reiche Capos anzuschaffen!)
Vorm altehrwürdigen Stephansdom wurde ich einst von einer Frau, die übrigens viel teurer als ich gekleidet war, mit flehendem Hundeblick um eine Spende gebeten. In noch jugendlicher Naivität entnahm ich meinem Portemonnaie 100 Schilling. Den kritischen Blick, den ich dafür von der stylischen Bettlerin erntete, werde ich nie vergessen. Er erinnerte mich an meinen cholerischen Chef, der bei jeder kleinen Fehlleistung in die Luft ging wie eine Pershing-Rakete. Die undankbare Person hielt mir den Schein mit Eugen Böhm Ritter von Bawerk drauf (dem Begründer der österreichischen Kapitaltheorie!) vor die Nase und sagte plötzlich mit harter Stimme: „Das ist zu wenig!“
Typisch, wem genug zu wenig ist, dem ist nichts genug! Nach einem kurzen Schockmoment entriss ich ihr den Hunni wieder und bellte: „Dafür hab‘ ich anderthalb Stunden in einem Nikotin-verqualmten Büro voll intriganter Kollegen hart arbeiten müssen, du blöder Trampel! Oder glaubst du, der ist mir aus’m Arsch gewachsen???!“ - Frechheit sowas, aber für diese unverschämten Kreaturen müsste man Ein-Millionen-Dollar-Noten drucken lassen. Damals verödete meine soziale Ader schlagartig.
Erstens hab ich’s in meinem Leben nicht so leicht gehabt, da sehr unkooperative Verwandte mir mit Hinweis auf familiäre Armut kein Taschengeld gaben – aber für Sargnägel Marke Marlboro waren immer Moneten da! -Schon von Geburt an hat mich ein unbarmherziges Schicksal immer mit den komplett falschen Leuten zusammengewürfelt: egal ob unfähige Verwandte, die zwar Kinder wollten, sich aber nicht viel drum kümmerten, überforderte Lehrer(innen), die nur 2 Monate Urlaub im Sinn hatten und ihre Macht demonstrierten, indem sie unschuldige Schüler bestraften, hirnamputierte Handwerker, wie z.B. debile Installateure, die nicht mal ein Rohr isolieren konnten oder gefühllose begüterte aalglatte Lebensabschnittpartner, die nach spendabler Werbephase stark nachließen,- aber ich schweife ab…
Zweitens arbeitet jeder normale Steuerzahler bis 31.7. !!!(Tax-free-day) für Vater Staat. Von den restlichen lumpigen 5 Monatsgehältern will und kann ich daher nix mehr abgeben! Trotzdem bin ich gutmütig geblieben! Jawoll! Als mich vor ein paar Jahren ein Afrikaner fragte, ob ich ihm helfen könne, sagte ich spontan: „Aber natürlich werde ich Ihnen helfen! Kommen Sie mit!“
Ich weiß nicht, ob er glaubte, ich nehm ihn zu mir heim, denn er versprach: „Ich mach bestimmt kein Dreck!“ Daraufhin beruhigte ich ihn: „Guter Mann, wo wir jetzt hingehen, können Sie soviel Dreck machen wie Sie wollen, es fällt bestimmt gar nicht auf!“
Am Weg in den 1.Bezirk erzählte er mir in gebrochenem Deutsch die üblich rührselige Story jedes Wirtschaftsflüchtlings, der sich in der Festung Europa goldene Straßen erwartet, und mit der popligen Mindestsicherung abgespeist wird: „Bin mit 2000 People in Boot über Meer nach Italy gefahren, weil daheim viel Krieg, im Lager gesessen, wo schon 20.000 People waren, mit Zug nach Austria gekommen. Zu Mama Afrika. Die war ganz lieb!“
„Schön, dass Sie wenigst eine liebe Mama haben, meine ist zum Vergessen! Raucht wie ein Schlot, frisst wie ein Scheunendrescher und hat schon 2 Ehegatten unter die Erde gebracht!“ Da guckte er wie ein Autobus, so jemand Ehrlicher wie ich ist ihm scheinbar noch nie begegnet. Als wir endlich beim Parlament standen, vor dem die Göttin der Weisheit aus Verzweiflung zu Stein geworden ist, zeigte ich auf den Eingang für die Abgeordneten und erklärte: „Da kommen die Hurenböcke, die im Geld ersticken, immer raus marschiert, nachdem sie wieder Scheiße gebaut haben, oder einfach geschlafen oder telefoniert. (Wieder mal wurde mir schmerzhaft klar, dass ich an der falschen Fakultät studiert hatte. Politik muss man inskribieren! Wenn man dann durch Antichambrieren einen Job bekommt und einen Fehler macht, kann man immer noch eine Riesen-Abfindung kassieren und kriegt zum Trost einen Bomben-Job in der Wirtschaft!) Die müssen Sie fragen, denn diese Kretins sind so stinkreich, dass sie bei Schneefall sogar die Zufahrt zu ihrer Villa heizen können!“
Schwer zu sagen, ob er mich verstanden hat, ich glaube aber schon, denn seine weißen Augäpfel quollen aus seinem schwarzen Gesicht wie Ping-Pong-Bälle. Tja, da kommt jeder ins Staunen, welche Zustände bei uns eingerissen sind! Egal ob er aus Afrika, dem Hindukusch oder sonstwo vom Arsch der Welt gekrochen kommt, und das Pech hatte, noch nicht von einem A-Promi mit Borderline-Syndrom und narzisstischem Exhibitionismus zwecks nötiger Aufmerksamkeitssteigerung und steuerlicher Vorteile adoptiert worden zu sein. Das sind erst die Richtigen: geldgeil bis ins Mark, süchtig nach Ruhm und vordergründig engelhaft, dabei aber immer nur eigene Interessen und Verkaufstaktiken im Auge! Um in die Promi-Position zu kommen, einst knallhart die Ellenbogen eingesetzt - und noch andere Körperteile - und nun von oben herab alle zum Kaufen und Spenden aufrufen! Mit dem Hinweis: uns geht es doch allen sooo gut! -Ja, EUCH Hurenkindern schon, aber mir nicht!!!Doch genug von diesen berühmten Blutsaugern, die von einfältigen Fans noch vergöttert werden, wenn sie schon längst in der Gruft verrotten.
Ziemlich verloren stand der Asylant da, ich denke, ich hätte ihm wohl noch den Text seiner Betteltirade an die reichen Herren Parlaments-Abgeordneten verfassen sollen. Aber ich hab schließlich noch was Wichtigeres zu tun. Neulich, als ich schon wieder von einem aggressiven Bettler belästigt wurde (obwohl’s gesetzlich verboten ist), kam mir spontan die grenzgeniale Idee: warum diese Abgesandten der Hölle nicht für eigene Zwecke einspannen? Also übergab ich dem übel aussehenden Burschen die Visitenkarte meines Ex-Freundes und flötete verheißungsvoll: „Kommen Sie abends, da ist mein freigebiger reicher Freund bestimmt daheim.“ Der Bettler sah sehr interessiert aus, schnell dorthin zu kommen. Besonders wenn sein Mercedes in der Einfahrt steht!“ fügte ich mit wohlwollendem Blick dazu. -Tolle Idee, was? Außerdem hab ich - das hieß - irgendjemand seinen scharfen Wachhund vergiftet. Es konnte daher nicht zur Abschreckung bedürftiger Besucher kommen. Ach ja, was hatte ich mir für ihn nicht schon alles Lustiges ausgedacht. Seine noblen Visiten-Kärtchen verlor ich vor Schwulen-Bars mit dem Hinweis: Ottfried hat immer ein offenes Ohr-schloch für Euch! -Oder ich bestellte ihm immer wieder Fertig-Pizzen und anderes Fastfood, von dem ich wusste, dass er es auf den Tod nicht ausstehen konnte. Warf einige Kukident-Tabletten in seinen Koi-Karpfen-Teich, der dann so schön schäumte. Lockte die Drogen-Fahnder wegen verbotenem Hanfanbaus in seinen gepflegten Wintergarten oder schickte ihm die geifernden Finanzblutspürhunde ins Büro auf eifriger Suche nach verschleierten Gewinn-Konten mit Schwarzgeld in Liechtenstein.
Eine gemeinsame Bekannte verriet mir dann, dass er öfters solche unglaublichen Schwierigkeiten hatte und, dass ihn wohl wer hasste. Es fiel mir sehr schwer, einen anteilnehmenden Gesichtsausdruck zustande zu bringen. Wir überlegten dann gemeinsam, um wen es sich dabei wohl handeln konnte. Als sie mich mit zugedrücktem linken Auge fragte, ob ich diejenige welche wäre, tat ich entrüstet und schwor ihr beim Tod seines treuen Schäferhundes, es nicht gewesen zu sein! Wir, zwei seiner vielen enttäuschten Exen, schieden also aus, denn wir waren ja zivilisiert und hatten uns gütlich von ihm getrennt und ich habe mit meinem kleinen Rachefeldzug geduldig ein halbes Jahr gewartet, in dem er schon wieder mindestens drei arme gutgläubige Damen verschlissen hatte.
Nun traf ich meine, das hieß unsre Bekannte wieder und sie berichtete mir, dass Ottis Haus ausgeraubt worden war, nachdem schon Tags zuvor sein Mercedes gestohlen wurde, derweil er nichtsahnend auf einer feinen Vernissage neue weibliche Opfer anzubaggern versuchte, das miese Schwein. „Hmm“, machte ich versonnen und verbiss mir ein gemeines Grinsen, „die Kriminalität wird auch immer schlimmer.“ Insgeheim dachte ich mir: diese lästigen  Bettler und ihre hinterlistigen Helfershelfer werden auch immer dreister. Aber diesmal hatten sie wenigstens den Richtigen erwischt!




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