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Dienstag, 7. Mai 2024

Kurzgeschichte

 Hubmann war es unendlich peinlich gewesen. Daher fuhr er mit seinem neuen BMWi4 um 8.25 Uhr (für ihn nacht-schlafene Zeit) zu der Tankstelle, die er gestern mit nur knapper Not & dem letzten Schluck Benzin erreicht hatte. Der Tankwart empfing ihn mit einer Leidensmiene in seinem Kabäuschen, als wäre er gerade mit einer Schrotflinte in den Bauch geschossen worden. "Was wollen'S denn?"

"Verzeihen Sie die Störung, leider passierte es mir gestern Nacht, dass ich weder Bargeld noch Visakarte einstecken hatte. Ich wollte ja Ihrem Kollegen den Führerschein als Pfand dalassen, doch das hat er vehement abgelehnt, mit der Bemerkung, er hätte schon fremde Führerscheine zum Säue-füttern und nehme höchstens Wertgegenstände in Zahlung. Also gab ich ihm meine Rolex."

"Was haben'S g'macht?" Die Leidensmiene wich ungläubigem Staunen.

"Ich überreichte ihm meine Uhr, um volltanken zu können. Jetzt hätte ich sie gern wieder zurück im Austausch gegen Bargeld." Schon zückte Hubmann sein Portemonnaie.

"Des hab' i no nie erlebt", versicherte ihm der Tankwart im breiten Wiener Dialekt, sichtlich schon pensionsreif, öffnete die Schublade an seinem Tischchen und kramte darin herum. "Wie ich's mir dacht hab'! Führerscheine hamma gnua, wollen'S Ihna an aussuachen?"

"Nein, danke, ich fahre ohnehin nie alkoholisiert, ich möchte nur meine Uhr."

"De is aber net da!" Demonstrativ rückte der Tankwart mit seinem Sessel quietschend zurück und zeigte Hubmann seine Sammlung an Führerscheinen, alte rosafarbene und neue Scheckkartenformate mit den üblichen todernsten Porträts darauf, wie sie auch in Verbrecheralben zu finden waren. Dann begann er zu grinsen. "Oje, jetzt kummt's mir! DARUM hat der junge Dutter mich angerufen und g'sagt, er schmeißt hin! Der is mit Ihnera Uhr stiften gangen, hähä!" Er lachte unverschämt und mit solcher Inbrunst, dass Hubmann beinahe mit gelacht hätte. "Was geb'n Se a an bluatjungen Bürscherl Ihna Rolex! Geht's Ihna z'guat?"

"Hören Sie, ich kann doch nicht wissen, dass Sie Nachwuchsgangster beschäftigen."

"Ja, i muaß nehma, wer se bei mir meldet! Er war a arbeitsloser Student!"

"So?" Hubmann rang um seine Contenance. "Und was hat er studiert: Kriminalität?"

"Na, Ägyptologie, wobei i mir da a nimmer so sicha bin, jetzt, wo er Ihna de Uhr g'fladet hat, hähähä!"

"Dann soll ihn der Fluch des Pharao treffen. Geben Sie mir die Daten Ihres Diebes!"

"Er is net mei Dieb, außerdem hab ich seine Daten net, weil der war seit gestern erst auf Probe bei mir. Den Nachtdienst will doch keiner machen, bei die vielen Überfälle! Außerdem haben wir ja Datenschutz, da dürfert i Ihna den seine Daten gar net geben, selbst, wann ich sie hätt, was aber net der Fall ist." Trotzig verschränkte der Tankwart seine Arme vor der Brust, was Hubmann anzeigte, dass der Fall für ihn erledigt sei.

"Ich werde eine Anzeige machen!", kündigte er ihm wütend an.

"Ja, von mir aus, tun Sie, was Se net lassen können. ICH hab Ihna Uhr jedenfalls net. Des is doch purer Leichtsinn, dass Se dem angeblichen Studenten Ihna Rolex aufdrängen, da kann i Ihna glei sag'n, wird der Richter net vü G'schichten machen und des Verfahren einstellen."

"Das werden wir ja sehen!" Mit einer Träne des Zorns im Augenwinkel fuhr Hubmann ohne seine Uhr Richtung Polizeirevier. Unnötig zu bemerken, dass er diese Tankstelle nie wieder aufsuchte.

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