In der Mittagspause ging Kommissar Rau gern in irgendein Wirtshaus in der Nähe des Sicherheitsbüros, um dem eintönigen Mampf in der Werkskantine zu entkommen. Als er also so dahin schlurfte und überlegte, welchen Wirt er wohl beehren könne, wurde er Zeuge einer Verfolgungsjagd. Ein junger Mann rannte wie wild an ihm vorbei und wurde von einem älteren, aber sehr fitten Herrn unter lauten Rufen „STEH’BLEIB‘N DU VERBRECHAAA!“ verfolgt. Ob Herdentrieb oder Pflichtbewusstsein, jedenfalls rannte auch Rau den beiden nach und konnte sehen, wie der Verfolger den Verfolgten mit einem lauten Schrei zu Fall brachte und sogleich auf ihn einprügelte.
„Halt! Aufhören!“ rief Rau und keuchte ein wenig.
„Des Gfrast hat grad mei Frau belästigt!“ erklärte der Herr empört. „Und i zeig ihm jetzta, was i davon halt!“
„Selbstjustiz ist bei uns verboten!“ erinnerte ihn Rau und griff sich den jungen Mann, der schon aus der Nase blutete. „So, was haben Sie dazu zu sagen?“
"Die beiden haben mich bei einem Autokauf vor 3 Wochen betrogen." rechtfertigte sich der Unterlegene. "Und ich hab die Frau nur gefragt, ob ihr eine Anzeige lieber ist, oder ob sie mir freiwillig meine 1.500 € zurückgibt!"
"Der lüagt, wenn er de Pappen aufmacht, der Hund! Wia a Politiker!" schimpfte der Angreifer und ballte wieder die Faust. "Glauben's eahm ka Wurt!"
"Und dann hat sie gesagt, ich soll verschwinden, sonst prügelt mir ihr Alter die Seele aus dem Leib!" führte der Nasenbluter weiter aus.
Und das auf nüchternen Magen, dachte Rau. "Das ist ein Fall für's Betrugsdezernat!"
"Naa, des is a Fall für a Tracht Prügel. Erstens hab i eahm den Wagen allanig verkauft und zweitens is er auf alle Fälle 1.500er wert!" behauptete der Wilde. "Und drittens: was mischen SE Ihna überhaupt ein? Habens selber kane Probleme?" Daraufhin zeigte ihm Rau seinen Ausweis, worauf er nonchalant meinte: "Naja, Mord is ja NOCH kaner passiert!"
"Aber Sie haben mich bedroht!" erinnerte ihn der Junge. "Mit dem Umbringen!"
"Nix da, i hab nur g'sagt, dass i di aus der Seel beitel, du Beitel, mehr net!"
Da stakste schon die Gattin des wildgewordenen Mannes daher und meldete sich zu Wort: "Was is jetz? Müass ma dem Idioten des Geld wieder z'ruckgeb'n?"
"Pscht! Da is a Krimineser dabei!" flüsterte er ihr zu.
"Hallo!" grüßte sie Rau artig. "Dem frechen Bürscherl haben's grad des Leben gerettet!"
Neugierig geworden fragte Rau: "Wo befindet sich der umstrittene Wagen denn nun?"
"Gleich ums Eck!" erwiderte der Junge und eilte voraus, worauf ihm Rau und das Paar schnellen Schrittes folgten.
Da stand ein schwarzer Ford Mondeo mit Rallye-Streifen, der in der Sonne glänzte.Rau besah sich die Reifen und stellte fest, dass sie fast kein Profil mehr hatten. Ein Außenspiegel fehlte- scheinbar abgebrochen. Im Innenraum des Wagens wies die helle Polsterung einige braune Flecken auf, die von Blutspuren stammen konnten. "Na, wenn ich mir den Wagen so ansehe, dann ist er wirklich kaum so viel Geld wert."
"Des is a Liebhaber-Stück! Viele kaufen den allanig wegen der Karosserie!" flötete die Dame. "Außerdem hab ich die Sitze geputzt bis zur Bewusstlosigkeit."
"War das mal Blut?" erkundigte sich Rau.
"Naaa!" rief der leicht reizbare Mann aus. "A Flaschen Rotwein is ma ausg'runna. Drum hat's a ziemlich g'stunken und i hab beim Planquadrat immer blasen müssen! Es war übrigens a Super-Blaufränkischer! Ewig schad drum!"
"Jaja, der üble Geruch kommt auch noch erschwerend dazu." meinte der Junge und putzte sich seine Nase. "Aber das Schlimmste ist, dass man den Motor tauschen müsste. Der hat faktisch nur die Probefahrt reibungslos überstanden."
"Redens ka Blech!" rügte ihn die Dame. "Wir sind doch mit dem Wagen gar net viel herumg'fahr'n. Der Motor is quasi neu.Vielleicht haben's den falschen Benz tankt!"
"Nein, das habe ich nicht!" verteidigte er sich. "Ich war mal Tankwart!"
"Dann hat Ihna wer Zucker in Tank g'streut, hähä!" grinste der Mann und zwinkerte seiner Frau zu. "Weil's so a Querulant san, wahrscheinlich!"
"Das ist mir jetzt zu dumm! Entweder Sie geben mir mein Geld wieder und wir machen den Kauf rückgängig, oder ich zeige Sie an!" forderte der Junge ärgerlich.
"So leicht geht des net!" entgegnete der Herr. "Se kennan mir net derzähl'n, dass Se in de 3Wochen nur de Probefahrt g'macht haben. Sicher haben's unser Baby wia a Wülder über Stock und Stein gejagt und nachher no durch de Waschstrassen!"
"Reg di net auf, i hab ja a Foto g'macht, bevur ma eahm des Auto verkauft hab'n!" sagte die Dame triumphierend und zeigte Rau auf ihrem Smart-Phone das Bild, auf welchem das Auto sowie der neue Käufer in Sieger-Pose zu sehen waren.
Interessiert guckte Rau genau hin und murmelte dann: "Tja, das war's dann wohl, mein lieber junger Freund! Sie werden den Kauf nicht rückgängig machen können!"
WARUM WOHL?
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