"Auweh!“ brüllte Rau als er morgens im Flur des Sicherheitsbüros
auf's Steißbein fiel und wie ein umgefallener Maikäfer alle Gliedmaßen in die Höhe reckte.
Die Putzfrau kam mit ihrem Wagerl dazu und meinte nur schnippisch: "Nau, wann Se a mit Ledersohl'n daherkumman, dürfens Ihna net wundern, wenn's Ihna am Oasch haut! I hab grad allas picobello g'schrubbt! Ziagn's Ihna Spurtschuach an!"
Der Kommissar rappelte sich mühsam hoch und dachte nur: und sowas kassiert 8,50/Stunde! Da eilte auch schon die Sekretärin herbei und rief entsetzt: "Herr Rau, eine Katastrophe ist passiert: der Promifriseur, zu dem ich auch immer gehe, ist ermordet worden! In seinem Geschäft in der Innenstadt. Bitte, Sie müssen sofort hin!"
Auf dem Weg dorthin baute Rau einen Beinah-Unfall und ärgerte sich. Aber typisch, heut war auch Freitag, der 13. Triskaidekaphobie nennt man die Angst davor.
Im Promi-Friseurladen von Friedrich Hildebrand wuselten schon die Spurensucher herum und Pille, der Gerichtsmediziner mit Vorliebe für Star Trek, empfing Rau wenig herzlich: "So eine Scheiße! Der Täter hat den ganzen Vorrat an Wasserstoffperoxid ausgeschüttet. Fast unmöglich hier noch brauchbare DNA-Spuren sicherzustellen. Ich kann dir nur sagen, dass er vor circa einer Stunde - also 8Uhr15 - mit einer Schere in den Kehlkopf gestochen worden ist!"
In einem Hinterzimmer saß schluchzend eine aufgetakelte Friseurin, die der Kommissar sofort ins Gebet nahm: "Nun beruhigen Sie sich erstmal! Ich weiß, es ist schrecklich, wenn man einen guten Arbeitgeber verliert, aber die Zeit heilt alle Wunden!"
"Ach, hören Sie doch auf mit dem Blödsinn!" fuhr sie ihn an. "Dafür bleiben die Narben und die Zeit reißt neue Wunden auf!"
"Was können Sie mir über Ihren Chef erzählen, außer dass er einer der teuersten Coiffeure der Stadt war?" forschte Rau und rieb sich sein angeknackstes Hinterteil.
"Heute sollte ich um 8 Uhr im Geschäft sein, aber weil ich verschlafen hab, kam ich etwas später und fand ihn blutüberströmt. So als hätte ihn der irre Sweeney Todd in der Mangel gehabt! Keine Ahnung wer von unsern Kundinnen es gewesen ist. Der Terminkalender ist verschwunden!" ratterte sie im Eiltempo herunter.
"Interessant! Einen Mann als Mörder schließen Sie kategorisch aus?" fragte Rau.
"Klar, er hat doch nur Damen frisiert. Ich hab schon überlegt, wer freitags immer kommt. Da ist die Kommerzialrätin Bruck, die sich mal über eine schiefgegangene Dauerwelle beschwert hat, dann die Frau Spiegl, die mit ihrer letzten Blondierung haderte und Frau Mugl, die lauthals beanstandete, er habe ihr 5 cm zuviel abgeschnitten."
"Komisch!" wunderte sich Rau. "Und trotzdem wollten sie weiter bei ihm Kundinnen sein?"
"Naja, macht ja jeder mal einen Fehler. Außerdem wollten die Damen alle deswegen eine Gratis-Behandlung." erklärte die Friseurin, die ihre Platinmähne schüttelte.
Rau ließ sich die Adressen geben und fuhr zuerst zur Kommerzialrätin, die nicht weit vom Tatort entfernt eine Eigentumswohnung besaß.
"Schönen guten Tag! Mein Name ist Rau von der Mordkommission!" stellte er sich vor und zeigte wie gewohnt seinen Ausweis. "Leider hab ich eine traurige Nachricht für Sie, gnädige Frau! Ihr Friseur ist umgekommen!"
"Ojemineh!" jammerte sie gleich los. "Wo soll ich nun hingehen? Kommen Sie doch rein!" In ihrer Wohnung sah es ziemlich chaotisch aus. Frau Bruck hatte ein Handtuch um den Kopf gewickelt. "Wissen Sie, ich hatte zuletzt das Pech, dass mir Friedrich eine Dauerwelle mit einem Präparat für asiatisches Haar verpasst hat, wodurch mein feines Haar abgebrochen ist." Als sie das Handtuch vom Kopf nahm, erblickte Rau nur mehr ein cm lange Stifteln, die sie wie einen Igel wirken ließen.
"Und mit dieser Frisur wollten Sie heut wieder zu ihm?" fragte er ungläubig. "Ich hätte ihn an Ihrer Stelle sofort verklagt!"
"Das bringt doch nix! Er hat es doch nicht mit Absicht getan. Wer arbeitet, macht eben Fehler! Ihnen sind doch sicher auch schon einige Mörder durch die Lappen gegangen! Außerdem hat er mir angeboten, dass er mir die nächsten Termine keine Rechnung stellt." erklärte sie und schien darob erfreut.
"Hm, und wo waren Sie um 8Uhr15?" forschte er, während er immer noch den Blick auf ihr haariges Desaster geheftet hatte.
"Na hier! Ich hab ausgiebig geduscht, gefrühstückt und wollte eben weggehen! Glauben Sie gar, ich hätte ihn...? Das ist eine FRECHHEIT!!"
"Beruhigen Sie sich, gnä Frau! Ich musste Sie das fragen. Ein Motiv haben Sie auf alle Fälle. Zeugen haben Sie nicht?"
"RAUS HIER!!!" kreischte sie.
Bei Frau Mugl im 13. Bezirk empfing ihn die Bedienerin und bot ihm Platz im Salon an. "Ich werde der Gnädigen sofort Bescheid geben!"
Rau sah sich um und fand alles piekfein. Die Dame musste im Geld schwimmen oder Schulden wie ein Stabsoffizier haben. Als sie die Treppe herabschritt, heftete er den Blick sofort auf ihre Frisur, einen hübschen brünetten Pagenkopf. "Guten Tag! Mein Name ist Rau von der Mordkommission. Ihr Friseur ist leider nicht mehr unter uns."
"Wie bedauerlich!" sagte sie ruhig und deutete ihm Platz zu nehmen. "Ich war immer sehr zufrieden mit ihm. Außer beim letzten Mal, da hat er ein wenig zu viel von der Länge weggenommen. Aber das machte mir überhaupt nix aus. Und in seiner Freundlichkeit hat er mir angeboten, mich nächstes Mal kostenfrei zu frisieren."
"Und das wäre heute gewesen?" fragte Rau und setzte sich neben sie auf's Ledersofa.
"Ja, richtig! Leider hab ich den Termin versäumt, weil ich noch einige wichtige eMails schreiben musste." erklärte sie.
"Hm, und Ihre Hausdame kann bezeugen, dass Sie das Haus nicht verlassen haben?"
"Sicher, die würde aber auch alles bezeugen, schließlich zahle ich sie sehr gut." gestand Frau Mugl lächelnd.
"Hm, sehr ehrlich von Ihnen. Haben Sie wegen der fehlenden cm mit Herrn Hildebrand lang debattiert?"
"Aber überhaupt nicht! Probleme sind wie Goldfische, sie wachsen, je mehr man sie füttert. Ich hab nur knapp erklärt, ich sei nicht zufrieden, schon kam sein großzügiges Angebot. Eine Behandlung kostet immerhin 500 Euro."
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