Eigentlich wollte sich Kommissar Rau die
partielle Sonnenfinsternis ansehen, hatte sogar eine Schutzbrille beim Optiker
gekauft, doch wie so oft, kam ihm eine dienstliche Sache dazwischen. Und zwar
in Form eines alten Schulkameraden, welcher nach kurzem Anklopfen den Kopf ins Büro steckte. "Hallo Rau, erkennst du mich noch?" Seine Züge hatten einige Falten vom harten Leben ins Gesicht gebügelt bekommen, doch er war es unverkennbar: Sigi Lenz, der einstige Klassenclown. "Mensch Sigi, alter Schwede!" freute sich Rau und umarmte den einstigen Mitstreiter in unzähligen Kämpfen in und außerhalb des Klassenzimmers. "Was führt dich denn zu mir? Doch keine Mordgeschichte?"
Lenz trat ans Fenster, spähte kurz raus und gab dann zu: "Leider doch! Wie dir vielleicht zu Ohren gekommen ist, bin ich Privatdetektiv geworden. Mit eigenem Büro in München. Und nun führt mich ein heikler Auftrag in die alte Heimat, direkt zu dir!"
"Also raus mit der Sprache!" forderte ihn Rau auf und setzte sich.
"Ein Klient hat mich beauftragt den Mörder seiner Frau zu finden. Es ist schwer, die Sache kurz zu machen, aber ich will nicht deine kostbare Zeit überbeanspruchen: Die deutsche Polizei fand heraus, dass das Opfer, eine Dame Ende 40, in ihrem BMW von einem Anhalter vor 2 Monaten erwürgt worden ist. Nach dem Mord hat er ihr, sie wog über 100 Kilo, ein Stück aus dem Bauch herausgeschnitten und es verspeist. Leider sind die DNA-Spuren unbrauchbar, denn er hat das Auto angezündet. Durch viele Recherchen gelang es mir seine Spur aufzunehmen. Nach Zeugenaussagen ist er groß, kräftig und total irre. Bei den Einzelheiten wie Haarfarbe und so weiter gibt es Widersprüche, doch schließlich endet seine Spur in Steinhof. Ich nehme an, er ist vor 3 Wochen dort gelandet. Leider bekam ich als privater Ermittler keinen Zutritt zur geschlossenen Anstalt. Und da kommst nun du ins Spiel, mein Lieber!"
"Hmmm!" machte Rau. "Du willst, dass ich ihn enttarne, damit du den Lohn einstreifen kannst?"
Lenz nickte. "Die Wirtschaftskrise ist auch an mir nicht spurlos vorbeigegangen. Ich hab Schulden und für die deutsche Polizei ist der Fall schon bei den Akten. Mein Klient zahlt mir 10.000 Euro, wenn ich ihm den Mörder liefere!" er holte ein Foto aus seinem Sakko heraus und reichte es Rau. "Das war sie, Mechthild Krotke."
Rau nahm das Bild an sich, welches eine blonde mollige Dame zeigte. "Also gut, in Erinnerung an gute alte Zeiten." stimmte er zu und fuhr mit Lenz nach Steinhof. Die Sonne, welche sich heute über 60% verfinstern sollte, schien wie üblich strahlend von einem wolkenlosen Himmel, und wenn die Medien nicht eigens drauf hingewiesen hätten, wäre eine durch den Mond verursachte Finsternis gar nicht aufgefallen.
Wie zu erwarten war, erlaubte man Rau ohne weiteres Zutritt zur geschlossenen Abteilung, nachdem er sich ausgewiesen hatte. Ein Pfleger namens Sascha, an die 2 Meter hoch, führte ihn zu den schweren Fällen. "Wer ist denn erst kurz hier, seit Anfang März? Kräftiger Kerl, total irre!"
"Da haben wir 3 Neuzugänge im Angebot! Total irre sind hier aber alle." meinte Sascha und ließ ihn zuerst in die Zelle von einem gewissen Jakob Chwatal, einem Psychotiker. Der reagierte erst gar nicht auf ihn, tat, als säubere er sich seine Fingernägel mit den kleinen Mauszähnen, die er ihm immer wieder kurz zeigte.
"Herr Chwatal! Ich will Ihnen helfen! Offensichtlich hat man Sie hier gegen ihren Willen eingesperrt." versuchte Rau sein Vertrauen zu gewinnen und wartete.
"Nicht ganz!" sagte Chwatal plötzlich. "Sie sind schon mitten unter uns!"
"Wer?"
"Die Außerirdischen!" flüsterte er und kam näher. "Und ich hab mich hier versteckt, damit sie mich nicht finden. Sie sehen so aus, als glauben Sie mir nicht, aber ich hab Beweise. Die Marsmission! Wie sonst hätten die blöden Menschen ein funktionierendes Marsmobil auf einen millionenweit entfernten Planeten schicken können?"
"Ich hab auf NTV eine Doku gesehen. Wissen Sie, wie oft diese Bemühungen schief gingen? Einmal explodierte die Rakete beim Start, dann beim Abflug, dann verfehlte sie den Planeten, dann zerschellte sie bei der Landung auf der Marsoberfläche!"
"Jajaja!" schrie Chwatal. "Das weiß ich auch. Aber letztendlich klappte es doch."
"Warum sollten Aliens denn zu uns kommen? Die müssten uns doch technisch weit überlegen sein, sodass wie für sie völlig unterentwickelt scheinen."
"Waren Sie schon mal im Wald und haben einen Ameisenhaufen gesehen? Jeder bleibt stehen und stochert mit einem Ast darin herum." flüsterte Chwatal und kicherte.
"Und Sie, haben Sie schon mal wo herumgestochert? Haben Sie einen von denen erwischt und -äh sagen wir ausgeschaltet?" fragte Rau, zeigte ihm das Foto der Toten und beobachtete Chwatal.
Der rieb sich den Hinterkopf. "Nein Sir! Aber ich hab sie gefühlt, es ist wie wenn jemand Sie beobachtet und, immer wenn Sie ihn ansehen, wegsieht, hachachach!"
Rau ließ sich zu dem nächsten Patienten einschließen, einem monströsen Kerl namens Waldemar Wexl, welcher ihn aufmerksam musterte.
"Herr Wexl, ich soll Sie fragen, ob hier alles zu Ihrer Zufriedenheit ist." begann Rau.
Wexl schüttelte den Kopf. "Ne! Sicher nicht! Die Welt geht bald unter und Sie fragen so blöd ob ich zufrieden bin? Die Prophezeiung erfüllt sich: im Jahr der 2 Päpste und einer Sonnenfinsternis geht unsre schnöde Welt zugrunde!"
"2 Päpste?" wiederholte Rau verständnislos.
"Na klar! Benedikt der XVI. ist im Ruhestand und der neue Franziskus ist am Ruder. Dazu die Zahl des Teufels, die nicht 666 sondern 616 ist. Verstehen Sie, der XVI!"
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