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Donnerstag, 24. April 2014

Ruhmreich

Gestern diskutierten wir in kleiner Runde Ruhm und Reichtum. Früher war Ruhm ja schwer zu erlangen, man musste entweder Gladiator sein oder Schlachten gewinnen wie einst Prinz Eugen. Heute reicht’s wenn man sich daneben benimmt oder eine psychische Störung hat (Borderline, Narzissmus, etc.). Borwin Bandelow, ein deutscher Neurologe, formulierte einmal so treffend: „Die Stars sind nicht bekloppt, weil sie berühmt sind, sondern sie sind berühmt, weil sie bekloppt sind.
Eine Dame unserer Runde meinte nun, Ruhm sei eine Illusion, ähnlich der Liebe, ein subjektives Konstrukt. Da widersprach ich, denn meiner Meinung nach ist Ruhm eher ein kollektives Phänomen, so wie eine Massenhysterie. Wo Berühmtheiten auftauchen, benehmen sich die sogenannten normalen Leute plötzlich ganz anders, ja richtig hysterisch. Und dazu reicht es oft vollkommen, wenn jemand auf einer Bühne steht: Vor Jahr und Tag unternahm ich mit 2 Studienkolleginnen einen Ausflug nach Klagenfurt. Da wurde gerade ein Stadtfest vorbereitet und auf einer Bühne probte eine Jungband, bzw. sie machte den Soundcheck. Sofort waren meine 2 Begleiterinnen begeistert vom Sänger, der aber noch gar nicht gesungen hatte, sondern immer nur monoton intonierte: „Eins, zwei, eins zwei!“
„Uii, der schaut aber gut aus.“ ereiferte sich die eine mit Glubschaugen.
„Ja suuuper!“ ätzte ich, „Wenn’s mit dem Singen nicht klappt, kann das leere Hemd als Hungerkünstler auftreten.“ (Er hatte eine Figur wie die sprichwörtlich eing’haute Bodentür.) Meinen Einwand beachteten sie gar nicht, wippten im Takt seiner Aufzählung mit, also fügte ich hinzu: „Der singt ja noch gar nicht, lasst uns weitergehen, der kann ja nichtmal bis drei zählen.“
„Ach, was weißt denn du!“ meckerte die eine. „Der kann sogar bis sex zählen!“
„Komm, wir kaufen ihm eine Rose!“ schlug die andre vor, die ich bis dato als rationalen Menschen eingeschätzt hatte.
„Was soll denn der mit eurer Rose machen? Sie sich in den Arsch schieben?“ fragte ich. „Kauft ihm lieber eine Flasche Bier und der fällt euch um den Hals!“
Natürlich blieb ich ungehört, sie kauften ihm eine Rose, überreichten sie ihm schmachtend und ich musste das ganze peinliche Prozedere noch fotografieren. Ob der Held am Mikro je berühmt wurde und ich es verpasst hatte, oder ob er von einem kurzen Ausflug ins Reich der Stars wieder in den grauen Alltag als Installateur oder Arbeitsloser zurückkehrte, werde ich wohl nie erfahren, aber jedenfalls hab ich den beiden Möchtegern-Groupies die Tour vermasselt: ich hab beim Fotografieren die Köpfe abgeschnitten!

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