Aus den Reisetagebüchern meiner verstorbenen Freundin Brigitte: 24.12. 80 Schon gestern fing man in den Straßen mit Knallern rumzuschießen an, im Hotel ist ein ständiges Kommen und Gehen, dazu spielte man ‘Stille Nacht’ - welch ein Hohn. Gerd kommt um 4 Uhr früh zu mir ins Bett, weil ihm kalt wurde. Um 10 Uhr gehen wir zur Post, Bank und Immigration, wo wir unsre Touristenkarte für 3 Monate bekamen. Brot gibt's in ganz Iquitos erst am Nachmittag. Vor unsrem Hotel hat man Marktbuden aufgestellt oder die Verkaufsartikel auf dem Boden ausgebreitet. Ein Ramsch - entsetzlich. Hauptsächlich aus Plastik, Spielzeug & Wäsche. Die Massen wälzen sich dazwischen durch, es wird geschossen und geschrien. Gehen auf 3 Sucos und in das einzige Lokal, wo es eine Kaffeemaschine gibt. Die Lokale sind gemütlicher als in Brasilien, wo man sich nur zur Bar stellen konnte. Wenn man sitzen wollte, musste man was essen und 3x soviel bezahlen. Wir machen uns im Hotel Spiegeleier mit Zwiebel und würgen einen Becher des grausigen Weins runter. Daniel kommt, hat noch immer kein Zimmer, ihm gefällt Peru nicht “Shitty City!”, er schwärmt von den brasilianischen Mullatas, die Peruanerinnen mit ihrem breiten Untergestell wird er erst in einem Monat schön finden.
Nachmittags gehen wir zum Markt, besehen uns die wilden Holzbuden und Essensausschänke, die hier typisch sind. Ein Geruch von Abfall & verrottetem Gemüse liegt in der Luft, wir schlittern auf faulem Obst, Eingeweiden und allgemeinen Dreck dahin, bis wir an ein Café kommen, wo sich ein riesiger Müllhaufen 2 Meter hochtürmt, auf dem hunderte von schwarzen Geiern um die verfaulten Fleischreste raufen. Ein Caterpillar kommt, um den Dreck wegzuholen, in riesigen Schwärmen steigen die Vögel auf und bevölkern die Dächer der Häuser, die schwarz von ihren Leibern sind. An derselben Ecke befindet sich ein Lebensmittelgeschäft. Hier soll man angeblich nach einem Boot nach Pucallpa fragen können. Man sagt uns, es fuhr vor einer Woche, man wisse nicht, wann es zurückkomme. Vom Markt führen Stufen hinab, von oben sehen wir die Slums, die Holzhäuser auf hohen Pfählen, die teilweise im Wasser stehen. Wir machen Fotos. Oben gibt's ein paar Holzbaracken mit Bildern vom Amazonas geschmückt, in denen sich die Peruaner volllaufen lassen. Der Müll vom Lokal wandert beim Fenster raus vor die Türen der unten gelegenen Hütten, vor denen die Wäsche auf der Leine hängt und Kinder & Köter im Dreck spielen. Am Rückweg sehen wir einige Kohlenträger, die ihre Last mit einem Stirnband auf dem Rücken tragen, und suchen die Tafeln, die Abfahrt & Ziel der Schiffe bekannt geben sollen → leer. Auch konnte uns keiner Auskunft geben.
Im Hotel nahm ich eine Dusche, zog mein Kleid an, wir gehen aus, um uns in den Menschenstrom zu stürzen. Wir lassen uns Richtung Plaza schieben, sehen eine Bude, wo man für 5 Sol auf die Nummer eines Häuschens wetten kann. Inmitten derer steht eins, darin sitzt ein Meerschweinchen. Der Peruaner nimmt sein Häuschen hoch und es läuft vom Licht erschrocken in eins der andern Häuschen. Ich gewann einen Nachttopf!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen