Vor Jahr & Tag war ich bei Freundin Iris zum Hausbesuch vom Nikolo eingeladen. Iris' Sohn war 6 und die Töchter ihrer Schwester Gabi 3 und 4. Die hatten sich alle ebenfalls in ihrer Wohnung versammelt und harrten der Ankunft vom Nikolo, dessen Telefonnummer Iris am Schwarzen Brett im Billa fand. Ein Anruf enthüllte ihr, dass er ein viel beschäftigter Mann sei und für die Kinder nur noch am 5. um 12.45 Uhr einen 10-Minuten-Termin für 50 € erübrigen könne. Die Namen der Kinder ließ er sich auch gleich durchsagen und ordnete an, die Geschenke für die Kleinen beim Eintritt in Empfang zu nehmen. Während sich also Gabi im Wohnzimmer um die aufgeregten Kleinen kümmerte, stand ich mit Iris in der Küche und verpackte Marzipan in 3 Päckchen und sagte: “Wenn der im Viertelstunden-Takt Termine vergibt, und für die Fahrt nur 5 Minuten braucht, verdient er ganz schön.” - “Ja, aber er muss mit dem Krampus teilen, weil den bringt er auch mit”, erklärte sie.
Der (h)eilige Mann war pünktlich, kassierte den 50er und steckte die Päckchen in einen Sack. Sein roter Mantel zeigte Knitterfalten, so als wäre er ein Jahr ganz unten in der Mottenkiste gelegen, der Krampus roch wie mein seliger Rottweiler Amor. Wir saßen also zu sechst bei Tisch, die beiden kamen ins Wohnzimmer und begannen ihre Performance. Krampus drohte mit der Rute, rüttelte eine ölige Fahrradkette, dann trat Nikolo vor ihn und sprach mit tiefgestellter Stimme: “Hohoho, Nikolo macht froh! In seinem Sack hat er euch was mitgebracht. Die kleine Natascha war so brav und kriegt darum das!” Feierlich überreichte er ihr ein Päckchen. “Und auch die kleine Tanja war brav und kriegt auch was.” Auch sie bekam ihr Päckchen. “Jetzt haben wir noch den Fabian, sieh an, sieh an.” Das war das Stichwort für Krampus, der in gebückter Stellung vorpreschen wollte, jedoch vom Nikolo mit einer Hand auf seiner Larve zurückgedrängt wurde, worauf er in Jaulen ausbrach. Wir dachten, das gehört zur Show, doch vernahmen deutlich den Satz: “DU TROTTEL BIST MA INS AUG G'FAHRN!”
Die Kinder sahen uns verstört an, denn sie hielten den Höllengesandten für echt. Nikolo schaute auch verdutzt drein, fing sich aber und sagte mit normaler Stimme: “So, der Ferdinand kriegt jetzt a was.” - “Ich heiß aber Fabian”, protestierte Iris' Sohn. - “Egal, da hast!” Lieblos reichte er ihm das Päckchen und wandte sich rasch zum Gehen. “Wo bleibt das Gebet?”, fragte Iris. - “Ich muss leider schon weg”, entschuldigte sich Nikolo und Krampus folgte ihm tränenden Auges. Kurz später hörten wir ein Moped knatternd abfahren. “Das waren niemals 10 Minuten”, ärgerte sich Iris. - “Ja”, sagte ich, “aber der muss ja Krampus schnell ins Spital fahren!”
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