Sie kritisiert, dass heutzutage Perfektionismus, Ziel- und Lösungsorientiertheit der Weisheit letzter Schluss seien und Irrtümer ja nur als Kostenfaktoren gesehen und die Irrenden zum Coach geschickt werden. Nicht etwa als etwas Positives, das uns lehrt mit Unvorhersehbarem umzugehen und uns ermuntert, uns mit dem eigenen Scheitern anzufreunden. Als Beispiel bringt sie Odysseus, der - damals ganz ohne GPS - erst nach Jahren des Herumirrens heimfand und erst dadurch als weiser Mann ankam. (Was seine lange Entwicklungsphase des Herumirrenden bei seiner armen, auf ihn wartenden Gattin bewirkte, die derweil die um ihre Gunst werbenden Parasiten auf Abstand halten musste, bemängelte die Frau Doktor nicht. Auch ließ sie unerwähnt, dass er nur als Weiser ankam, weil er schon vorher ziemlich gewitzt war und auch auf einer Abkürzung nicht verblödet wäre. Und wenn ich an all meine Irrungen und Wirrungen denke, plus der vielen Idioten, die unnötigerweise meinen Weg nicht nur kreuzten, sondern auch erschwerten, ja mich manchmal sogar in meiner Entwicklung hemmten, kann ich ihrer Schlussfolgerung des schönen Scheiterns echt nicht viel abgewinnen.)
Sie meint, wir sind zwar auf Effizienz eingeschworen und wollen alle Unmöglichkeiten ausschalten, aber ironischerweise ist das unmöglich, weil Leben nun mal unwägbar und unkontrollierbar ist. (Wie ein alter Spruch lautet: Leben ist das, was dir passiert, während du Pläne machst!)
Dann offenbarte sie, dass sie ihre Klienten eingangs immer mit 2 Fragen schockt: Wofür leben Sie? Wer sind Sie?
Statt einer reflexartigen Antwort erwartet sie sich einen Reflexionsprozess. Und rät Ratlosen immer: Lebe nie unter deinem Niveau!
Außerdem hat sie sich 4 Mental-Strategien zu eigen gemacht:
1.
Im Hier und Jetzt
leben! (sie ist Fan der Stoiker)
2. Konzentriere dich auf das Machbare!
3. Nicht urteilen, sondern prüfend umherblicken!
4.
Staunen! Lebe
jeden Tag so, als wäre es dein erster!
Kurzum betrachtet sie den Menschen nicht
als Krone der Schöpfung, sondern als liebenswertes Mangelwesen voller
Ungereimtheiten und gipfelt schließlich in der Binsenweisheit: Der Sinn des Lebens besteht darin zu leben!
Witzig fand ich den Programmtipp nach
der Sendung: Der Kunstfälscher Beltracchi, dessen Spezialität Porträts Prominenter
sind, gestand im Gespräch mit Harald Schmidt: „Da hab ich eine Stunde so
herumgepinselt und ein Milliönchen verdient.“ Worauf Schmidt kontert: „ Dafür
muss ich eine ganze Woche rackern!“ – Wer also mit Dr. Reinhards Weisheit, das
Leben zu leben als Sinn des Lebens zu betrachten, nix anfangen kann, der kann
seinem Leben ja den Sinn des Geldverdienens mit künstlerischem Werk oder auch dem
wissenschaftlichen Fortschritt verleihen. Denn als ich auf einen andern Sender
umschaltete, hörte ich: „Die Frage wie weit wir gehen dürfen, menschliches mit
tierischem Gewebe zu verschmelzen, wird immer dringlicher!“ (Irgendwie glaube ich: die Mutanten sind schon unter uns!)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen