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Freitag, 21. Oktober 2011

Astrologie am Arsche

Wenn man intellektuell leicht unterbelichtet ist und trotzdem viel Geld verdienen will, wird man am besten Astrolog(in)e oder Wahrsager(in). Meist sind das Leute, denen das Leben übel mitgespielt hat. Krank geboren oder später geworden, vom Vater verleugnet oder von der Mutter zur Adoption freigegeben, von Pflegeeltern misshandelt, vom Ehegespons betrogen, verprügelt oder von einem pfiffigen Heiratsschwindler ausgenommen - der Möglichkeiten schlechte Erfahrungen mit Gott und der Welt, bzw. den lieben Mitmenschen zu machen, gibt es ja leider unzählige. Solch Enttäuschte wenden sich also meistens den Sternen und deren Bahnen zu. Einem miesen Leben einen höheren Sinn einzuhauchen und noch dazu andere davon zu überzeugen, sinnlosen (mitunter selbst  verursachten) Lebenskrisen etwas Gutes abzugewinnen, ist oft die beste Methode, sich vom eigenen Übel abzulenken und dem Kunden den Eindruck zu vermitteln, dessen Pech wäre das für ihn vorausbestimmte Schicksal zum Heile seiner Entwicklung und dem Wachsen der Persönlichkeit förderlich. Man stellt also gewerbsmäßig völlig sinnfreie Berechnungen an, die lebenspraktisch völlig bedeutungslos sind und noch dazu viel Geld einbringen. Teilt den Lebensweg in gewisse Abschnitte ein, die mit den Bahnen unseres Planetensystems korrespondieren. Das heißt zum Beispiel eine Ellipse in Sektoren zu unterteilen, die Häusern in Horoskopen entsprechen sollen und so weiter. Alles so kompliziert wie möglich, damit es nur Eingeweihte verstehen und alles so mystisch wie möglich formulieren, damit man alles darin passend interpretieren kann. Wenn die Sterne sagen, dass es der Betreffende bald besser haben wird, kann das bedeuten, dass er von einer Krankheit genesen wird oder aber auch stirbt. (Wie man in Bayern landläufig sagt, wenn einer stirbt, er hat es sich verbessert.)Wenn Mars mit Saturn im Clinch liegt (heißt: eine Kraft trifft auf Widerstand), kann es bedeuten, dass man einen Karatekampf gewinnt oder dass man mit dem Auto in die Friedhofsmauer donnert. Abkömmlinge dieser Pseudo-Wissenschaft sind Numerologie und Theosophische Addition. Immer wieder ergeben sich dabei Korrelationen zu Ereignissen im Leben des Gläubigen, die kausal nichts miteinander zu tun haben. Fällt die Pendeluhr beim Tod eines geliebten Menschen runter oder bleibt sie stehen, ist das nicht etwa auf eine natürliche Ursache zurückzuführen, wie z.B. Vergessen des Aufziehens der Uhr oder dem heftigen Türen-Zuschlagens in großer Aufregung, sondern den kosmischen Zusammenhängen. Es ist ein Zeichen! Welches? (Dass der Mensch unwiderruflich tot ist, hätte man auch so gemerkt, wäre als Erklärung aber viel zu einfach.)Das dem Trauernden auseinanderzudividieren ist die große und teure Aufgabe solcher Gaukler, die im Mittelalter nicht selten am Pranger oder am Scheiterhaufen endeten. Jedenfalls klingen die ausschweifenden Erklärungen der Hellsichtigen viel bedeutsamer und geben dem Hinterbliebenen den viel gewünschten Eindruck, es gehe nach dem physischen Tod lustig(er) weiter. Und wenn sich erst einige scheinbare Übereinstimmungen im Lebenslauf mit dem Kreisen großer wichtiger Planeten ergeben, können diese Sternendeuter und Glaskugelstierer beim Betroffenen Glücksgefühle heraufbeschwören und jede beliebige Geldsumme lockermachen. Sogar weitreichende Verschwörungstheorien hierauf begründen, oder das Scheitern wichtiger Missionen und das Pleitegehen famoser Firmen enträtseln. Voila! Dazu gibt es x Beispiele: Wenn zwei Männer zur selben Zeit im selben Spital geboren wurden, und später mal grundverschiedene Lebenswege einschlagen: der eine Chirurg, der andere Messerstecher, - liegt das daran, dass der böse Mars grad rückläufig im Haus des Todes logierte, denn dann kommen Männer zur Welt, die gern in lebendes Fleisch schneiden. Der eine beruflich zum Broterwerb und der andere in seiner Freizeit zum Spaße. Und wenn Jupiter zum Geburtszeitpunkt das Prinzip des Königs verkündet, dann kann der grad Geborene einst Firmenchef oder auch Obdachloser werden. Der eine ist dann König der Penunze, der andere König der Penner. Man kann es als Astrologe also nur richtig vorhersehen, man muss es nur genau interpretieren. Die Planeten, Sterne, Trabanten und sogar Kometen geben weitgehend genügend Berührungspunkte zum Schicksal jedes einzelnen. Und hat man genügend Phantasie und diplomatisches Geschick, kann man seinen zahlenden Kunden auch ganz ohne komplizierte Berechnungen ein Horoskop verfassen. Wie zum Beispiel: „Sie sind ein so gutmütiger fleißiger Mensch, dass Sie von missgünstigen Mitmenschen oft ausgenützt werden und sind daher oft großen Enttäuschungen ausgesetzt.“ - Davon fühlt sich sogar ein egoistischer Widerling angesprochen und vortrefflich charakterisiert, denn solche Typen haben oft genug ein total falsches Selbstbild. Diese einfache Methode praktizierte einmal ein Psychologe, um sich etwas nebenher zu verdienen und erhielt dafür sogar zahlreiche Dankschreiben seiner Klienten für sein großes Einfühlungsvermögen. Noch schlimmer sind diese komischen TV-Quasselstrippen, die armen, in Not geratenen Anrufern (Es suchen ohnehin nur Problembelastete in Beruf , Liebe, Gesundheit und Finanzen dort um Rat an), nach langen musikalischen Warteschleifen, zu Wahnsinnspreisen totalen Stumpfsinn verklickern und Durchhalteparolen ins Ohr trompeten. Nach dem altbekannten Motto: Deine Zeit kommt später, mein Sohn (meine Tochter)! Beim langen Gespräch geben sie nach etlichen unnötigen Fragen Binsenweisheiten zum Besten, die altersweis(s)e Omas schon anno dazumals parat hatten und dafür einstmals ausgelacht worden sind. Ein armer Anrufer beklagte sich bei so einem Fernseh-Sesselfurzer, dass er immer in Geldnot wäre. Und das während er eine 0900er-Nummer gewählt hatte! Und der Nepper am andern Ende der Leitung sagte ihm nicht etwa: „Dann hör sofort auf solch sauteure Telefonate zu führen, du Narr, und heuer lieber bei uns als Mitarbeiter an! Dann verdienst du dich an der Blödheit und Leichtgläubigkeit anderer dumm und dämlich, welche von Religion enttäuscht sind und in der Esoterik ihr Heil suchen!“ (Früher war Religion Opium fürs Volk, heut ist Esoterik Placebo für die Massengesellschaft!) Nein, er laberte etwas von schwerem Los und ungünstigem Zeitpunkt und, dass auch wieder bessere Zeiten anbrechen werden. - Fraglich nur, ob der Anrufer diese noch erleben wird.  Aber spätestens im nächsten Leben kann er ja hoffen, diesmal in den richtigen Kreisen zu landen. Also was soll’s! Ich könnte noch stundenlang über diesen gesetzlich leider erlaubten Betrug schreiben, aber ich gebe nur den kurzen guten RAT: Bevor Sie ihr restliches Geld so eine(r)m Schwätzer(in ) in den weit offenen Arsch reinschieben, gehen Sie lieber in eine Konditorei und suchen Sie sich eine köstliche Torte aus. Denn die können Sie sich wirklich selber aussuchen, Ihr Unglück leider nicht, das findet Sie automatisch auch bei einwandfreier Lebensweise. Auf viele Fragen gibt es nun mal keine befriedigende Antwort. Lassen Sie sich nicht mit unbefriedigenden, wie z.B. Seelenwanderung und Wiedergeburt in schlechtere Familie, weil Sie früher mal ein Mörder gewesen sind und so weiter, abspeisen.
Trifft wirklich etwas an Vorhersagen ein, dann höchstens als eine selbsterfüllende Prophezeiung. Denn wenn man einem Menschen weismacht: „Du wirst einen Unfall haben!“ Dann verunsichert man ihn in seinem Unterbewusstsein derart, dass er irgendwann in einem unachtsamen Augenblick tatsächlich einen Unfall bauen wird. Außerdem fahren die meisten Autofahrer immer wieder mal wie eine gesengte Sau und verursachen Unfälle mit vollkommen Unbeteiligten. So einem zum Opfer zu fallen hat nichts mit göttlicher Vorsehung zu tun, dass man sich beispielsweise durch erlittenen Schaden seelisch weiterentwickeln kann oder eine(n) tolle Krankenschwester oder Krankenpfleger trifft, mit dem man den nächsten Lebensabschnitt verbringen kann. Es ist schlicht und einfach Pech! Glück und Pech sind oft nur der Vergleich seiner eigenen Lage mit der eines anderen. Sagt Ihnen ein solcher scheinbar medial Begabter also einen Unfall voraus, dann antworten Sie keck: „Ja, dass ich SIE getroffen hab, war schon ein großer Unfall!“ Solche wichtigtuerischen Typen möchte man am liebsten zwischen die Augen treffen!
Wahrsagen ist eine uralte Tradition: schon vor 2000 Jahren pilgerte eine Römerin zu den Auguren, um das Schicksal ihres Sohnes zu erfragen. "Er wird Senator in Rom!" erfuhr sie zur ihrer Freude. Als er jedoch starb, stapfte sie wutentbrannt zurück und forderte ihren Obolus retour. Der wurde ihr mit der Erklärung verweigert: „Nein Frau, wenn dein Sohn nicht gestorben wäre, wäre er Senator in Rom geworden!“ Auch heutzutage kann man all diese Scharlatane leicht enttarnen. Einer solchen Weissagerin (gewerblich konzessionierte Astro-Tante) wurden von einem TV-Sender die Geburtsdaten von 10 hoch qualifizierten Bewerbern vorgelegt. Wer kriegt wohl den gut bezahlten Job in der Chef-Etage? Natürlich lag die gute Dame nach den 10 Horoskop-Berechnungen  falsch. Während ein neutraler Personalchef und ein unbeteiligter Passant unabhängig voneinander aufgrund der gezeigten Bewerbungsfotos gefühlsmäßig den Glücklichen rausfanden. Hier ein guter Test für eine(n) Wahrsager(in): Schlagen Sie ihr beim ersten Blickkontakt gleich in die Fresse und fragen dann höflich: „Nanu, haben Sie das gar nicht vorausgesehen? Dann sollten Sie lieber schnell den Beruf wechseln, ehe Sie noch gesundheitlichen Schaden nehmen!“

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